In zwei Berliner Haftanstalten wurden 1998 Spritzentauschprogramme installiert. Im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitforschung wurden Insassen während des Verlaufszeitraums bis 2001 kurz nach Inhaftierung (n=174) sowie in der Folge alle 3 Monate mittels anonymer und teilstandardisierter Fragebögen interviewt, gleichzeitig erfolgten Laboruntersuchungen auf HIV, Hepatitis B und C. Während ihrer gesamten bisherigen Drogenkarriere hatten 68% der Frauen und 61% der Männer Spritzentausch praktiziert, in den letzten 6 Monaten vor Inhaftierung jedoch nur 22% der Frauen und 10% der Männer. Von den Studienteilnehmern, die früher inhaftiert waren und damals bereits i.v. Drogenkonsumenten waren, gaben 51% der Frauen bzw. 68% der Männer auch i.v. Konsum während vergangener Haftaufenthalte an. Bei früheren Haftaufenthalten wurde von etwa zwei Dritteln der Befragten Spritzentausch mit häufig sehr vielen Tauschpartnern ohne optimale Reinigung praktiziert. Die Seroprävalenzen (Frauen / Männer) zu Beginn der Studie für die HIV-Infektion (18% / 18%), Hepatitis B (58% / 43%) und Hepatitis C (85% / 77%) sind im internationalen Vergleich als hoch einzustufen, entsprachen jedoch den in Berlin gemessenen Prävalenzen bei i.v. Drogenkonsumenten außerhalb des Justizvollzugs. Die HBV- und HCV Seroprävalenz zum Zeitpunkt des Basisinterviews war signifikant assoziiert mit früheren Haftaufenthalten Bei den weiblichen Inhaftierten war zum Zeitpunkt des Basisinterviews trotz Spritzenvergabe ein deutlicher Rückgang des i.v. Drogenkonsums (28%) im Vergleich zur Zeit vor der Inhaftierung sowie im Vergleich zu früheren Haftaufenthalten zu verzeichnen. Ab der ersten Verlaufsuntersuchung war dieser Anteil mit 62% wieder höher, im Verlauf nahezu konstant und vergleichbar mit dem entsprechenden Anteil bei früheren Inhaftierungen. Bei den Männern war der Anteil der Personen mit fortgesetztem i.v. Drogenkonsum in Haft bereits zum Zeitpunkt des Basisinterviews mit 97% wie auch im weiteren Verlauf sehr hoch. Die meisten dieser Männer waren freiwillig aus anderen Haftanstalten in die JVA Lehrter Straße verlegt worden nach Einrichtung der Spritzenvergabe. Darüber hinaus war die Drogenverfügbarkeit in der Männerhaftanstalt wohl insgesamt gut. Hierdurch lässt sich der hohe Anteil an i.v. Drogenkonsumenten während des Verlaufszeitraums erklären. Der Gebrauch bereits benutzter Spritzbestecke beschränkte sich im Beobachtungszeitraum auf Einzelfälle. Ursächlich waren technische und organisatorische Probleme, welche im Verlauf behoben werden konnten. Dies ist als klarer Erfolg der Spritzenvergabe zu werten. Während des Beobachtungszeitraums traten keine HIV oder HBV Serokonversionen, jedoch 4 HCV Serokonversionen auf. Eine HCV Serokonversion ist wahrscheinlich auf eine Infektion während des aktuellen Haftaufenthaltes zurückzuführen. Durch die Spritzenvergabe kann offensichtlich eine deutliche Reduktion infektionsrelevanter Risikoverhaltensweisen auch im Justizvollzug erzielt werden. Eine Zunahme des Drogenkonsums in Haft bedingt durch die Verfügbarkeit steriler Spritzbestecke lässt sich nicht belegen. Neuinfektionen mit HIV und Hepatitis B und C konnten verhindert werden. Die Prävention von HCV- Infektionen erfordert jedoch zusätzliche Strategien. Die Spritzenvergabe ist als Bestandteil einer umfassenden Präventionsstrategie in geeigneten Haftanstalten zu empfehlen.
In two prisons in Berlin, Germany, provision of sterile injection equipment for injecting drug users started in 1998. To assess the programme’s impact, the frequency of injecting drug use and syringe sharing, and the incidence of HIV, HBV and HCV infection were determined in a follow-up study (n = 174). Of all IDUs, 68% of the female and 61% of the male had ever shared syringes, during the last six months before this imprisonement only 22% of the females and 10% of the males. Of those participants who were formerly imprisoned and already had injected drugs at that time, 51% of the females and 68% of the males reported having injected drugs during former imprisonments. Two Thirds reported syringe sharing in this context mostly with many exchange partners and without sufficient cleaning. Baseline seroprevalences (females / males) were 18% / 18% for HIV, 58% / 43% for HBV and 85% / 77% for HCV. These are high prevalences in the international context but similar to those for IDU in Berlin outside prison. HBV and HCV seroprevalence at baseline was significantly associated with former imprisonments. At baseline only 28% of the female prisoners continued injecting drugs, a significant reduction compared to former prison sentences. Injecting drug use during first follow up was reported by 62% of the females. It was stable in further follow up and comparable to the proportion of IDUs at former prison sentences. The proportion of male IDU at baseline and during follow up was always more than 90%. Most of them were transferred from other prisons at their wishes after syringe exchange program was installed in Lehrter Straße. Moreover the availability of drugs was obviously good. These are the most probable reasons for the high proportion of male IDU during follow up. Syringe sharing during follow up was rare. It appeared because of organisational and technical problems in beginning of the project and disappeared after having solved them. This is one big success of the syringe exchange program in prison. During follow up no HIV and HBV seroconversion but four HCV seroconversions occurred. One HCV seroconversion is probably attributable to an infection during current imprisonment. The provision of syringes for IDUs in prison may contribute to a substantial reduction of risk behaviour, especially syringe sharing. An increase of intravenous drug use because of the availability of sterile equipment ist not verifiable. HIV and HBV seroconversions could be prevented. However, the prevention of HCV infection requires additional strategies. The implementation of a Syringe Exchange Program in prison is recommended as part of an extensive prevention strategy in appropriate prison settings.