Einleitung: Trotz der hohen Prävalenz von Patient:innen mit psychogenen nicht-epileptischen Anfällen (PNEA, engl. PNES) in Epilepsiezentren und Rettungsstellen ist die Ätiopathogenese dieses Krankheitsbildes, welches zu den funktionellen neurologischen Störungen gezählt wird, ungeklärt. Aktuelle Studienergebnisse deuten auf eine multifaktorielle Genese, inklusive Veränderungen im Bereich der Exekutivfunktionen und Aufmerksamkeit, hin. Ziel dieser Studie war die Exekutivfunktion und Aufmerksamkeit von Patient:innen mit PNES zu untersuchen und den möglichen Einfluss von Psychopathologie und frühen traumatischen Erlebnissen auf die neurokognitiven Testergebnisse zu analysieren.
Methoden: Es wurden 40 Patient:innen mit PNES und 40 in Alter, Geschlecht und Bildung gepaarte gesunde Kontrollprobanden als Kontrollgruppe (KG) in die Studie eingeschlossen. Die Erhebungen der Psychopathologie und der frühen traumatischen Erlebnisse erfolgte mittels der deutschen Versionen der SelbstbeurteilungsfragebögenChildhood Trauma Questionnaire (CTQ), Patient Health Questionnaire (PHQ) und Dissociative Experience Scale (DES). Die Testung der Exekutivfunktionen und der Aufmerksamkeit erfolgte mit dem Trail Making Test (TMT), des Digit Span Test (DST) und des Attention Network Test (ANT).
Ergebnisse: Die Patienten:innen mit PNES erzielten im Vergleich zur KG signifikant höhere Werte in den Selbstbeurteilungsfragebögen zur Psychopathologie und zu frühen traumatischen Erlebnissen. Außerdem schnitten die Patient:innen mit PNES im Digit Span Test Forward (DSF) (d=0.62), Digit Span Test Backward (DSB) (d=0.62) und TMT (d=0.67), jedoch nicht im ANT, signifikant schlechter ab als die KG. Weiterhin zeigte sich bei den Patient:innen mit PNES eine positive Korrelation zwischen den CTQ Ergebnissen und den Ergebnissen von TMT und DSB. Nach Korrektur für den CTQ stellt sich der Gruppenunterschied abgeschwächt dar. Die Ergebnisse der Fragebögen zu Depression und Dissoziation zeigten keinen signifikanten Einfluss auf die kognitiven Testergebnisse.
Schlussfolgerung: Diese Ergebnisse tragen zum Nachweis von Beeinträchtigungen der Exekutivfunktion bei Patient:innen mit PNES bei. Darüber hinaus scheinen der Einfluss von frühen traumatischen Erlebnissen, jedoch nicht von Dissoziation oder Depression, die Gruppenunterschiede zwischen Patient:innen mit PNES und der KG zu beeinflussen.
Introduction: Despite high prevalence of patients with psychogenic non-epileptic seizures (PNES) in specialized epilepsy centers and emergency rooms the neural underpinnings of this condition remain unknown. PNES are considered a functional neurological disease and recent findings point towards a multifactorial genesis with potential alterations in executive functions and attention. This study aimed to extend the current knowledge of attention and executive function in PNES and to assess possible relationships between seizures and dissociation, childhood trauma, and cognitive function.
Methods: We included 40 patients with PNES and 40 age, sex and gender matched healthy controls (HC) in this study. Psychopathology and childhood trauma was assessed with German versions of the Childhood Trauma Questionnaire (CTQ), Patient Health Questionnaire (PHQ), and Dissociative Experience scale (DES). Executive functions and attention were assessed with the Trail-Making Test (TMT), Digit Span Test (DST) and Attention Network Task (ANT).
Results: Compared to HCs, patients with PNES reported significantly higher levels of childhood trauma, depression and dissociation. PNES were further associated with reduced performance indices for DS forward (d=0.62), DS backward (d=0.62) and TMT (d=0.67) but not ANT. Additionally, CTQ scores positively correlated with TMT and DSB performance. Adjusting for CTQ scores attenuated the observed group difference in TMT performance. Depression and dissociation did not explain the observed findings.
Conclusion: These findings add to the evidence for impaired executive functions in patients with PNES. Moreover, childhood trauma severity, but not dissociation or depression seem to drive group differences between patients with PNES and HC.