Hintergrund
Junge Erwachsene mit chronischen Erkrankungen gelten als Gruppe, die durch Corona gefährdet ist. Ob und wie die Betroffenen sich zu schützen versuchen, welche Risikowahrnehmungen sie verdeutlichen und wie der Lockdown erlebt wird, dazu mangelt es an Erkenntnissen primär im deutschen Sprachraum.
Ziele und Fragestellung
Im Beitrag wird analysiert, welches Coronaschutzverhalten junge chronisch kranke Erwachsene berichten, welche Risikowahrnehmungen sie aufweisen und wie sie den Lockdown erleben.
Material und Methoden
Mit n = 59 jungen Erwachsenen (häufig Studierende oder Auszubildende), die von Typ‑1-Diabetes (n = 16), Krebs (n = 18), chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (n = 21) oder von bestimmten seltenen, komplexen Erkrankungen (n = 4) betroffen sind, wurden episodische Interviews geführt. Die Datenauswertung erfolgt mittels thematischen Kodierens.
Ergebnisse
Wenige Befragte meinen, durch Corona kaum persönlich gefährdet zu sein, so dass auch Schutzmaßnahmen wie Impfungen sekundär sind. Die meisten Interviewten jedoch berücksichtigen Schutzmaßnahmen penibel. Sie können sich hierzu entweder verpflichtet fühlen, um z. B. andere vulnerable Personen zu schützen, oder sie erleben sich als sehr anfällig für schwere Coronainfektionen. Ungeachtet von erlebten Einschränkungen im Lockdown ist dieser für viele Interviewte auch mit neuen Möglichkeiten verbunden. Online-Formate erleichtern ihnen, Studium/Ausbildung trotz chronischer Erkrankung fortzusetzen und Kontakte mit Freund*innen zu halten.
Schlussfolgerung
Coronarisikowahrnehmungen und Schutzverhalten junger chronisch kranker Erwachsener sollten in ihrem subjektiven Sinn verstärkt in der Versorgung und Begleitung dieser Zielgruppen berücksichtigt werden. Hybride Lehre sollte über den Lockdown hinaus beibehalten werden, damit die jungen Erwachsenen trotz ihrer chronischen Erkrankung sozial teilhaben können und zugleich vor Corona- und weiteren Infektionen geschützt sind.
Background
Young adults with chronic diseases are considered to be at increased risk due to coronavirus disease 2019 (COVID‑19). Information is lacking regarding whether and how they try to protect themselves, what their perception of risk is, and how the lockdown is experienced, in particular in German-speaking areas.
Objectives
The paper analyzes coronavirus protection behaviors of young chronically ill adults, their risk perceptions, and how lockdown was experienced.
Material and Methods
Episodic interviews were conducted with N = 59 young adults (mostly students or vocational trainees) affected by type 1 diabetes (N = 16), cancer (N = 18), inflammatory bowel disease (N = 21), or certain rare, complex diseases (N = 4). Data analysis is based on thematic coding.
Results
Few respondents believe their personal risk from coronavirus is low, so they consider protective measures such as vaccinations as secondary. However, most interviewees stringently adhere to coronavirus pandemic guidelines. They may either feel obliged to do so, e.g., to protect other vulnerable persons, or they perceive themselves as very susceptible to severe corona infections. Regardless of the experienced limitations during the lockdown, it is also associated with new options for many interviewees. Online teaching makes it easier for them to continue their studies/vocational training despite their chronic illness and to maintain contact with their friends.
Conclusion
Subjective corona risk perceptions and protective behaviors of young chronically ill adults should be considered more in the care and support of these target groups. Hybrid teaching should be continued beyond the lockdown so that young adults can participate socially despite their chronic illness while being protected from coronavirus and other infections.