Der Gyrus dentatus bietet ein gutes Modell zur Untersuchung diverser, die Kortexentwicklung betreffender Fragestellungen, insbesondere solche bezüglich Neurogenese, neuronaler Migration, Arealisierung, axonaler Wegfindung und neuronaler Plastizität. Weiterhin besitzt er die außergewöhnliche Fähigkeit, lebenslang funktionelle Neurone aus neuronalen Vorläuferzellen zu bilden, was ihn zu einem attraktiven Forschungsobjekt für mögliche neuronale Regenerationsprozesse im Kortex macht. Das Ziel dieser Arbeit war, molekulare Faktoren der Gyrus dentatus Entwicklung zu identifizieren und ihre Funktionen zu analysieren. Gegenstand der Experimente war ein Vergleich der Expressionsmuster von Emx2-/- Mutante gegen Wildtyp Maus, da der Transkriptionsfaktor Emx2 als Schlüssel-Regulator der hippocampalen Entwicklung fungiert und sein Fehlen eine sehr spezifische Veränderung dieser verursacht, was unter anderem zur Folge hat, dass ein morphologisch erkennbarer Gyrus dentatus in dieser Mutante nicht vorhanden ist. Es wurden bekannte Gene, deren Funktionen in der Literatur bereits umfangreich beschrieben worden sind, mit Hilfe von In Situ Hybridisierungen im Entwicklungsverlauf untersucht. Von besonderem Interesse war hierbei die Analyse der verschiedenen Funktionskreise wie Proliferation, Differenzierung und Migration sowie der strukturellen Veränderungen des Gyrus dentatus und der an diesen angrenzenden Strukturen (hippocampale Fissur und Marginalzonen). Zudem wurden Kandidatengene, die bisher nicht mit Emx2 in Zusammenhang gebracht worden sind, durch Screening von Mikroarrays ermittelt. Die Ergebnisse zeigen, dass die proneurale Kaskade der bHLH Gene im Emx2-/- Mutanten Gyrus dentatus zwar vorhanden, aber abnorm auf die germinative Zone beschränkt ist, migrierende Vorläufer der Neurone und der Glia fast völlig fehlen, das Gerüst der radialen Glia defekt ist und die geringe Anzahl der Astrozyten und Körnerzellen, die produziert werden, nicht fähig sind, bis zu ihrem eigentlichen Ziel zu wandern. Zudem erfolgt keine vollständige Ausdifferenzierung der Körnerzellen. Auch im Bereich der sich entwickelnden Fissur fehlt bei der Emx2-/- Mutante das Gerüst der radialen Glia, die innere Marginalzone (IMZ) scheint normal entwickelt zu sein, die äußere Marginalzone (OMZ) und die Marginalzone des Gyrus dentatus (DMZ) hingegen sind atrophisch. Die Reln-exprimierenden Zellen dieser Zonen fehlen, mit Ausnahme einer spezifischen Subpopulation, die mit Hilfe zusätzlicher Marker charakterisiert wurde, vermutlich aus dem „Hem“ stammt und Emx2 offensichtlich nicht benötigt. Die Mikroarray Analyse lieferte eine Gruppe von Genen, deren Expression im Emx2-/- Hippocampus reduziert ist und die zum großen Teil bisher noch nicht mit Emx2 in Verbindung gebracht wurden. Einige der Kandidaten sind Gene der Gehirnentwicklung oder solche, die an der funktionellen Reifung beteiligt sind und werden in der hippocampalen Platte und/oder dem sich entwickelnden Gyrus dentatus exprimiert. Eine zweite Gruppe von Kandidaten markiert neuronale, gliale oder vaskuläre Strukturen in der OMZ und repräsentiert wahrscheinlich Marker für Zellpopulationen, die in der Emx2-/- Mutante spezifisch fehlen. Die Abwesenheit dieser Gene in der Emx2-/- Mutante weist auf Veränderungen in verschiedenen Pfaden und Prozessen hin, insbesondere im Notch- und Chemokin- Pfad, in Prozessen der Zellmigration, der axonalen Wegfindung und der Angiogenese; zudem wird ein Zusammenhang zwischen der hippocampalen Morphogenese und der Pia sowie der Cajal-Retzius Zellen aufgezeigt.
The dentate gyrus provides a good model for diverse areas of research concerning the cortical development, especially neurogenesis, neuronal migration, regionalization, axonal guidance and neuronal plasticity. Furthermore, the dentate gyrus has the special ability to produce functional neurons out of neuronal precursors the whole life long. Therefore it is an interesting object of research for potential neuronal processes of regeneration in the cortex. The aim of this study was to identify molecular factors of dentate gyrus development and to analyse their functions. The subject of the experiments was a comparison of expression patterns from Emx2-/- mutant versus wildtype mouse, because the transcription factor Emx2 plays a key role in hippocampal development. Thus, mice deficient in this factor show very specific developmental alterations in the hippocampus, which leads to the absence of a morphologically visible dentate gyrus in these Emx2-/- mutants. First some known genes, whose functions had already been described in literature extensively, were analysed during development by in situ hybridisation. Thereby investigating the different functional circuits like proliferation, differentiation and migration as well as the structural alterations of the dentate gyrus and the adjacent hippocampal fissure and marginal zone were of particular interest. Furthermore some candidate genes, for which a putative relation to Emx2 had not been described previously, were identified by screening microarrays. The results show that, in the Emx2-/- mutant dentate gyrus, the proneural cascade of bHLH genes is present, but abnormally confined to the germinal layer, the neuronal and glial migrating precursors are nearly absent, the glial scaffold is defective, the few produced astrocytes and granule cells are not able to migrate to their proper destination and in addition the granule cells are deficiently differentiated. The glial scaffolding is also lacking in the Emx2-/- mutant developing hippocampal fissure. The inner marginal zone (IMZ) seems to be developed properly, in contrast the outer marginal zone (OMZ) as well as the dentate marginal zone (DMZ) is atrophic. Most of the Reln-expressing cells that should occupy the OMZ and DMZ are missing, except a specific subpopulation, characterized by using additional markers, probably born in the hem and for which Emx2 is not essentially required. The microarray analysis reveals a group of genes whose expression is reduced in the Emx2-/- hippocampus. For most of them a putative relation to Emx2 pathways had not been recognized previously. Some candidates are development genes or are involved in functional maturation and show expression in the hippocampal plate and/or developing dentate gyrus. A second group of candidates labels neuronal, glial or vascular structures in the OMZ and likely represent markers for cell populations specifically absent in the mutant. The lack of these genes points at different pathways and processes altered in the Emx2-/-mutant, particularly the Notch and chemokine pathways, the processes of cell migration, axonal guidance and angiogenesis, also a relation of hippocampal morphogenesis with pia and Cajal-Retzius cells is shown.