Unter dem Eindruck gestiegener Katastrophenrisiken hat der Gesetzgeber im GVWG festgelegt, dass sich ambulante Pflegedienste auf Krisensituationen vorbereiten müssen (§ 113 Absatz 1 Satz 1 SGB XI). In den Maßstäben und Grundsätzen für die Qualität und die Qualitätssicherung (MuG) vom 9.11.2022 sind Anforderungen definiert. Umsetzungsempfehlungen dazu sind im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten AUPIK-Projektes entwickelt worden.
Ziel der hier vorgelegten pflegeökonomischen Machbarkeitsstudie ist die Ermittlung und Bewertung der Kosten, die den ambulanten Pflegediensten im Hinblick auf die Katastrophenvorsorge im Zuge der Umsetzung der Empfehlungen des AUPIK-Projektes entstehen.
Die Ermittlung der Mengengerüste (Personal, Sachmittel) erfolgte nach Möglichkeit auf der Basis hinreichend konkreter Empfehlungen aus der AUPIK-Sollkonzeption und/oder auf der Basis von leitfadengestützten Experteninterviews (n = 8) mit Geschäftsführer*innen und anderen Leitungs-personen aus Pflegediensten mit Bezug zur Modellregion Magdeburg (Sachsen-Anhalt). Soweit die Mengengerüste auf keinem dieser beiden Wege ermittelt werden konnten, wurden sie geschätzt. Die Ermittlung der Preise für Sachmittel erfolgte per Internetrecherche (drei exemplarische Preise pro Produktgruppe). Als Multiplikator zur Berechnung der Personalkosten wurde ein per Faustformel berechneter Stundensatz verwendet, dessen Ausgangspunkt die Grundvergütung von Pflegefachkräften (Qualitätsniveau C) ist. Dieser Ausgangspunkt bietet sich an, weil hierfür in Gestalt der sog. regionalen Entgelthöhen validierte Daten vorliegen. Zur Veranschaulichung wurden drei Fallvignetten gebildet: A = inhabergeführter kleiner privater Pflegedienst; B = auf häusliche Intensivpflege spezialisiertes, überregional agierendes privates Pflegeunternehmen; C = Pfle-gedienstabteilung eines „großen“ freigemeinnützigen Trägers. Obwohl der engere Auftrag des APOLLON-Teilprojekts auf der betrieblichen Ebene angesiedelt ist, werden auch makroökonomische Berechnungen vorgenommen, nicht zuletzt, um auf diese Weise eine Grundlage für die sich aufdrängende Frage nach der Re-Finanzierung zu schaffen.
Der auf den Empfehlungen der AUPIK-Sollkonzeption beruhende Aufwand für die Katastrophen-vorsorge beträgt rechnerisch im Durchschnitt 22.467 Euro pro Pflegedienst in Sachsen-Anhalt und 27.767 Euro pro Pflegedienst in Deutschland – bei großen Unterschieden zwischen den einzelnen Diensten. Pflegedienste müssen damit rechnen, mindestens 1% des Umsatzes für Zwecke der Katastrophenvorsorge aufbringen zu müssen. Erhalten sie hierfür keine Re-Finanzierung werden sie dieser Aufgabe nicht im gebotenen Umfange nachkommen. Für diese Schlussfolgerung liefert nicht zuletzt die Expertenbefragung deutliche Hinweise.