Kommunikation und Empathie sind Schlüsselkompetenzen für den Aufbau einer vertrauensvollen Tierarzt-Patientenbesitzer-Beziehung. Sie helfen, im Sinne einer patientenorientierten Relationship-Centered Care (RCC) zu arbeiten, die Compliance der Patientenbesitzer im Rahmen der Therapie zu verbessern und Zufriedenheit von Tierbesitzern und Tierärzten zu steigern. In der Humanmedizin hat sich in den vergangenen Jahren das Konzept einer Partizipativen Entscheidungsfindung (PEF) als Goldstandard einer partnerschaftlich orientierten Konsultationsgestaltung etabliert. Im Gegensatz zum paternalistischen Modell, bei dem der Arzt Entscheidungen und Verantwortung gleichermaßen trägt, zeichnet sich die PEF dadurch aus, dass sich beide Parteien aktiv in den Entscheidungsprozess einbringen und alle relevanten Informationen austauschen, um gemeinsam eine Entscheidung zu treffen und an ihrer Umsetzung zu arbeiten. Unterschiedliche Studien aus dem englischsprachigen Raum lassen darauf schließen, dass auch Patientenbesitzer ein Bedürfnis nach Partizipation im tiermedizinischen Entscheidungsprozess haben. Derzeit existieren nur wenige Untersuchungen zur Wahrnehmung der Kommunikation während einer tierärztlichen Konsultation im deutschsprachigen Raum. Ziel der Arbeit war es, durch quantitative Befragungen sowohl die Perspektive der Tierärzte als auch der Tierbesitzer im Hinblick auf die Kommunikation sowie die Umsetzung partizipativer Entscheidungsmodelle darzustellen. Dabei sollten insbesondere Chancen und Risiken einer Selbstinformation von Patientenbesitzern aus tierarztexternen Quellen (Internet, Freunde/Bekannte, Züchter, Trainer etc.) für die Kommunikation und die Tierarzt-Patientenbesitzer-Beziehung untersucht werden. In zwei deutschlandweiten Umfragen konnten vollständig ausgefüllte Fragebögen von insgesamt N = 804 Tierärzten und N = 1270 Tierbesitzern akquiriert werden. Die Ergebnisse zeigen, dass 75 % der Patientenbesitzer und 86 % der Tierärzte eine PEF favorisieren. Die meisten Patientenbesitzer erleben ihren Tierarzt als sympathisch und respektvoll, Bedürfnisse, Sorgen und Ängste werden in den meisten Fällen ausreichend adressiert. Knapp drei Viertel der Besitzer war mit den Entscheidungen, die während des Besuches getroffen wurden, weitgehend oder voll und ganz zufrieden. Defizite konnten in der Erörterung der Vor- und Nachteile unterschiedlicher Therapieoptionen (ca. 25 % nicht/weitgehend nicht diskutiert) und ihrer Abwägung für das individuelle Tier sowie ihre Umsetzbarkeit im Alltag der Patientenbesitzer festgestellt werden (ca. 35 % nicht/weitgehend nicht diskutiert). Hier gab es merkliche Diskrepanzen zur Selbstwahrnehmung der Tierärzte. Etwa 35 % der Patientenbesitzer fühlte sich vom Tierarzt nicht dazu motiviert, mehr über die Gesundheit ihres Tieres zu lernen, in etwa der Hälfte der Fälle wurde nicht oder eher nicht nach bestehendem Vorwissen und dem Wunsch nach weiteren Informationen gefragt. Etwa jeder fünfte Befragte gab an, schon einmal aus Unzufriedenheit mit dem Tierarzt einen Tierphysiotherapeuten/-chiropraktiker/-heilpraktiker o.ä. zu Rate gezogen zu haben. Mit Hilfe eines Strukturgleichungsmodells konnte ein Zusammenhang zwischen einem empathischen, partizipationsfördernden Kommunikationsstil und dem geringeren Bedürfnis nach weiteren Informationen sowie nach alternativen Heilangeboten aufgezeigt werden. Von den befragten Patientenbesitzern suchten 95 % außerhalb des Tierarztbesuches nach Informationen bezüglich der Gesundheit ihres Tieres, Informationsseiten im Internet waren die meistgenutzte Quelle für Eigenrecherche (77 %), gefolgt von Freunden/Bekannten (58 %) und Internetforen (56 %). Von den Tierärzten wurde das Interesse und Informationsbedürfnis der Tierbesitzer für die Tiergesundheit grundsätzlich eher positiv wahrgenommen, dennoch hat die Mehrheit der Befragten den Eindruck, dass Patientenbesitzer durch Selbstinformation häufig verunsichert werden, gut 20 % riet Patientenbesitzern davon ab, selbst nach Informationen zu suchen. Der Einfluss von Selbstinformation auf die Tierarzt-Patientenbesitzer-Beziehung und die Erwartungen und Ansprüche an den Tierarzt wurde eher negativ eingeschätzt. Mit Hilfe eines Strukturgleichungsmodells konnte dabei aufgezeigt werden, dass Tierärzte mit höheren Empathie- und PEF-Antworttendenzen Selbstinformation eher positiv bewerten. Der überwiegende Teil der teilnehmenden Tierärzte schätzt die eigene Kommunikationskompetenz sowie Empathiefähigkeit als gut bis sehr gut ein, die beiden Eigenschaften werden zudem als für den Praxiserfolg höchst relevant eingeschätzt. Gut zehn Prozent der Befragten empfindet den Kontakt mit dem Patientenbesitzer überhaupt nicht oder weitgehend nicht als eine der schönen Facetten des Tierarztberufes. Die vorliegende Studie konnte aufzeigen, dass partizipative Entscheidungsmodelle, RCC und die Wissensemanzipation der Patientenbesitzer in deutschen Tierarztpraxen tendenziell positiv bewertet werden. Unterschiedliche Chancen und Herausforderungen, Diskrepanzen und Übereinstimmungen in der Wahrnehmung zwischen Tierärzten und Tierbesitzern konnten herausgefiltert werden und sollen zur weiteren Auseinandersetzung mit dem Forschungsfeld sowie zur Selbstreflexion der Kommunikation in der tierärztlichen Praxis anregen.
Empathy and communication are key skills for building trustful veterinarian-pet owner-relationships. They help to implement relationship-centered care (RCC) into practice, improve pet owners’ compliance and increase pet owners’ as well as veterinarians’ satisfaction. In human medicine, the concept of shared decision making (SDM) has been established as a gold standard of medical decision making in the last decades. Studies on British, Australian, and US-American pet owners suggest that pet owners also wish to participate in the veterinary decision-making process. Aim of this study was to investigate the perceptions of both veterinarians and pet owners regarding communication and SDM during veterinary appointments in Germany. In particular, the study aimed to analyze risks and opportunities of the pet owners’ self-education (via internet, friends/acquaintances, breeders, trainers, etc.) for communication and the veterinarian-pet owner-relationship. Two nationwide surveys acquired a total of N = 804 (veterinarians) and N = 1270 (pet owners) valid questionnaires, respectively. The results show, that 75% of pet owners and 86% of veterinarians favored the model of SDM. Most pet owners experienced their veterinarian as sympathetic and respectful, and reported that their needs, concerns, and fears were adequately addressed in most of the cases. Nearly 75 % of the pet owners were satisfied with the decisions made during their last visits. Nonetheless, about 25 % had the feeling, that advantages and disadvantages of different therapy options. One third reported, that pros and cons for the individual pet were not discussed properly, and that the feasibility of the therapy in the pets’ and pet owners’ everyday life was not checked. About 35 % of the pet owners did not have the feeling, that the veterinarians motivated them to learn more about their pets’ health care, nor were they asked for any prior knowledge or their desire for more information. About 20 % of the respondents had already consulted an animal physiotherapist/chiropractor/healer or similar due to dissatisfaction with their veterinarian. In a structural equation model, a correlation between an empathic, collaborative communication style and a lower need for self-education as well as for the consultation of alternative healing offers could be shown. Ninety-five percent of the pet owners searched for pet health information outside of a veterinary visit. Information websites were the most used source for self-education (77 %), followed by friends/acquaintances (58 %), and internet forums (56 %). Overall, veterinarians perceived the pet owners’ interest in pet health care as well as their need for information as rather positive, yet most respondents felt that pet owners are often unsettled by selfeducation. A good 20% advised pet owners against seeking information on their own. More than half of the veterinarians assessed the influence of self-education on the veterinarian-pet owner-relationship as well as on the expectations and demands on the veterinarian rather negatively to very negatively. Within a second structural equation model, veterinarians with higher empathy- and SDM-scores were more likely to rate self-education positively. Most of the participating veterinarians assessed their own communication and empathy skills as good to very good; both skills were assessed as highly relevant for the success of a veterinary practice. A good ten percent of the respondents do not perceive the contact with the pet owner as one of the pleasant sides of the veterinary profession. In conclusion, the present study showed that there is a positive tendency towards the implementation of SDM and RCC in German veterinary practices. Chances as well as challenges, discrepancies as well as agreements in the perceptions of veterinarians and pet owners could be filtered and should inspire follow-up-research as well as a critical self-reflection of the veterinarians’ communication during appointments.