Patienten mit erblich bedingter Synpolydactylie (SPD) entwickeln Skelettfehlbildungen, wie einen oder mehrere, zusätzliche Finger oder Zehen und deren Fusionierung. Eine Mutation in Hoxd13, die zur Verlängerung eines Polyalaninrepeats führt, verursacht SPD; wobei die Schwere des entstehenden Phänotyps mit der Länge der Expansion korreliert ist. Hoxd13 gehört zur Familie der hoch konservierten Hox-Gene; Transkriptionsfaktoren, die während der embryonalen Entwicklung eine essentielle Rolle in der Achsenbildung spielen. In dieser Arbeit wurde das spontan entstandene Mausmodell spdh (synpolydactyly homolog) untersucht, um den Pathomechanismus der Hoxd13-assoziierten SPD aufzuklären. Spdh Tiere tragen eine Verlängerung um sieben zusätzliche Alanine in Hoxd13 und weisen einen SPD ähnlichen Phänotyp mit zusätzlichen Fingern und Zehen, deren Fusionierung, sowie defiziente Gelenkentwicklung und einen Verknöcherungsdefekt auf. Transgene Tiere und verschiedene Verkreuzungsexperimente lieferten Hinweise darauf, dass die Mutation in Hoxd13 eine Kombination aus Funktionsverlust und negativem Funktionsgewinn nach sich zieht, zumal auch Tiere mit inaktiviertem Hoxd13 keine SPD entwickeln. Zum einen ist es mit dieser Arbeit gelungen, Anhaltspunkte dafür zu finden, dass in spdh Tieren das Perichondrium als wesentlicher Signalgeber während der Ossifikation verloren geht, die verzögerte Verknöcherung nicht endochondral verläuft, und es sich hierbei um eine homeotische Transformation der Mittelhandknochen zu Handwurzelknochen handelt. Diese Effekte kommen vermutlich durch den Einfluss von mutiertem Hoxd13 auf Hoxa13 zustande. Zum anderen wird der Pathomechanismus aufgeklärt, der zu zusätzlichen, fusionierten Kondensationen führt. Mangelhafte BMP- Aktivierung und falsch regulierte Ephrin-vermittelte Signalübertragung führen zu mangelnder Apoptose und unausreichender Zell-Zellabgrenzung. Dies könnte für die Fusionierungen der chondrogenen Anlagen verantwortlich gemacht werden. Ausschlaggebend für die zusätzlichen Kondensationen ist der gestörte Retinsäuresignalweg. Hier wird gezeigt, dass Hoxd13 wt direkt an den Raldh2 Promotor binden und diesen aktivieren kann. Raldh2 ist das einzige Enzym, das in der entstehenden Extremitätenknospe Retinsäure (RA) produziert, die wiederum im interdigitalen Mesenchym die Chondrogenese unterdrückt. In spdh Tieren wird zuwenig Raldh2 aktiviert, daher zuwenig RA produziert; die Chondrogenese im interdigitalen Mesenchym wird nicht ausreichend unterdrückt und die Zellen dort erhalten falsche Differenzierungssignale. Die ungenügende RA-Konzentration konnte substituiert werden und behandelte Tiere entwickelten in allen Fällen fünf Finger. So konnte ein erblich bedingter Entwicklungsdefekt behoben werden. Daher wird hier ein neuer Pathomechanismus für Polydactylie vorgeschlagen, der im Gegensatz zu den bisher bekannten Mechanismen kein Defekt in der Musterbildung ist, sondern dem ein Prozess der unkontrollierten Differenzierung zugrunde liegt.
Patients with inherited synpolydactyly (SPD) show limb malformations characterized by one ore more additional digits and toes and fusions of those. A mutation within Hoxd13 comprising an expansion of a polyalanine repeat is the cause for SPD. The length of the expansion is correlated to the severity of the phenotype. Hoxd13 belongs to the hox-gene family, transcription factors which play a crucial role in axis formation during embryonic development. In this work the mutant mouse model spdh (synpolydactyly homolog) was analyzed to elucidate the underlying pathomechanism of Hoxd13 associated SPD. Spdh animals carry an expansion of seven additional alanines and exhibit an SPD like phenotype with additional digits and toes, fusions, abnormal joint formation and a severe ossification delay. Transgenic approaches as well as crossbreeding studies revealed that the mutation in Hoxd13 results in a combination of loss and gain of function, particularly because animals with inactivated Hoxd13 do not display an SPD phenotype. On the one hand this work provides evidence, that in spdh animals the perichondrium, as essential cell layer, for ossification, is absent. Ossification is delayed and does not take place in an endochondral manner. This results in a homeotic transformation of metacarpals to carpal bones. These effects are likely due to an influence of mutated Hoxd13 on Hoxa13. On the other hand the pathomechanism leading to additional condensations was elucidated. BMP- and Ephrin-signaling pathways were shown to be altered. This contributes to deficient differentiation and lacking apoptosis as well as insufficient border formation, between the cartilaginous and non-cartilaginous tissue. This contributes to the fusion of condensations. Crucial for additional condensations is the deregulation of the retinoic acid (RA) signaling pathway. Here we show that Hoxd13 wt is able to bind directly to and to activate the Raldh2 promoter. Raldh2 is the unique enzyme in the developing limb bud which produces RA, which in turn suppresses chondrogenesis in the interdigital mesenchyme. In spdh mutants less Raldh2 is activated, resulting in reduced RA levels in the limbs. Due to reduced RA levels chondrogenesis is not inhibited properly and cells obtain wrong differentiation signals in the interdigital mesenchyme. Insufficient RA levels were restored by oral administration of RA to pregnant mice. Treated animals sowed five digits in all cases. Thus, the SPD phenotype was partially rescued. In conclusion a new pathomechanism for polydactyly was characterized, which is, in contrast to known mechanisms, not a patterning defect like mirror duplications, but rather a result of irregular uncontrolled processes of differentiation within the interdigital mesenchyme.