Hintergrund: Patientinnen mit Anorexia nervosa (AN) zeigen häufig eine gesteigerte körperliche Aktivität, die auf die Manifestation und den Verlauf der Erkrankung einwirkt. Verschiedene mögliche Einflussfaktoren werden diskutiert und müssen über eine objektive Erfassung der veränderten körperlichen Aktivität von Patienten mit AN untersucht werden. Weiterhin ist eine weitergehende quantitative Einschätzung des Einflusses der erhöhten Aktivität auf den Behandlungserfolg notwendig. Zielsetzung: Objektive Erfassung der Aktivität von Patienten mit AN zur Charakterisierung von Bewegungsmustern und Identifizierung klinischer, psychopathologischer und endogener Faktoren, welche die Variabilität der körperlichen Aktivität beeinflussen. Methoden: Die körperliche Aktivität von insgesamt 60 stationären Patientinnen (21 Jugendliche, 39 Erwachsene auf jeweils eigenen Stationen) wurde über ein Akzelerometer erfasst, sodass neben der Schrittzahl auch die Aktivität in vier unterschiedlichen Intensitäten detektiert wurde. Die Einteilung erfolgte anhand von Grenzwerten der Metabolischen Äquivalente (MET) in sitzende Tätigkeit (1,1-1,8 MET), leichte (1,9-3 MET), moderate (3 – 6 MET), und hohe (>6 MET) Intensität. Zum Zeitpunkt der stationären Aufnahme wurden Body Mass Index (BMI), Körperfettmasse (per Bioimpedanzanalyse), Nahrungszusammensetzung (per dreitägigem Ernährungsprotokoll) und psychopathologische Faktoren wie Komorbiditäten, Zwanghaftigkeit oder Schwere der Essstörungs-Symptomatik (per subjektiven Fragebögen) erfasst und in Zusammenhang mit der objektiv gemessenen Aktivität gebracht. Ergebnisse: Im Vergleich zu Jugendlichen mit AN zeigten erwachsene Patientinnen eine vergleichbare Schrittzahl (11695 vs. 8218, p=0,154), verbrachten mehr Zeit in moderater Aktivitätsintensität (143 vs. 76 min, p=0,007) und weniger im Sitzen (608 min vs. 712 min, p=0,007). Insgesamt wurde mit 1 (25. Perzentile 0 / 75. Perzentile 6) min/d kaum Zeit in hoher Intensität erfasst. Teilnehmerinnen mit mehr Zeit in leichter Intensität hatten einen numerisch geringeren BMI bei Aufnahme (ρ=0,328; p=0,058) und signifikant geringeren BMI bei Entlassung (ρ=-0,581; p=0,007). Zusammenhänge zwischen den Scores der psychometrischen Fragebögen und der gemessenen Bewegung waren auf Assoziationen zwischen Aktivität in hoher Intensität und Zwanghaftigkeit begrenzt. Jedoch war eine geringe Körperfettmasse in der Studienpopulation mit mehr Aktivität in leichter Intensität verbunden (ρ=0,433; p=0,007) und Patientinnen mit höheren Schrittzahlen zeigten eine geringere Aufnahme von Gesamtenergie (ρ=0,373; p=0,025) und Nahrungsfetten (ρ=-0,38; p=0,019). Schlussfolgerung: Es zeigten sich Unterschiede in der objektiv gemessenen Aktivität zwischen erwachsenen und jugendlichen Patientinnen mit AN. Entgegen der Hypothese konnte diese Studie keine linearen Zusammenhänge zwischen der erhobenen Psychopathologie und einer erhöhten objektiv erfassten Bewegung nachweisen. Stattdessen zeigten sich in den Ergebnissen vorrangig endogene Faktoren wie die Körperfettmasse und die Ernährungszusammensetzung als mögliche Einflussfaktoren veränderter körperlicher Aktivität bei AN. Weitere Forschungsprojekte sollten die Beziehung zwischen Aufnahme verschiedener Makronährstoffe und erhöhter Aktivität als potenziellen Faktor zur Aufrechterhaltung der Erkrankung fokussieren.
Background: Increased physical activity (PA) is a common phenomenon in subjects with anorexia nervosa (AN) and plays a role in the development and course of the disease. Different potential origins of altered PA have been discussed and need to be tested with objectively assessed data on PA in patients with AN. Additionally, the impact of PA on treatment outcomes needs to be further quantified. Objective: To objectively measure and to describe distinct patterns of PA in patients with AN, and to assess clinical, psychological and nutritional correlates of variability. Methods: Using a wearable accelerometer, we assessed PA in 60 females with AN across two treatment settings (21 adult and 39 adolescent inpatients). PA was assessed as step count and four different intensity levels, defined by time spent in defined metabolic equivalent (MET)-categories: sedentary behaviour (1,1-1,8 MET), light (1,9-3 MET), moderate (3 – 6 MET), and vigorous (>6 MET) PA. The association between PA and body mass index, body fat mass assessed by bioimpedance analysis, food intake assessed by 3-day food diary, and psychological parameters, such as comorbidities, compulsiveness or eating disorder severity assessed by patient-reported outcome questionnaires, was assessed at inpatient admission. Results: Compared with adolescents with AN, adults with AN presented with a comparable number of steps (11695 vs. 8218, p=0,154), but more moderate PA (143 vs. 76 min, p=0,007) and less sedentary behavior (608 min vs. 712 min, p=0,007). Within the entire study group, with 1 min (25th percentile 0/ 75th percentile 6), only very little vigorous PA was performed. Subjects who spent more time in light PA showed numerically lower BMI at admission (ρ=0.328; p=0,058) and significantly lower BMI at discharge (ρ=-0.581; p=0,007). Relationships between PA and patient-reported outcomes were weak and limited to an association between vigorous PA and compulsiveness. Low fat mass was associated with more time spent in light PA (ρ=0.433; p=0,007), while subjects presenting with more steps showed less intake of energy (ρ=-0.373; p=0,025) and fat (ρ=-0.38; p=0,019). Conclusion: PA differed between hospitalized adults and adolescents with AN. However, this study did not support the presence of simple and linear associations between the patient-reported psychological parameters assessed in this study and PA in AN. Instead, our results suggest that factors, such as reduced fat mass and energy intake, may play an important role in determining PA patterns. Further investigations should focus on the relationship between food intake and PA as a potential biological maintenance factor of the disease.