Die primäre immunhämolytische Anämie (pIHA) des Hundes ist mit einer hohen Letalitätsund Komplikationsrate verbunden, insbesondere in den ersten 2 Wochen nach Therapiebeginn. In mehreren Studien wurden verschiedene klinische und labordiagnostische Parameter mit prognostischer Relevanz ermittelt. Ziel dieser Studie war die retrospektive Auswertung klinischer, labordiagnostischer und bildgebender Befunde einer großen Fallzahl von Hunden mit pIHA oder Evans´ Syndrom, die zwischen 2003 und 2011 an der Klinik für kleine Haustiere der FU- Berlin behandelt wurden. Die Untersuchungen konzentrierten sich insbesondere auf die Ermittlung prognostischer Faktoren sowie auf die Komplikations- und Letalitätsrate. Die Diagnose pIHA beruhte auf dem Vorliegen einer hämolytischen Anämie (Mikrohämatokrit < 0,35 l/l), einem positiven Coombs-Test (n = 114), Sphärozytose (n = 101/111), makroskopischer Objektträgeragglutination (n = 118/126) und dem Ausschluss zugrunde liegender Erkrankungen oder auslösender Faktoren. Ein Evans´ Syndrom lag vor, wenn zusätzlich zur pIHA Thrombozyten-gebundene Antikörper nachgewiesen wurden. Zur Ermittlung prognostisch negativer Faktoren wurden die Laborergebnisse der Therapietage 0, 3 und 8 verglichen zwischen Hunden, die innerhalb der ersten 14 Tage starben oder euthanasiert wurden (Gruppe 1) und Hunden, die länger als 14 Tage lebten (Gruppe 2). 135 Hunde gingen in die Studie ein, davon 22 Hunde in Gruppe 1 und 102 Hunde in Gruppe 2. Die verbleibenden 11 Hunde wurden aufgrund begrenzter Beobachtung (< 14 Tage) vom Gruppenvergleich ausgeschlossen (Gruppe X). Die Hunde gehörten 47 unterschiedlichen Rassen an, 26 Hunde waren Mischlinge. Das Alter lag zwischen 0,4 und 14 Jahren (Median 7 Jahre). 74 Hunde waren weiblich (25 kastriert) und 61 Hunde männlich (24 kastriert). Die Hämolyse war bei 95 Hunden (70 %) extravaskulär (Gruppe 1: 9 (41 %), Gruppe 2: 81 (79 %), Gruppe X: 5 Hunde) und bei 40 Hunden (30 %) intravaskulär (Gruppe 1: 13 (59 %), Gruppe 2: 21 (21 %), Gruppe X: 6 Hunde). Es bestand ein signifikanter Zusammenhang zwischen intravaskulärer Hämolyse und Letalität (p < 0,001). Der Mikro-Hämatokrit lag bei Erstvorstellung zwischen 0,05-0,34 l/l (Median 0,15 l/l). 98 Hunde (73 %) wiesen eine schwere Anämie mit einem PCV < 0,20 l/l auf. Im Hinblick auf die Schwere der Anämie ergab der Gruppenvergleich keinen signifikanten Unterschied (p = 0,285). Bei 41 Hunden (34 %) war die Anämie initial nicht regenerativ. Es bestand kein Zusammenhang zwischen nicht regenerativer Anämie und Letalität (p = 0,595). Die Blutuntersuchung an Tag Null ergab folgende Veränderungen: Erhöhte Leukozytenzahlen: 111 Hunde (82 %), Kernlinksverschiebung: 83/114 (73 %), Thrombozytopenie: 85 (63 %), erhöhte Serum-Konzentrationen an Harnstoff: 34 (26 %), Kreatinin: 9 (7 %) und Bilirubin: 115 (85 %) sowie eine erhöhte Aktivität der Leberenzyme ALT: 48 (37 %), AST: 66 (50 %), AP: 98 (73 %) und GLDH: 35 (28 %). Das Gesamtplasmaprotein war bei 7 Hunden (5 %) erniedrigt und bei 74 (55 %) erhöht, 77 Hunde (59 %) wiesen eine Hypoalbuminämie und 56 (42 %) Hunde eine Hypokaliämie auf. Die PT war bei 51 Hunden (41 %) und die aPTT bei 72 (59 %) verlängert, 33 Hunde (27 %) wiesen gleichzeitig eine PT- und aPTT-Verlängerung auf. Im Gruppenvergleich wiesen Hunde, die innerhalb der ersten 14 Tage starben (Gruppe 1), eine initial signifikant höhere Anzahl stabkerniger neutrophiler Granulozyten (p = 0,037), höhere Serum-Harnstoff- (p = 0,008) und Bilirubinkonzentrationen (p < 0,001), höhere ALT- (p < 0,001) und AST-Aktivitäten (p < 0,001), niedrigere Kaliumkonzentrationen (p = 0,010), eine stärkere aPTT-Verlängerung (p = 0,010) und häufiger einen Ikterus (p = 0,037) auf als Hunde, die länger als 14 Tage lebten (Gruppe 2). Zwischen Tag 0 und 3 kam es bei Hunden der Gruppe 1 zu einem signifikanten Anstieg der Leukozytenzahlen (p = 0,008), der Plasma-Bilirubinkonzentration (p = 0,006) und der Harnstoffkonzentration (p = 0,028), die Albuminkonzentration fiel signifikant ab (p = 0,042). Zwischen Tag 3 und 8 stiegen die Thrombozytenzahlen bei Hunden der Gruppe 2 signifikant an (p = 0,029). In den ersten 14 Tagen traten bei 109 Hunden (81 %) Komplikationen infolge der pIHA und/oder Nebenwirkungen infolge der medikamentellen Therapie auf. Der Verdacht einer DIC bestand bei 41 von 127 Hunden (32 %) mit ermittelten Gerinnungsparametern. Das Vorliegen einer DIC war signifikant mit einer erhöhten Letalität assoziiert (p = < 0,001). Gastrointestinale Störungen hatten 61 % der Hunde, wobei diese signifikant häufiger bei Hunden der Gruppe 1 auftraten (p = 0,012). 33 Hunde (24 %) hatten klinische Anzeichen einer erhöhten Blutungsneigung wie Hämaturie (20/61), Meläna (15), Petechien (2), Hämatome (2), Hyphäma (3), Epistaxis (1) und Hämatemesis (3). Bei 3 Hunden ergab die post mortem Untersuchung eine hämorrhagische Diathese. Weitere Komplikationen waren abdominale (9), thorakale (3) und perikardiale (2) Ergüsse sowie entzündliche Erkrankungen (19) wie Phlebitis (10), Zystitis (3), Nephritis (3) und Hepatitis (1). 111 Hunde (82 %) erhielten eine unterschiedliche Anzahl an Bluttransfusionen (Ec-Konzentrat: 104, Vollblut: 22, Oxyglobin®: 3). 62 Hunde (56 %) wurden mehrfach transfundiert. Frisch gefrorenes Plasma wurde 29 Hunden (Gruppe 1: 10; Gruppe 2: 17, Gruppe X: 2) und thrombozytenreiches Plasma 2 Hunden verabreicht. Hunde der Gruppe 1 benötigten signifikant häufiger Bluttransfusionen (Median 2,5 Transfusionen) als Hunde der Gruppe 2 (Median 1 Transfusion) (p = 0,001). 56 Hunde wurden nur mit Prednisolon behandelt, 79 erhielten weitere Immunsuppressiva, davon 77 Ciclosporin (CsA). In die Behandlungsgruppe P (Prednisolon) gingen 40 Hunde ein, 50 Hunde bildeten die Behandlungsgruppe PC (Prednisolon und CsA). Die Letalität innerhalb der ersten 14 Tage betrug 18 %, wobei kein signifikanter Unterschied zwischen den Behandlungsgruppen bestand (p = 0,273). Zwischen Tag 15-365 (M 64 d) wurden weitere 19 Hunde infolge der pIHA euthanasiert (n = 16) oder verstarben (n = 3). Die 1-Jahres-Letalität betrug somit 40 % (41/102). Von 67 Hunden, die ≥ 90 Tage überwacht werden konnten, entwickelten 16 Hunde (24 %) ein Rezidiv der pIHA (n = 12) bzw. ein Rezidiv des Evans´ Syndroms (n = 4). Bei 12 Hunden war das Rezidiv ggf. auf eine Dosisreduktion oder auf das Absetzen der immunsupprimierenden Medikamente zurückzuführen. Acht Hunde erlitten einen zweiten Rückfall, ein Hund erlitt insgesamt 4 Rezidive. Zusammenfassend konnten in vorliegender Studie verschiedene labordiagnostische Faktoren mit prognostischer Relevanz ermittelt werden. Initial erhöhte stabkernige neutrophile Granulozyten, Hypokaliämie, erhöhte Plasma-Harnstoff- und Bilirubinkonzentrationen sowie erhöhte Leberenzymaktivitäten (ALT, AST), Ikterus, aPTT-Verlängerung, DIC und intravaskuläre Hämolyse waren signifikant mit einer erhöhten Letalität assoziiert. Zudem waren ein Anstieg der Leukozytenzahlen, der Bilirubin- und Harnstoffkonzentration sowie eine Abnahme der Thrombozytenzahlen und der Albuminkonzentration im Therapieverlauf negativ prognostische Faktoren. Bei über 75 % der Hunde traten in den ersten 14 Tagen Komplikationen auf wie eine DIC, Blutungen und gastrointestinale Störungen.
Primary immune-mediated hemolytic anemia (pIMHA) in dogs is associated with a high rate of mortality and complications, especially in the first 2 weeks after starting treatment. Several studies have identified clinical and laboratory parameters with prognostic relevance. The objectives of this study were to assess clinical, laboratory and diagnostic imaging findings in dogs diagnosed with pIMHA or Evans´ syndrome and to identify prognostic factors, mortality and complication rate. A retrospective study was conducted for 135 dogs presented to the Clinic for Small Animals, Freie Universität Berlin, between 2003 and 2011. The diagnosis of pIMHA was based on the presence of a hemolytic anemia (PCV < 0.35 l/l), a positive Coombs´ -test (n = 114), the presence of spherocytes (n = 101/111), macroscopic slide agglutination of RBCs (n = 118/126) and on the exclusion of underlying diseases or triggering factors. The diagnosis of an Evans´ syndrome was made when in addition to the pIMHA platelet-bound antibodies were found. To determine prognostic factors the laboratory parameters at day 0, 3 and 8 of therapy were compared between dogs who died or were euthanized within the first 14 days (group 1) and dogs surviving more than 14 days (group 2). 135 dogs were included in this study, of which 22 dogs belonged to group 1 and 102 dogs to group 2. The remaining 11 dogs (group X) were censored because they were lost for follow up before day 14. The dogs belonged to 47 different breeds, 26 dogs were mixed breed. The dogs ranged in age from 0.4-14 years (median 7 years). 74 were females (25 spayed) and 61 were males (24 castrated). 95 dogs (70 %) had extravascular (group 1: 9 (41 %), group 2: 81 (79 %), group X: 5 dogs) and 40 dogs (30 %) had intravascular hemolysis (group 1: 13 (59 %), group 2: 21 (21 %), group X: 6 dogs). There was a significant correlation between intravascular hemolysis and mortality (p < 0.001). The PCV at initial presentation ranged from 0.05-0.34 l/l (median 0.15 l/l). 98 dogs (73 %) had a severe anemia with a PCV < 0.20 l/l. There was no correlation between severity of anemia and mortality rate (p = 0.285). On admission, the anemia was non-regenerative in 41 dogs (34 %). No correlation was observed between non-regenerative anemia and mortality (p = 0.595). Hematological and biochemical analysis at day 0 showed the following abnormalities: leukocytosis (111 dogs, 82 %), neutrophilic left shift (83 of 114, 73 %), thrombocytopenia (85, 63 %), increased plasma urea concentration (34, 26 %), creatinine (9, 7 %) and bilirubin (115, 85 %), as well as high ALT (48, 37 %), AST (66, 50 %), AP (98, 73 %) and GLDH plasma activities (35, 28 %). Total plasma protein was decreased in 7 dogs (5 %) and increased in 74 dogs (55 %). 77 dogs (59 %) had a hypoalbuminemia and 56 dogs (42 %) had a hypokalemia. PT was prolonged in 41 % (51 of 123) of the dogs and the aPTT in 59 % (72 of 122) of the dogs. 33 dogs (27 %) with a prolonged PT also had a prolonged aPTT. Dogs that died (group 1) had significantly higher median band neutrophil counts (p = 0.037), higher concentrations of urea (p = 0.008) and bilirubin (p < 0.001), higher activities of ALT (p < 0.001) and AST (p < 0.001), lower potassium concentrations (p = 0.010), a more severe aPTT prolongation (p = 0.010) and suffered more often from jaundice (p = 0.037), compared to dogs that survived the first 2 weeks (group 2). Between day 0 and 3 the median leukocyte counts (p = 0.008), bilirubin (p = 0.006) and urea concentrations (p = 0.028) increased significantly in dogs of group 1. The albumin concentration significantly decreased in these dogs (p = 0.042). In group 2 there was a significant increase in platelet counts between day 3 and 8 (p = 0.029). Various complications caused by the pIMHA or adverse drug reactions were seen in 109 dogs (81 %) within the first 14 days. DIC was suspected in 41 of 127 dogs (32 %) in which coagulation tests were performed and was significantly associated with increased mortality (p < 0.001). 61 % of the dogs exhibited gastrointestinal disorders, whereby it was significantly more common in dogs that died (group 1) than in dogs that survived (group 2) (p = 0.012). 33 dogs (24 %) had clinical signs of an increased bleeding tendency in form of hematuria (n = 20/61), melena (n = 15), petechiae (n = 2), hematoma (n = 2), hyphema (n = 3), epistaxis (n = 1), hematemesis (n = 3). In 3 dogs the post-mortem examination revealed a hemorrhagic diathesis. Further complications were abdominal (9), thoracic (3) and pericardial (2) effusions as well as inflammatory diseases (19) like phlebitis (10), cystitis (3), nephritis (3) and hepatitis (1). Blood transfusions were provided to 111 dogs (82 %) (packed red blood cells: 104, whole blood: 22, oxyglobin®: 3), of which 62 dogs (56 %) received more than one transfusion. Fresh frozen plasma was given to 29 dogs (group 1: 10; group 2: 17, group X: 2) and plateletrich plasma to 2 dogs. Dogs of group 1 received significantly more transfusions (median 2.5 transfusions) than dogs of group 2 (median 1 transfusion) (p = 0.001). 56 dogs were treated with prednisolone alone, 79 received additional immunosuppressive agents of which 77 received cyclosporine (CsA). Treatment group P (prednisolone) included 40 dogs, the treatment group PC (prednisolone and CsA) 50 dogs. Mortality within the first 14 days was 18 %. There was no significant difference among the 2 treatment groups (p = 0.273). Between day 15 and 365 (median 64 days) an additional 19 dogs were euthanized (n = 16) or died (n = 3) due to the pIMHA. Therefore the 1-year-mortality was 40 % (41/102). 16 of 67 dogs (24 %) that were monitored for more than 90 days had a relapse of the pIMHA (n = 12) or the Evans` syndrome (n = 4). In 12 dogs the relapse might have been due to a reduction or a discontinuation of the immunosuppressive agents. Eight dogs had a second relapse of which 1 dog suffered 4 relapses. In conclusion, this study identified different laboratory diagnostic parameters with a prognostic relevance. An initial increase in band neutrophil count, hypokalemia, increase in urea and bilirubin concentrations as well as increased serum activities of liver enzymes (ALT, AST), jaundice, a prolonged aPTT, DIC and intravascular hemolysis were significantly associated with mortality. Additionally, an increase in leukocytes, concentrations of urea and bilirubin as well as a decrease in platelet count and albumin concentration in the course of therapy were associated with a poorer outcome. In more than 75 % of dogs complications like DIC, hemorrhage and gastrointestinal disorders occurred within the first 14 days.