Der Homöobox-Transkriptionsfaktor Lbx1 wird in der Embryonalentwicklung ausschließlich in migrierenden Muskelvorläuferzellen und im Rückenmark exprimiert. Um die Funktion von Lbx1 in der Myogenese und der Spezifizierung von Nervenzellen im Rückenmark zu untersuchen, wurde in dieser Dissertation das Lbx1-Gen in der Maus gezielt inaktiviert. Hierzu wurden zunächst genomische Lbx1-Sequenzen isoliert, die daraufhin zur Konstruktion des Targeting-Vektors dienten. Mit Hilfe dieses Konstrukts wurde das Lbx1-Gen in embryonalen Stammzellen mutiert und nachfolgend eine Lbx1-mutante Mauslinie etabliert. Heterozygote Lbx1-Mäuse zeigten keinen Phänotyp, während homozygote Lbx1-Mutanten nicht lebensfähig und durch eine abnorme Entwicklung der Extremitätenmuskulatur gekennzeichnet waren. Die weitergehende Analyse ergab, daß wandernde Muskelvorläuferzellen zwar in Lbx1-Mutanten gebildet wurden, die Skelettmuskeldefekte jedoch eine Folge der aberranten Migration dieser Zellpopulation darstellten, da die Zellen bestimmte Zielorte nicht fanden. Darüber hinaus wurden regulatorische Beziehungen zwischen Lbx1, dem Pairedbox- Transkriptionsfaktor Pax3 und dem Tyrosin-Kinase-Rezeptor c-Met untersucht. Diese Gene werden ebenfalls in Muskelvorläuferzellen exprimiert und besitzen wichtige Funktionen in der Myogenese. Pax3 spezifiziert die Muskelvorläuferzellen und agiert in der genetischen Hierarchie oberhalb von c-Met und Lbx1. c-Met und sein Ligand SF/HGF steuern die Delamination der Zellen aus dem Dermomyotom und für die Weiterleitung des c-Met-Signals in vivo ist das Adapterprotein Gab1 essentiell. Im dorsalen Rückenmark können anhand der Lbx1-Expression zwei Klassen postmitotischer Nervenzellen definiert werden. Die Klasse A Neurone der Subtypen dI1-dI3 exprimieren Lbx1 nicht und ihre Bildung wird durch dorsale Signale dirigiert. Dagegen entwickeln sich die Lbx1-positiven dI4-dI6-Subtypen der Klasse B unabhängig von diesen instruktiven Einflüssen. In Lbx1-Mutanten veränderten die Neurone der Klasse B ihr Differenzierungsprogramm und nahmen stattdessen die Identität von Klasse A Neuronen an. Lbx1 kontrolliert daher die Spezifizierung von Nervenzellen im dorsalen Rückenmark, die im adulten Organismus wichtige Funktionen bei der Verarbeitung sensorischer Information übernehmen.
The homeodomain transcription factor Lbx1 is exclusively expressed in migrating myogenic precursor cells and in the dorsal spinal cord during embryonic development. In order to determine the function of Lbx1 in myogenesis and spinal cord development, the Lbx1 gene was inactivated in the mouse by gene targeting. Genomic Lbx1 sequences were isolated and used to construct a targeting vector. This construct allowed the mutation of Lbx1 by homologous recombination in embryonic stem cells and the establishment of a Lbx1 mutant mouse strain. Heterozygous Lbx1 mice displayed no overt phenotype, whereas homozygous Lbx1 mutants died shortly after birth and showed an abnormal limb musculature. Further analysis demonstrated, that muscle precursor cells were formed in Lbx1 mutants, but migrated aberrantly and were unable to respond or interpret guidance cues that direct them towards their target sites. The expression of Lbx1, Pax3 and c-Met overlap in muscle progenitor cells. Analysis of the corresponding mutant mice revealed that Pax3 controls formation and specification of these cells and functions on top of a genetic hierarchy that controls the development of migrating myogenic precursor cells. c-Met and its ligand SF/HGF are essential for the delamination of this myogenic progenitor population from the dermomyotome. In addition, the adaptor protein Gab1 is essential for the transmission of the c-Met signal in vivo. Lbx1 expression distinguishes two classes of postmitotic neurons in the dorsal spinal cord. The formation of class A neurons, which consist of the dI1-dI3 subtypes, is directed by dorsal instructive signals and these cells do not express Lbx1. In contrast, the Lbx1 positive class B neurons of the dI4-dI6 subtypes develop independently of instructive dorsal signals. In Lbx1 mutant mice, class B neurons change their differentiation program and adapt the identities of class A neurons. Therefore Lbx1 controls the specification of spinal cord neurons, which mature into dorsal interneurons and function as the first central relay station for somatosensory perception.