Hintergrund: Die vorliegende Studie untersucht die klinische Wirksamkeit eines integrierten psychiatrischen Versorgungsprogramms (§140a-d) (IV) auf der Basis des Netzwerks für psychische Gesundheit (NWpG) im Vergleich zur psychiatrischen Regelversorgung (TAU) an einer Berliner Universitätsklinik mit Versorgungsauftrag.
Methoden: In einer retrospektiven Sekundärdatenanalyse wurden 66 IV- und 66 TAU-Patient:innen mittels Propensity-Score-Matching hinsichtlich Alter, Geschlecht, Hauptdiagnose, Dauer und Jahr des Indexaufenthaltes, Anzahl der psychiatrischen Krankenhausaufenthalte und Verweildauer in den letzten 24 Monaten vor dem Jahr der Aufnahme in die IV verglichen. Als primäre Endpunkte wurden die Häufigkeit der Wiederaufnahme und die Anzahl der Behandlungstage 12, 24 und 36 Monate nach Indexbehandlung gewählt. Als sekundäre Fragestellungen wurde der Einfluss spezifischer Kovariaten auf die (teil-) stationären Wiederaufnahmeraten und Behandlungstage und die Entwicklung des sozialen Funktionsniveaus (HoNOS) der IV- im Zeitverlauf untersucht.
Ergebnisse: Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit verweisen auf die zeitlich begrenzte Überlegenheit des Zusatzangebotes der IV im ersten Jahr nach Aufnahme gegenüber der ambulant-psychiatrischen Standardbehandlung hinsichtlich der Anzahl der (teil-) stationären Behandlungstage und Wiederaufnahmeraten. Dieser Unterschied zeigte sich nach 24 und 36 Monaten als nicht mehr signifikant. Darüber hinaus ließ sich eine signifikante Verbesserung des psychosozialen Funktionsniveaus im Verlauf der IV Behandlung beobachten.
Schlussfolgerung: Zwar zeigte sich eine Überlegenheit im ersten Jahr, jedoch nicht im weiteren Verlauf. Entsprechende Anpassungen der Dauer von IV Programmen, sowie eine geeignete Auswahl von Teilnehmenden stellen mögliche Verbesserungen für die Zukunft dar. Durch eine verbesserte und standardisierte Routinedatenerhebung in der Zukunft sollten IV Projekte oder der Erfolg der neu eingeführten Netzverbünde standardisiert untersucht und evaluiert werden.
Background: This study examines the clinical effectiveness of an integrated mental health care program (§140a-d) (IV) based on the Network for Mental Health (NWpG) compared with standard psychiatric care (TAU) at a Berlin university hospital with a mandate to provide care.
Methods: In a retrospective secondary data analysis, 66 IV and 66 TAU patient:s were compared using propensity score matching for age, sex, principal diagnosis, duration and year of index stay, number of psychiatric hospitalizations, and length of stay in the 24 months preceding the year of IV admission. The primary end points were frequency of readmission and number of treatment days 12, 24, and 36 months after index treatment. Secondary questions were the influence of specific covariates on (partially) inpatient readmission rates and treatment days and the development of the social functioning level (HoNOS) of the IV- over time.
Results: The results of the present paper point to the time-limited superiority of the supplementary IV offer in the first year after admission compared to standard outpatient psychiatric treatment with regard to the number of (partially) inpatient treatment days and readmission rates. This difference was found to be no longer significant after 24 and 36 months. Furthermore, a significant improvement in psychosocial functioning level could be observed during the course of IV treatment.
Conclusion: Although superiority was evident in the first year, it was not evident in the subsequent course. Appropriate adjustments in the duration of IV programs as well as appropriate selection of participants represent possible improvements for the future. Through improved and standardized routine data collection in the future, IV projects or the success of the newly introduced network associations should be investigated and evaluated in a standardized way.