Die intrazerebrale Blutung ist der Subtyp des Schlaganfalls mit der höchsten Mortalität und eine Verbesserung der Behandlungsoptionen ist dringend erforderlich. Mit dieser Arbeit soll ein Beitrag geleistet werden, um die Pathophysiologie der Blutungsexpansion besser zu verstehen und neue Behandlungsansätze im Falle einer intrazerebralen Blutung, insbesondere unter Antikoagulation, zu untersuchen. Es wurde ein neues experimentelles Mausmodell entwickelt um den Mechanismus des Blutungswachstums besser zu verstehen. Hierbei konnte zum ersten Mal Fishers „Avalanche-Theorie“ bestätigt und die Gesetzmäßigkeiten dahinter näher beleuchtet werden. Neben rein mechanischen Gesichtspunkten wurde dabei auch der Einfluss von Antikoagulation und Blutdruck in einer spezifischen Phase des Blutungswachstums, nämlich nach sekundär mechanischem Zerreißen von zerebralen Blutgefäßen, untersucht. Der Einfluss der Blutdruckhöhe auf die Blutungsexpansion vor dem Hintergrund einer Antikoagulation mit Warfarin wurde von uns auch in einer klinischen Studie an 69 antikoagulierten Patienten und 69 nicht antikoagulierten Kontrollpatienten, retrospektiv untersucht. Im Gegensatz zu einzelnen anderen Publikationen fanden wir keinen Zusammenhang zwischen dem Blutdruck in den ersten 24 Stunden und der Blutungsexpansion. Möglicherweise hat die Blutdruckhöhe in den verschiedenen Phasen der Blutungsexpansion unterschiedliche Auswirkungen was diskrepante Ergebnisse zu anderen Gruppen erklären mag. In einer weiteren Arbeit wurde anhand der Daten einer großen randomisierten klinischen Studie (ATACH-2 umfasste 1000 Patienten) mit einer im Voraus geplanten Subgruppenanalyse untersucht, ob eine Erkrankung der kleinen zerebralen Gefäße, welche ihren Ausdruck in zerebralen Mikroblutungen findet, assoziiert ist mit einem erhöhten Risiko der Blutungsexpansion. Während sich eine hohe Prävalenz zerebraler Mikroblutungen bei intrazerebralen Blutungen zeigte, konnte kein erhöhtes Risiko für Blutungsexpansion festgestellt werden. Mit der Zulassung von neuen oralen Antikoagulantien stellte sich die Frage nach deren Sicherheitsprofil. Experimentell konnten wir in zwei unterschiedlichen Mausmodellen (Collagenase-Modell, Lasermodell kortikaler Mikroblutungen) als erste einen Sicherheitsvorteil des direkten Thrombininhibitors Dabigatran im Vergleich zu einer herkömmlichen Antikoagulation mit dem Vitamin-K-Antagonisten Warfarin im Hinblick auf Blutungsgröße der intrazerebralen Blutung feststellen. Neben direkten praktischen Implikationen, wirft diese Arbeit auch ein Licht auf die Wichtigkeit und Komplexität der Gerinnungskaskade im Hinblick auf Blutungsexpansion. Diese Zusammenhänge untersuchten wir auch noch einmal eingehender, indem wir das etablierte Collagenase-Modell der intrazerebralen Blutung mit moderner kontrastmittelgestützter Dual-Energy Computertomographie verbanden und so experimentell zeigen konnten, dass Blutungen unter Dabigatran früher sistieren als unter Warfarin. Dieser Effekt konnte mit der Gabe von Prothrombinkomplex-Konzentrat bei Blutungen unter Warfarin aufgehoben werden. Die Effektivität von Prothrombinkomplex-Konzentrat im Hinblick auf eine Begrenzung des Blutungswachstums im Falle einer intrazerebralen Blutung konnten wir noch in einer weiteren Arbeit experimentell bestätigen. Zusätzlich gelang es uns darzulegen, dass rFVIIa äquivalent effektiv in der Lage ist, die Gerinnung rasch zu normalisieren und Blutungsexpansion zu verhindern. In einer letzten Arbeit setzten wir den Fokus auf die Behandlung von Sekundärschäden wie Blut-Hirn-Schrankenstörung und Hirnödem nach experimenteller intrazerebraler Blutung. Das immunmodulatorisch wirksame Medikament Fingolimod (FTY720) zeigte sich hier, anders als in einigen experimentellen Arbeiten zum ischämischen Schlaganfall, nicht neuroprotektiv wirksam. Zusammenfassend hat sich in den vergangenen Jahren die Forschung zur intrazerebralen Blutung intensiviert. Durch den technischen Fortschritt werden wir in Zukunft immer schneller zum Patienten und zur Diagnose gelangen. Damit sind wir vielleicht schon in absehbarer Zeit in der Lage, den Patienten in der mutmaßlich vulnerabelsten Phase seiner Erkrankung zu behandeln. Weitere Forschung ist notwendig, um die Pathophysiologie der intrazerebralen Blutung im Detail zu verstehen, Diagnosealgorithmen zu verbessern und Behandlungsoptionen, insbesondere zur Hämostase zu entwickeln.