Die Major Depression zählt zu den weltweit wichtigsten Ursachen für gesundheitliche Beeinträchtigungen und ist mit vielen psychischen und körperlichen Folgeerkrankungen assoziiert. Metabolische Erkrankungen zählen zu den häufigsten Komorbiditäten der Depression und beeinflussen das unmittelbare Behandlungsergebnis und die Langzeitprognose negativ. Longitudinale Studien belegen den bidirektionalen Zusammenhang zwischen Depression und metabolischen Erkrankungen. Verschiedene klinische, psychosoziale und biologische Mechanismen erklären diese bidirektionale Relation. Chronizität ist ein wichtiger Faktor, der mit schlechterem Behandlungsergebnis nach multimodaler Behandlung der Depression einhergeht. Im Hinblick auf metabolische Auffälligkeiten bei depressiven Patient:innen ist dieser Befund von hoher Relevanz, da Chronizität eine Konsequenz vom Zusammenspiel von Depression und metabolischen Dysregulationen sein könnte. Dieser Zusammenhang konnte am Beispiel der Altersdepression gezeigt werden. Die Zunahme von metabolischen Auffälligkeiten mit längerer Dauer der depressiven Erkrankung geht mit negativen Auswirkungen auf das Therapieergebnis einher. Diese Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit der Prävention von metabolischen Risikofaktoren und Chronizität bei der Depressionsbehandlung.
Das Risiko für die Entwicklung von metabolischen Erkrankungen ist bei Patient:innen mit MDD außerdem bereits im jüngeren Alter erhöht. Neuroendokrine Veränderungen könnten eine Erklärung dafür sein. Daher sollten in Zukunft Modulatoren der Steroidhormonsysteme bezüglich ihres Potenzials Depressionssymptome und metabolische Risikofaktoren zu reduzieren weitererforscht werden. Für die effektive Prävention von Depression bei komorbider Adipositas sollten spezifisch zugeschnittenen Maßnahmen insbesondere für Frauen mit niedrigem sozioökonomischem Status und geringer sozialer Unterstützung entwickelt werden. Aus sozialer Benachteiligung ergibt sich häufig ein Circulus vitiosus mit wechselseitiger Verstärkung von Depression und metabolischen Erkrankungen. Die Verbesserung der sozialen-, emotionalen- und finanziell-ausreichenden Unterstützung von sozial benachteiligten Menschen könnte das Problem Depression bei komorbider Adipositas in seinem gesellschaftlichen Kontext adressieren.
Schließlich wurde unter Berücksichtigung von potenziellen Störfaktoren ein stärkerer Zusammenhang von Adipositas mit CRP im Vergleich zu Depression gefunden. Dieser Befund korrespondiert mit Ergebnissen aus aktuellen Untersuchungen, die zeigen, dass CRP im nicht-klinischen Sample eher mit komorbiden und konfundieren Faktoren der Depression assoziiert ist als mit Depression selbst. Zusätzlich wurde ein spezifischer positiver Zusammenhang zwischen Fatigue und CRP gefunden. Zusammenfassend deuten diese Ergebnisse darauf hin, dass die chronische Inflammation als pathophysiologischer Mechanismus für diejenigen mit bestimmten Symptomen der Depression, die Veränderungen der Energiehomöostase ausweisen (z.B. Fatigue), und mit komorbiden metabolischen Erkrankungen (z.B. Adipositas), relevant sein könnte. Für zukünftige Interventionen lässt sich ableiten, dass gezielte Maßnahmen für adipöse Patient:innen mit MDD notwendig sind, um die chronische Inflammation zu reduzieren, die ein Treiber für die wechselseitige Verstärkung von Depression und metabolischen Erkrankungen ist.