Die Protease Kex2 ist eine im Trans-Golgi-Netzwerk von Pilzen lokalisierte Subtilisin-ähnliche Endoprotease. Sie prozessiert im Transit befindliche Proteine an spezifischen Lysin-Arginin-Motive („KR“) schneidet und aktiviert jene auf diese Weise. Die biochemische Aktivität des Modellenzyms Kex2 aus Saccharomyces cerevisiae ist in der Literatur gut charakterisiert, dennoch sind über die beiden klassischen Substrate Killertoxin und α-Kreuzungspheromon hinaus nur wenige weitere bekannt. KEX2-Deletionsmutanten besitzen ein sehr pleiotropes Spektrum an Phänotypen, die auf eine allgemeine Schwächung der Zellwand- und Plasmamembranintegrität hinweisen. Bei den beiden humanpathogenen Pilzen Candida albicans und C. glabrata führt dies zu einer reduzierten Virulenz. Die Phänotypen der Mutanten lassen sich jedoch nicht durch einen fehlende Aktivierung der wenigen bekannten Substrate von Kex2 erklären. Ziel dieser Arbeit war es daher, die Prozessierung vermuteter Substraten zu verifizieren und neue Kex2-Substrate bei den humanpathogenen Hefen C. albicans und C. glabrata zu identifizieren, um so das breite Spektrum an Phänotypen von Kex2-defizienten Mutanten besser erklären zu können. Die in einem einzelnen Pilzgenom kodierten Proteine enthalten ca. 20.000 bis 25.000 Motive, die Kex2-Schnittstellen ähneln. Das Protein Kex2 ist in der Zelle allerdings in einem späten Kompartiment des Trans-Golgi-Netzwerks lokalisiert. Mit Hilfe eines in dieser Arbeit entwickelten Algorithmus zur subzellulären Lokalisationsvorhersage konnte die Anzahl an potentiellen Schnittstellen auf 214 Motive bei C. albicans und 163 in bei C. glabrata reduziert werden. Zur funktionellen Überprüfung der Schnittstellen in diesen Proteinen wurden zunächst sowohl die Kex2-Proteasen aus C. albicans und C. glabrata als auch zur Kontrolle die Kex2-Proteasen aus S. cerevisiae und der biotechnologisch relevanten Hefe Pichia pastoris rekombinant exprimiert und aufgereinigt. Im zweiten Schritt wurden dann 23 ebenfalls rekombinante potentielle Substratproteine durch in vitro Verdau analysiert, wobei zwölf davon die erwartete Prozessierung zeigten. Eine statistische Auswertung der die Schnittstelle umgebenden Aminosäuren zeigte, dass im C-terminal zum KR-Motiv gelegenen Bereich der tatsächlich prozessierten Substrate negativ geladene Aminosäuren überrepräsentiert sind. Dieses spiegelt sich auch in der räumlichen Struktur des Substratbindungszentrums von ScKex2 wieder. Ein Vergleich der Struktur mit bekannten Substratbindungsstellen anderer Subtilisine zeigte, dass es auch in diesem Bereich potentielle Substratbindungsstellen gibt, die eine Präferenz für negativ geladene Aminosäuren erklären würden. Obwohl sich die KEX2-Gene untereinander komplementieren können, sind sie doch evolutionär entfernt und könnten unterschiedliche Spezifitäten besitzen. Dies wird durch die Tatsache unterstrichen, dass bei dem Substrat CA0365 durch ScKex2 keine Prozessierung zu beobachten war, während es von CaKex2 mit sehr hoher Effizienz geschnitten wurde. Hierfür konnte allerdings unter den bekannten, an der Substraterkennung beteiligten Aminosäuren keine Erklärung gefunden werden. Dies weist darauf hin, dass es weitere, bisher unbekannte Mechanismen zur Substraterkennung geben muss. Als ein entscheidender Faktor für die Prozessierung über die Aminosäuresequenz der Schnittstelle hinaus, und damit ein weiteres Kriterium für die in silico Suche nach Schnittstellen, hat sich die räumliche Struktur des Substrates herausgestellt. Bei allen nicht prozessierten Motiven konnte in den Strukturen homologer Proteine gezeigt werden, dass sie sich in unflexiblen Regionen befinden, während sich prozessierbare Schnittstellen in zugänglichen Bereichen befanden. Ebenso konnte gezeigt werden, dass hitzedenaturierte Substratproteine weniger effizient geschnitten wurde als native. Dies deutet darauf hin, dass ein Protein an einem prozessierbaren Motiv auch eine prozessierbare Struktur ausbilden muss um zum Substrat zu werden. Tatsächlich konnte eine Überrepräsentation von flexiblen, an der Proteinoberfläche gelegenen „Coil“-Strukturen und eine Unterrepräsentation der eher rigiden β-Faltblattstruktur in prozessierbaren Motiven gefunden werden. In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass Proteine aus verschiedenen funktionellen Gruppen von Kex2 prozessiert werden können. Von besonderem Interesse ist darunter das putative Prohormon CaEce1. CaEce1 ist das am stärksten exprimierte hyphenassoziierte Protein aus C. albicans, dessen Funktion bislang ungeklärt ist. Aufgrund der Kex2-prozessierbaren Prohormonstruktur kann postuliert werden, dass es sich möglicherweise um ein Hydrophobin, ähnlich Rep1 aus Ustilago maydis, handelt. Weiterhin konnte eine Prozessierung für die Glykosidase-ähnlichen Proteine der Sun-Familie gezeigt werden. Deren Deletionsmutanten besitzen Phänotypen die denen der Deletionsmutanten von KEX2 sehr ähnlich sind. In kex2-Deletionsmutanten ist auch die sexuelle Reproduktion beeinträchtigt. Hier konnte gezeigt werden, dass eine Gruppe von Ops4-homologen Proteinen durch Kex2 prozessiert werden können, die während dieses Prozesses differentiell reguliert werden. Daher könnte die Kreuzungsdefizienz der kex2-Mutanten wesentlich mehr Ursachen haben als nur das Ausbleiben der Prozessierung des α-Pheromons.
The fungal Kex2 protease is a subtilisin-like endoprotease localized in the trans-Golgi network, which proteolytically activates other proteins in transit at specific lysine-arginine-motifs ("KR"). Despite the well characterized biochemical activity of Kex2 from Saccharomyces cerevisiae, only few substrates are known besides killer toxins and the α-mating pheromones. Among those, however, are representatives of important secretory enzyme classes and structural protein families. This is also reflected in the pleiotropic phenotypes of kex2-deletion. Mutants show a general weakening of cell wall and plasma membrane integrity, which in the case of the two human pathogenic fungi Candida albicans and C. glabrata leads to severely reduced virulence. The aim of this work was to confirm suspected substrates of the human pathogenic yeasts C. albicans and C. glabrata and to identify new, previously unknown Kex2 substrates, thus explaining the wide range of phenotypes of Kex2-deficient mutants. The proteins encoded in a single fungal genome contain together about 20,000 to 25,000 motifs similar to Kex2 cleavage sites. However, as the Kex2 protein is localized in a late compartment of the trans- Golgi network, it can only cleave proteins passing through this compartment. Using a predictional algorithm for protein subcellular localization developed in this work, the number of potential cleavage sites could thus be reduced to 214 in C. albicans and 163 in C. glabrata. To verify the predicted cleavage sites, the Kex2 proteases from C. albicans and C. glabrata and as controls the Kex2 proteases from S. cerevisiae and the biotechnologically important yeast Pichia pastoris were recombinantly expressed and purified. In a second step, 23 recombinant potential protein substrates were analysed by in vitro digestion. Twelve of them showed the expected processing. A statistical analysis of the surrounding amino acids showed that negatively charged amino acids are overrepresented C-terminal to the KR-motif of actually processed substrates. This is also reflected in the spatial structure of the substrate binding cleft of ScKex2. A comparison of this part of the Kex2 structure with known substrate binding sites of other subtilisins showed, that potential substrate binding sites with preference for negatively charged amino acids are present. Although the KEX2 genes can complement each other, they are evolutionary distant and may have different specificities. This is stressed by the fact that one of the substrates tested here (CA0365) was processed differently by the proteinases: no processing at all was observed with ScKex2 while CaKex2 cleaved it efficiently. An inspection of the amino acids involved in substrate recognition showed no differences. This might indicate, that other, previously unknown mechanisms of substrate recognition exist. Besides the amino acid sequence of the cleavage site, the spatial structure of the substrate was found to be a crucial factor in the processing of the substrates. For all motifs not processed, it was demonstrated in the solved spatial structures of homologous proteins, that they lay in inflexible regions. Cleavable motifs were, in comparison, localized in accessible and flexible areas. Similarly, it was shown that heat denatured substrate proteins were cut less effective than native ones. This suggests that a protein must form an accessible structure in order to become a substrate to Kex2. In fact, an over-representation of flexible, protein surface localized "coil"-structures and an under-representation of the more rigid β-sheet structure were found in cleavable motifs. Structural factors are thus a further criterion to be included to in silico searches for substrates. It was shown in this work that proteins from various functional groups can be processed by Kex2. Here, the putative pro-hormone CaEce1 is of particular interest: it is the most highly expressed hyphae associated protein of C. albicans, whose function is currently unknown. Due to the Kex2-cleavable pro- hormone like structure, it can be postulated that it may represent a hydrophobin similar to Rep1 from Ustilago maydis. Furthermore, a processing for the glycosidase-like proteins of the Sun-family was shown. Their deletion mutants show phenotypes of reduced cell wall integrity similar to those of KEX2 deletion mutants. The deletion of Kex2 also affects the sexual reproduction, which has been attributed to the lack of properly processed α-pheromone. Here, it was shown that a group of Ops4-homologous proteins are processed by Kex2, which are differentially regulated during this process. Thus, possibly the mating deficiency of the KEX2-deletion mutant is more severe than thought.