In meiner Dissertation beschäftige ich mich mit den Potenzialen irritierender Ästhetiken am Beispiel aktueller iranischer Filme. Diese sind: A DRAGON ARRIVES! (R.: Mani Haghighi, IR 2016), TEHERAN TABU (R.: Ali Soozandeh, DE/AT 2017), FISH & CAT (R.: Shahram Mokri, IR 2013) und UNDER THE SHADOW (R.: Babak Anvari, GB/LB/QT 2016). Die Filme bringen ihre Zuschauer*innen durch formal-ästhetische Mittel aus dem Konzept, da sie Ordnungen von Raum, Zeit und Körper, automatisierte Denklogiken, Wahrnehmungs- und Wissensformen, mit denen sich die Zuschauer*innen dem Film und auch der Welt üblicherweise annähern, durchkreuzen. Normen werden plötzlich unpassend, zuvor gelingende Anschlüsse greifen nicht mehr richtig ineinander, routinierte Abläufe und die damit verbundenen Denk-, Wahrnehmungs- und Wissenssysteme geraten ins Stocken. Durch die Situierung der Dissertation stelle ich die These auf, dass die Ästhetiken der Irritation dazu beitragen können, neue Weltentwürfe und Formen des gemeinschaftlichen In-der-Welt-Seins mit Fremden auszuhandeln, die traditionell westliche und imperiale Logiken herausfordern. Theoretisch-methodisch im Schnittfeld von transnationalen Filmstudien und Filmphilosophie beheimatet, bezeichne ich diese kinematografisch hervorgebrachten neuen Verweltlichungen und Vergemeinschaftungen als Kosmopolitismus. Die Annäherung an Kosmopolitismus am Beispiel des irritierenden iranischen Kinos erfolgt über die Analyse formal-ästhetischer de-Westernizing-Prozesse, womit räumliche Neuanordnungen sowohl auf der Ebene des filmischen Materials als auch auf der Ebene der Zuschauer*innen-Wahrnehmung beschrieben sind. Die Idee des de-Westernizing wird somit antiessenzialistisch, das heißt losgelöst von der iranischen Identitätszuschreibung der Filmbeispiele erarbeitet. De-Westernizing bildet die zentrale Denkfigur der Studie, die mit neoformalistischen Filmanalysen erschlossen wird. Mit ihr wird abschließend das kosmopolitische Potenzial des irritierenden iranischen Kinos konkretisiert.