In dieser Habilitationsschrift zur MR Elastographie (MRE) der Leber wurden in vivo und ex vivo Untersuchungen mit einem Top Down Ansatz durchgeführt. Zunächst wurden allgemeine Erkenntnisse zur diagnostischen Genauigkeit der in vivo Leber-MRE bei verschiedenen chronischen Lebererkrankungen gewonnen. Anschließend wurden diese Erkenntnisse bei spezifischen chronischen Lebererkrankungen angewandt – Alpha-1-Antitrypsinmangel (AATD) und primär sklerosierende Cholangitis (PSC). Ein Hauptergebnis der vorliegenden Schrift ist die Etablierung diagnostischer Referenzwerte zur nichtinvasiven Graduierung der Leberfibrose. In Originalarbeit 1 wurden 45 Patient:innen mit chronischen Lebererkrankungen und 16 freiwillige Proband:innen prospektiv untersucht. Die Referenzwerte der Steifigkeit zur Fibrosegraduierung zeigten exzellente AUC-Werte (95%-Konfidenzintervall) wie folgt für die Tomoelastographie: F1, 1,52 m/s und 0,89 (0,81-0,95); F2, 1,55 m/s und 0,94 (0,89-0,99); F3, 1,67 m/s und 0,98 (0,96-1,00); und F4, 1,72 m/s und 0,98 (0,96-1,00). Diese Referenzwerte kommen seit dem Jahr 2019 in der klinischen Routine der Charité – Universitätsmedizin Berlin und in allen weltweiten Zentren, die über die Technik der Tomoelastographie verfügen, zum Einsatz. Dadurch kann die Anzahl invasiver Leberbiopsien gesenkt werden. Darauf aufbauend wurde in Originalarbeit 2 mit der Fluidität ein weiterer potenzieller Biomarker für die Erkennung von pathologischen Prozessen im Zusammenhang mit Fibrose und Zirrhose unabhängig von der Steifigkeit evaluiert. Die Fluidität basiert auf einem scheinbaren Fließverhalten eines Materials, dass mit φ zunimmt, jedoch nicht zwingendermaßen mit dem Wassergehalt zusammenhängt. Während die Steifigkeit mit dem Fibrosegrad zunahm (F0: 1,53 ± 0,11 m/s; F1-F3: 1,71 ± 0,17 m/s; F4: 2,50 ± 0,39 m/s; p < 0,001), blieb die Fluidität bei leichter bis schwerer Fibrose unverändert (F0: 0,63 ± 0,05 rad; F1-F3: 0,60 ± 0,05 rad; p = 0.21), stieg aber bei Zirrhose an (F4: 0,81 ± 0,16 rad; p < 0,001). Eine signifikante Korrelation mit dem Child-Pugh-Score zur klinischen Graduierung der Zirrhose wurde für die Fluidität (r = 0,60; p = 0,01), aber nicht für die Steifigkeit gefunden. Diese biophysikalischen Gewebeeigenschaften könnten einen prognostischen Biomarker für die Erkennung von pathologischen Prozessen im Zusammenhang mit Fibrose bzw. Zirrhose unabhängig von der Steifigkeit darstellen. In Originalarbeit 3 wurden 15 klinisch asymptomatische AATD-Patient:innen und 16 freiwilligen Proband:innen mittels MRE, Acoustic radiation force impulse (ARFI) und 2Dshear wave elastography (2D-SWE) prospektiv untersucht. Für die verschiedenen elastographischen Methoden konnte eine hohe Pearson-Korrelation gezeigt werden: 2DSWE/MRE mit r = 0,86; ARFI/2D-SWE mit r = 0,74; ARFI/MRE mit r = 0,69; jeweils p ≤ 0.009. Die hohe Korrelation und eine konsistente Identifizierung von Patient:innen mit pathologisch erhöhter Lebersteifigkeit mittels MRE und verschiedenen Ultraschallelastographiemethoden lassen vermuten, dass die MRE ein geeignetes bildgebendes Instrument zur Beurteilung der AATD-bedingten Leberfibrose ist. In Originalarbeit 4 wurden 20 Patient:innen mit PSC und 26 Patient:innen mit Virushepatitis prospektiv untersucht. Die Mittelwerte von Steifigkeit und Variationskoeffizient betrugen 1,70 m/s und 21 % für PSC und 1,84 m/s und 18 % für Virushepatitis. Dabei war die mittels Variationskoeffizient bestimmte Fibrose-Heterogenität bei PSC signifikant erhöht (p = 0,04), während für die Steifigkeit kein signifikanter Unterschied festgestellt wurde (p = 0,17). Obwohl die globale Lebersteifigkeit in beiden Gruppen ähnlich war, konnte die Heterogenitätsbestimmung räumliche Muster von Steifigkeitsveränderungen aufzeigen, die zu einer verbesserten biophysikalischen Diagnose mittels MRT führen könnten. Darüber hinaus konnten in Originalarbeit 5 die mechanischen Auswirkungen des Gefrier-TauZyklus auf ex vivo Leberproben mittels Tabletop-MRE charakterisiert werden. Hierbei konnte gezeigt werden, dass das 3-Parameter-Zener-Rheologiemodell die beste Übereinstimmung zwischen Experiment und Modell vor und nach dem Gefrier-Tau-Zyklus erreichte. Dies ermöglicht die Erforschung eines breiten Spektrums von pathologischem Lebergewebe aus Tiefkühl-Gewebebanken, für die histopathologische und biochemische Referenzdaten zur Verfügung stehen. In Zukunft können dadurch mit geringem Aufwand wertvolle Informationen über das diagnostische Potenzial elastographischer Methoden gewonnen werden. Die Erkenntnisse dieser Habilitationsschrift sind ein Beitrag zur Reduktion invasiver Leberbiopsien und zum Fortschritt der quantitativen Bildgebung zur biophysikalischen Diagnostik von chronischen Lebererkrankungen mit Umsetzung in der klinischen Routine der Charité – Universitätsmedizin Berlin und weltweit.