Hintergrund/Zielsetzung Herz-Kreislauf-Erkrankungen (HKE) als auch Muskel-Skelett-Erkrankungen (MSE) sind für einen Großteil der Morbidität (erstere auch der Mortalität) in der Bevölkerung verantwortlich. In der berufstätigen Bevölkerung führen diese Erkrankungen häufig zu Arbeitsunfähigkeit (AU). Diese ist von der beruflichen Tätigkeit und der damit verbundenen Arbeitsbelastung abhängig. Mit dieser Untersuchung soll für einzelne Diagnosen geklärt werden, ob die Anzahl von AU-Fällen in besonders betroffenen Berufsgruppen abhängig vom Lebensalter variiert. Dafür wurden akute und chronische Erkrankungen (ICD-10-Diagnosen) ausgewählt: Essenzielle (primäre) Hypertonie (I10), Akuter Myokardinfarkt (I21), Varizen der unteren Extremitäten (I83), Kniegelenksarthrosen (M17) und Rückenschmerzen (M54). Methodik Die Untersuchungen basieren auf einer Sekundärdatenanalyse von AU-Daten fast aller gesetzlichen Krankenkassen Deutschlands aus dem Jahr 2008. Der Datenbestand enthält geschlechtsstratifizierte, aggregierte Angaben von 26,2 Mio. gesetzlich pflichtversicherten Erwerbstätigen (13,5 Mio. Männer und 12,7 Mio. Frauen) zur AU aufgrund von HKE und MSE. Zielgröße sind AU-Fälle aufgrund der ICD-Diagnosen I10, I21, I83, M17 und M54. Als Expositionsvariable wird die Zugehörigkeit zu den Berufsgruppen nach Blossfeld (1985) verwendet. Berechnet werden indirekt standardisierte Morbiditätsratios (SMR) für AU-Ereignisse stratifiziert nach Geschlecht (männlich, weiblich) und Alter (fünf Altersklassen) mit 99,99 % Konfidenzintervallen. Ergebnisse Die Häufigkeit von AU-Fällen steigt mit dem Alter für alle untersuchten Diagnosen an. Beschäftigte beider Geschlechter in qualifizierten und gering qualifizierten manuellen Berufen sowie gering qualifizierten Dienstleistungsberufen sind besonders häufig aufgrund von HKE und MSE arbeitsunfähig. Teilweise tritt in diesen Berufsgruppen eine mehrfach erhöhte Anzahl von AU-Fällen gegenüber der Vergleichsgruppe der qualifizierten kaufmännischen und Verwaltungsberufe auf. Die höchsten Werte wer-den für Rückenschmerzen in gering qualifizierten manuellen Berufen, bezogen auf die Vergleichsgruppe, gesehen (SMR: Männer 2,45 und Frauen 2,31). Bei Stratifikation nach dem Lebensalter (in 10-Jahres-Strata) sind Variationen der Effekte über das Alter für alle Altersklassen ab 25 Jahren mit Maxima in den Altersklassen zwischen 25 und 44 Jahren nachweisbar. Die Annäherung an die Vergleichsgruppe im höheren Alter kann durch einen Healthy-Worker-Effekt erklärt werden. Schlussfolgerung In Zukunft sind mehr ältere Erwerbstätige und somit mehr AU-Fälle zu erwarten. Da die Unterschiede zwischen den Berufsgruppen schon im jüngeren Alter zu sehen sind, ist eine primäre und sekundäre Prävention von HKE und MSE in allen Altersklassen dringend zu empfehlen. Dies gilt auch im beruflichen Setting wobei Beschäftigte in manuellen sowie in gering qualifizierten Berufen besonders beachtet werden sollten.
Aim/Background Cardiovascular diseases as well as musculoskeletal diseases are responsible for a large part of morbidity in the population, the former also for mortality. In the working population, these diseases often lead to sick leave. Sick leave depends on the occupa-tional activity and the associated workload. This study aims to clarify whether occupa-tional specific differences in the incidence of sick leave due to specific codes vary de-pending on age. For this, acute and chronic diseases (ICD-10 codes) were selected: essential (primary) hypertension (I10), acute myocardial infarction (I21), varicose veins of lower extremities (I83), osteoarthritis of knee (M17) and dorsalgia (M54). Methodology The study is based on a secondary data analysis of sick leave data from most of all statutory health insurance providers in Germany in 2008. This data base consists of sex-stratified aggregated data of 26.2 million compulsorily insured working persons (13.5 million men and 12.7 million women). The number of sick leave events stratified by sex and age were calculated based on ICD codes I10, I21, I83, M17 and M54. The assignment to the occupational groups according to Blossfeld (1985) was used as ex-posure variable. Indirectly standardized morbidity ratios for the events of sick leave stratified by sex (male, female) and age (five age groups) with 99.99 % confidence in-tervals were estimated. Results The frequency of sick leave events increases with age in all diseases examined. Em-ployees of both sexes in qualified and low-skilled manual jobs as well as low-skilled service jobs are particularly often unable to work due to cardiovascular and musculo-skeletal diseases. In these three occupational groups there is often a multiple increase in the number of sick leave cases in relation to the comparison group (qualified com-mercial and administrative professions). The highest values are observed for back pain in low-skilled manual jobs related to the comparison group (SMR: men 2.45 and wom-en 2.31). With stratification according to age (in 10-year strata) for all age groups from 25 years on, variations in the effects over age can be demonstrated. The maximum ef-fects are in the age groups between 25 and 44 years. The convergence in old age can be explained by healthy worker effect. Discussion/Conclusion As workers in general can be expected to be older in the future, primary and secondary prevention of cardiovascular and musculoskeletal diseases in all age groups is strongly recommended. This also applies to the occupational setting, whereby special attention to employees in manual as well as low-skilled jobs should be paid.