Grundlagen: Sowohl eine chronische, persistierende als auch eine akute, transiente zerebrale Hypoperfusion bzw. (Mikro-) Thrombembolisation kann zu kognitiven Defiziten führen. Nach Karotis-TEA bei extrakranieller Karotisstenose wird einerseits eine langfristige Verbesserung der kognitiven Funktionen durch die postoperativ verbesserte zerebrale Hirndurchblutung und den verminderten Embolismus vermutet, andererseits können postoperative kognitive Defizite durch intraoperative ischämische Komplikationen wie Hypoperfusion („clamping-ischemia“) oder vermehrter (Mikro-) Embolien beim operationstechnischen Vorgehen verursacht werden. Das Auftreten postoperativer kognitiver Defizite wird bei bis zu 28% der Patienten vermutet. Die intraoperative Ableitung somatosensorisch evozierter Potentiale nach Stimulation des Nervus medianus (Medianus-SSEP) hat einen gesicherten Stellenwert in der intraoperativen Diagnostik einer zerebralen Ischämie und ist ein zuverlässiger Indikator für die Anwendung hirnprotektiver Maßnahmen wie die Einlage eines intraluminalen Shunts. Eine Reduktion der Amplitude des N20/P25-Komplexes um mindestens 50% bezüglich der Ausgangsmessungen vor Abklemmung der A. carotis interna (ACI) ist der am häufigsten angewandte Schwellenwert hinsichtlich der Anwendung eines intraluminalen Shunts. Neuere Untersuchungen zeigen jedoch, dass eine kritische zerebrale Minderperfusionen bereits bei N20/P25-Amplitudenreduktionen von 20 - 50% auftreten können. In diesem Zusammenhang ist das Auftreten postoperativer kognitiver Störungen, die als sensitivere Indikatoren für eine intraoperative zerebrale Minderperfusion gelten als postoperative neurologische (sensomotorische) Defizite und deren Assoziation mit intraoperativen SSEP-Alterationen nicht untersucht und erstmals Gegenstand der vorliegenden prospektiven, kontrollierten Studie. Hypothese: Das Auftreten 20 - 50%iger Amplitudenreduktionen des N20/P25-Komplexes (Medianus-SSEP) während der Abklemmung der ACI im Rahmen der Karotis-TEA ist mit postoperativen Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit assoziiert. Nebenhypothese: Im Langzeitverlauf (12 - 16 Wochen) nach Karotis-TEA verbessert sich die kognitive Leistungsfähigkeit. Material und Methoden: Prospektiv wurden 36 Patienten, die sich einer elektiven Karotis-TEA in Allgemeinanästhesie bei asymptomatischer oder symptomatischer hochgradiger (>70%iger) Karotisstenose unterzogen, untersucht. Bei zwei Patienten konnten intraoperativ keine SSEP abgeleitet werden und wurden daher von der Studie ausgeschlossen. Als Kontrollgruppe wurden konsekutiv 20 Patienten, die sich einem elektiven ophthalmochirurgischen Eingriff in Allgemeinanästhesie unterzogen, prospektiv untersucht. Zeitpunkte der neuropsychologischen Testung waren der Tag vor der Operation (P1), der zweite postoperative Tag (P2) sowie 12 - 16 Wochen nach der Operation (P3). Ergebnisse: Bei 13 von 34 Patienten (38%), die sich einer Karotis-TEA unterzogen, konnten während der Abklemmung der ACI 20 - 50%ige Reduktionen des N20/P25-Komplexes festgestellt werden (Gruppe 1). Globale kognitive Veränderungen bei diesen Patienten im Vergleich zu Patienten ohne SSEP- Veränderungen (Gruppe 2) und Patienten der Kontrollgruppe (Gruppe 3) konnten sowohl am zweiten postoperativen Tag (P2) als auch 12 - 16 Wochen nach der Operation (P3) nicht festgestellt werden. Es ergaben sich jedoch Hinweise, dass Patienten nach Karotis-TEA, und dabei vermehrt diejenigen mit moderaten Amplitudenreduktionen (Gruppe 1), im Vergleich zur Kontrollgruppe Störungen der Exekutivfunktionen aufweisen. In der frühen postoperativen neuropsychologischen Testung (P2) zeigten sich diese als Defizite der exekutiven Aufmerksamkeit (Stroop-Test, Levine-Attention-Test), im Langzeitverlauf (P3) als Defizite in Tests, die verbale exekutive Funktionen (Verbal Fluency-Test) und die flüssige Intelligenz (LPS-50+(3)) evaluieren. Die Patienten der Gruppe 1 wiesen jedoch eine höhere Inzidenz von Diabetes mellitus, KHK, pAVK und Z.n. Schlaganfall auf und die Karotis-TEA dauerte länger als die Vitrektomien der Kontrollgruppe. Diese Faktoren können die postoperative kognitive Leistungsfähigkeit allgemein i. S. eines POCD (unabhängig von einer operationstechnisch bedingten Minderperfusion) reduzieren. Schlussfolgerung: Postoperative kognitive Defizite können die Rekonvaleszenz verlängern und damit das Operationsergebnis beeinflussen. Sollten bei Patienten mit erhöhtem zerebrovaskulären Risikoprofil moderate (20 - 50%ige) N20/P25-Amplitudenreduktionen während der Abklemmung der ACI auf eine abklemmbedingte zerebrale Minderperfusion hinweisen, könnte bei diesen Patienten einerseits die Indikationsstellung einer intraluminalen Shunteinlage zur Ischämieprävention reevaluiert werden, andererseits frühzeitig postoperativ rehabilitative neuropsychologische Therapieverfahren eingesetzt werden.
The effect of carotid endarterectomy (CEA) on cognitive functioning is controversial. A possible pathomechanism of a cognitive impairment after CEA is intraprocedural cerebral hypoperfusion due to cross-clamping the carotid artery ("cross-clamp ischemia"). Intraoperative somatosensory evoked potential (SSEP) monitoring is frequently used for the detection of cerebral ischemia in CEA. In this prospective, controlled study a 20-50% decrease in N20/P25 amplitude during cross-clamping of the carotid artery is associated with postoperative cognitive impairment.