Migration ist ein globales Phänomen und führt zu Fragen zur Integration von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund in das bestehende Schulsystem. Ziel des Bildungssystems sollte es sein, allen Schülerinnen und Schülern Bildung nach ihren Begabungen und Befähigungen zu ermöglichen, und dies unabhängig von ihrer Herkunft. Aus diesem Umstand heraus wurde in drei Artikeln mehreren Fragekomplexen nachgegangen. Da Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund im Spannungsfeld zwischen Aufnahme- und Herkunftsgesellschaft leben, ist von Interesse, wie soziale Anpassungsprozesse vor sich gehen und welche Auswirkungen daraus resultieren. Deshalb wurde im ersten Artikel gefragt, welche Muster der Akkulturationsorientierung (Berry, 1997) innerhalb Deutschlands bei Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund in der 9. Jahrgangsstufe vorliegen. Um dies aufzuzeigen, wurden unter Verwendung von Latenten Profilanalysen (LPA) Akkulturationsprofile geschätzt. Auf diese Vorarbeit aufbauend wurde der Frage nachgegangen, inwieweit die relativen Chancen auf einen bestimmten angestrebten Schulabschluss in Zusammenhang mit den vorgefundenen Akkulturationsprofilen stehen. Zudem wurde im zweiten Artikel der Frage nachgegangen, ob ein Zusammenhang der Lesekompetenz mit den geschätzten Akkulturationsprofilen besteht. Im dritten Artikel wurde nach dem Zusammenhang zwischen der Entwicklung der Lesekompetenz und dem jeweiligen Akkulturationsprofil gefragt. In der Studie Acculturation as an effective mechanism on immigrant students’ academic achievement and well-being. An analysis of data of the National Educational Panel Study wurden diese Fragen mithilfe der Startkohorte 4 (SC 4) des Nationalen Bildungspanels (NEPS) bearbeitet. Neben der LPA wurden zur Bearbeitung der weiteren Forschungsfragen statistische Verfahren der logistischen sowie der hierarchischen linearen Regression verwendet. Die im dritten Artikel aufgestellten Hypothesen in Bezug auf die Entwicklung der Lesekompetenz über mehrere Messzeitpunkte wurden mit latenten Wachstumskurvenmodellen geschätzt. Im ersten Artikel wurden bei der Identifizierung der Akkulturationsprofile der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund vier Akkulturationsprofile (assimiliert, integriert, separiert und indifferent) vorgefunden. Zudem konnte gezeigt werden, dass sich das Akkulturationsprofil Separation ungünstig auf die Chance zum Erreichen eines angestrebten Abiturs auswirkt. Bei der Frage nach dem Zusammenhang von Lesekompetenz und dem Akkulturationsprofil auf der individuellen sowie auf der Ebene der Klasse konnte gezeigt werden, dass auf der individuellen Ebene vor allem Schülerinnen und Schüler mit separiertem oder indifferentem Akkulturationsprofil nied-rigere Kompetenzen im Lesen aufweisen. Auf der Ebene der Klassen erwies sich, dass mit steigendem Anteil von Schülerinnen und Schülern mit separiertem Profil die Lesekompetenz abnimmt. Dies konnte allerdings bei Hinzunahme weiterer Prädiktoren nicht mehr gegen den Zufall abgesichert werden. Im dritten Artikel wurden die Entwicklung der Lesekompetenz und der Zusammenhang mit dem individuellen Akkulturationsprofil untersucht. Es zeigte sich, dass Schülerinnen und Schüler mit einem integrierten, separierten oder indifferenten Profil niedrigere Lesekompetenzen aufweisen als ihre Peers ohne Migrationshintergrund. Erstaunlich ist der Befund im Hinblick auf die Entwicklung der Lesekompetenz der Schülerinnen und Schüler mit separiertem Akkulturationsprofil. Hier zeigte sich, dass diese Gruppe von Schülerinnen und Schülern über die Messzeitpunkte den stärksten Zuwachs an Lesekompetenz aufweist. Die hier aufgezeigten Ergebnisse können die früher vorgefundenen Forschungsresultate für Deutschland nur eingeschränkt bestätigen. Sowohl die inhaltliche Ausgestaltung der Akkulturationsori-entierung nach Berry (1997) als auch die Interpretation des Zusammenspiels von schulischen Belangen und bestimmten Akkulturationsorientierungen können nur bedingt für Deutschland repliziert werden. Die Forschungsergebnisse dieser Arbeit bieten die Möglichkeit, die Diskussion über den Zusammenhang des Migrationshintergrundes mit den Leistungen im schulischen Kontext mit einer neuen Facette zu bereichern. Zukünftige Forschung sollte deshalb verstärkt auf die Verwendung der Akkulturationsprofile setzen, um ein umfänglicheres Bild über die komplexen Zusammenhänge des Akkulturationsgeschehens und der Bildungspartizipation zu erhalten.