The paper introduces a hitherto unknown poem on Scotist philosophy, the Musarum Parnassi Plausus ad mentem subtilis Ioanni Duns Scoti, written in 1689 by a Franciscan student of philosophy in the Grand Duchy of Lithuania. This peculiar text of approximately 500 Latin hexameters can only be understood properly in the light of the European tradition of Latin didactic poetry that stretched from antiquity to the early modern period. The present study primarily focuses on the specific communicative function that is a unifying aspect of the selected poems dating from the Middle Ages to early modernity. Besides the eternal question concerning the relationship between form and content, didactic poetry often puzzles the reader with its multi-layered meanings when the discussion of a particular subject is only a pretence to transmit specific worldviews of political or institutional significance. The selected texts are thus analysed in their academic and/or social context that illustrates the authors’ involvement in the establishment or rejection of contemporary scientific, religious or philosophical believes. Finally, the socio-political situation of Franciscans in seventeenth-century Vilnius will illuminate not only the order’s motivations of writing a didactic poem on Scotist doctrine but also furnish the reasons why the text was subsequently forgotten.
Der Beitrag stellt ein bislang unbekanntes Gedicht zur Skotistischen Philosophie vor, nämlich den Musarum Parnassi Plausus ad mentem subtilis Ioanni Duns Scoti, geschrieben von einem franziskanischen Studenten der Philosophie im Großfürstentum Litauen im Jahre 1689. Dieser eigentümliche Text von circa 500 lateinischen Hexametern kann erst im Lichte der europäischen, sich von der Antike bis zur Neuzeit erstreckenden Tradition der Lehrdichtung richtig verstanden werden. Die vorliegende Studie konzentriert sich auf die spezifische kommunikative Funktion, welche die analysierten Texte aus dem Zeitraum vom Mittelalter bis zur Früher Neuzeit verbindet. Neben der ewigen Frage nach dem Verhältnis von Inhalt und Form stellt auch die Vielschichtigkeit der Bedeutungsebenen im Lehrgedicht die Leser*innen vor Rätsel, wenn die Behandlung eines konkreten Gegenstandes nur als Vorwand dient, eine spezifische Weltanschauung von politischem oder institutionellem Interesse zu vermitteln. Die ausgewählten Texte werden daher in ihrem jeweiligen akademischen und/oder sozialen Kontext analysiert, aus dem hervorgeht, wie die Autoren in der Etablierung oder Ablehnung wissenschaftlicher, politischer oder philosophischer Überzeugungen involviert waren. Die sozio-politische Situation der Franziskaner im Vilnius des siebzehnten Jahrhunderts wird schließlich nicht nur die Motivationen des Ordens beleuchten, ein Lehrgedicht über die Skotistische Lehre zu verfassen, sondern auch Gründe dafür liefern, weshalb dieser Text anschließend in Vergessenheit geriet.