In its original version, Criteria-Based Content Analysis (CBCA) comprises a systematic set of 19 content criteria that are expected to occur more frequently or stronger in experience-based than fabricated statements. This Thesis was designed to address frequently criticized aspects of CBCA, namely the poor theoretical footing behind the compilation of criteria in substantiating truthfulness and the absence of a weighting system to sort the individual criteria in relation to their diagnostic value. Referring to the notion that creative and strategic demands are the driving forces behind the differences in statement quality between false and true reports, study I experimentally manipulated the presence of these two demands to examine the effects on participants’ (N = 30) CBCA sum scores. Other than expected, the pairing of creative and strategic demands yielded fabricated statements with higher CBCA sum scores than observed from any of the other experimental conditions. Possibly then, participants may be able to produce fabricated statements in much higher quality than commonly assumed. Future investigations that provide a more objective point of reference for the comparison of scores are needed, however, before more definite conclusions can be drawn. The subsequent two studies tested whether the three-dimensional structure of the revised CBCA model of Volbert and Steller (2014) would contain criteria that within each set yielded comparable motivational (study II) and cognitive (study III) properties. Pertaining to a fictitious scenario, study II examined how laypersons (N = 135) assess the strategic meaning of the criteria when deceiving. Overall, participants were inclined to produce memory-related criteria (set 1) but tended to avoid script-deviant (set 2) and strategy-based (set 3) criteria. The findings thus supported the suitability of the revised model in representing motivational - and diagnostically relevant - differences between the criteria. Study III tested to what degree coaching enabled participants (N = 60) to simulate script-deviant or strategy-based criteria when reporting. If compared to a control group of uninformed participants, coaching participants had no effects on the CBCA sum scores of their fabricated statements, suggesting that both script-deviant and strategy-based criteria are cognitively difficult to simulate. In turn, implementing coaching-restricted scale scores yielded tentative, but not conclusive evidence for strategy-based criteria being easier to integrate into false statements than script-deviant criteria. In summary, study II provided clearly interpretable as well as practically valuable results about the motivational properties of the criteria sets, whereas the in part counterintuitive (study I) or somewhat ambiguous (study III) findings from the other two studies call for further investigations to elucidate.
Der Katalog der merkmalsorientierte Inhaltsanalyse enthält in seiner originären Fassung 19 sogenannte Realkennzeichen, anhand derer der Wahrheitsgehalt von Zeugenaussagen substantiiert werden kann. Den Realkennzeichen liegt die Annahme zu Grunde, dass diese in erlebnisbasierten Aussagen quantitativ oder qualitativ stärker auftreten als in erfundenen Aussagen. Die vorliegende Dissertationsarbeit zielt darauf ab, in der Forschungsliteratur häufig kritisierte Aspekte der merkmalsorientierten Inhaltsanalyse zu adressieren, verbunden mit der Hoffnung, so praxisrelevante Implikationen zu gewinnen. Konkret beziehen sich die als Schwachstellen der merkmalsorientierten Inhaltsanalyse identifizierten Aspekte auf die mangelnde theoretische Fundierung der Realkennzeichen zur Bestimmung des Wahrheitsgehalts und auf das Fehlen einer systematisierten Gewichtungsstruktur, um die Realkennzeichen nach ihrer individuellen diagnostischen Bedeutsamkeit zu sortieren. Insgesamt setzt sich die vorliegende Arbeit aus drei unterschiedlichen Erhebungsstudien zusammen. Studie I wurde entwickelt, die Stichhaltigkeit der theoriegeleiteten Annahme, zwischen wahren und erfundenen Aussagen auftretende Qualitätsunterschiede seien vor allem auf kreative und strategische Prozessanforderungen zurückzuführen, näher zu eruieren. In einem Experiment wurde daher das Vorliegen der beiden Anforderungen systematisch manipuliert, um die Auswirkungen auf die inhaltliche Qualität (gemessen anhand von über die einzelnen Realkennzeichen hinweg gebildeten Summenwerte) der von den Probanden (N = 30) vorgebrachten Zeugenaussagen zu prüfen. Nach den Angaben der Probanden erhöhten zwar sowohl kreative als auch strategische Anforderungen die wahrgenommene kognitive Beanspruchung; anders als erwartet führte das zeitgleiche Evozieren der beiden Anforderungen bei erfundenen Aussagen aber zu einer höheren statt geringeren Aussagequalität. Der überraschende Befund legt nahe, dass Probanden unter bestimmten Umständen trotz erhöhter kognitiver Beanspruchung in der Lage sind, erfundene Aussagen in weitaus höherer als gemeinhin angenommen Qualität zu produzieren. Allerdings scheinen weitere Untersuchungen angezeigt, da auf Grund methodischer Einschränkungen ein reines Vergleichen der Summenwerte zwischen den in Studie I vorliegenden Experimentalbedingungen keinen „objektiven“ Aufschluss über die tatsächliche Güte der erzielten Aussagequalität liefern kann. Die beiden weiteren Erhebungsstudien gründen sich auf einen von Volbert und Steller (2014) überarbeiteten Merkmalskatalog. Dieser ähnelt der originären Fassung hinsichtlich der enthaltenen Realkennzeichen weitestgehend, fasst die Inhaltsmerkmale aber anhand theoriegeleiteter bzw. prozessbezogener Überlegungen in die drei Merkmalsgruppen episodische Erinnerung (Gruppe 1), Schemaabweichung (Gruppe 2) und fehlende strategische Selbstpräsentation (Gruppe 3) zusammen. Auf Grundlage dieser Strukturierung sollte untersucht werden, inwieweit die motivationalen (Studie II) und kognitiven (Studie III) Eigenschaften der Merkmale innerhalb der Gruppen homogen ausfallen. Studie II setzte den – in der Aussagepsychologie nicht geschulten – Probanden (N = 135) ein fiktives Fallszenario vor, um auf diese Weise zu untersuchen, welche strategische Bedeutung den Inhaltsmerkmalen im Täuschungskontext zugeschrieben wird. Insgesamt zeigte sich, dass die Merkmale der episodischen Erinnerung überwiegend als positiv bzw. täuschungsförderlich bewertet wurden, während die Merkmale aus den beiden anderen Gruppen bis auf wenige Ausnahmen als negativ bzw. täuschungshinderlich eingeschätzt wurden. Somit erlaubt die überarbeitete Merkmalsstrukturierung, auf motivationaler Ebene für jede der Merkmalsgruppen diagnostisch bedeutsame Erwartungen hinsichtlich ihrer Auftretenswahrscheinlichkeit zu formulieren: Nur die der Gruppe episodische Erinnerung zugeordneten Merkmale wären demnach grundsätzlich auch in einer Falschaussage zu erwarten; folglich sind diese den Merkmalen aus den beiden anderen Gruppen (Schemaabweichung bzw. fehlenden strategischen Selbstpräsentation) diagnostisch unterlegen. Studie III schließlich adressierte in Hinblick auf das Produzieren der Merkmale nicht die Frage des Wollens (motivationale Ebene), sondern die Frage des Könnens (kognitive Ebene). Ein Teil der Probanden wurde daher über die positive bzw. täuschungsförderliche Bedeutung der Merkmale aus den Gruppen der Schemaabweichung oder der fehlenden strategischen Selbstpräsentation aufgeklärt. Anschließend wurde untersucht, inwieweit die Probanden (N = 60) in der Lage waren, die aufgeklärten Merkmale in ihre Aussagen zu integrieren. Im Vergleich zu den erfundenen Aussagen der aus unaufgeklärten Probanden bestehenden Kontrollgruppe ließen sich keine Effekte auf die Realkennzeichen-Summenwerte feststellen, unabhängig davon, ob über Merkmale der Schemaabweichung oder über Merkmale der fehlenden strategischen Selbstpräsentation aufgeklärt wurde. Wurde die Aussagequalität hingegen anhand aufklärungsbezogener Skalenwerte (statt der Summenwerte) gemessen, so deuteten die Ergebnisse in Teilen auf eine möglicherweise leichtere Simulierbarkeit der letztgenannten Merkmalsgruppe hin. Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass durch die vorliegende Arbeit eindeutige und diagnostisch wertvolle Erkenntnisse über die motivationalen Eigenschaften der einzelnen Realkennzeichen bzw. der übergeordneten Merkmalsgruppen gewonnen wurden (Studie II). Die Untersuchung von den Täuschungsbemühungen mutmaßlich unterliegenden Prozessanforderungen (Studie I) sowie die Prüfung der kognitiven Eigenschaften der Merkmalsgruppen (Studie III) lieferte erste und teils vielversprechende Ergebnisse, die jedoch der weiteren Abklärung im Rahmen zukünftiger Studien bedürfen.