ZUSAMMENFASSUNG In vitro Testsysteme bieten vielseitige Analysemöglichkeiten bei der Suche nach neuen antiparasitären Wirkstoffen, so auch gegen im Säuger obligat intrazellulär lebende Leishmania Parasiten. Entscheidend für die pharmakologische Relevanz ist ihre infektionsbiologische Nähe zum in vivo Geschehen. Zudem sollten sie auch Aussagen über (Neben-) Wirkungen der Testsubstanzen auf die Wirtszelle selbst erlauben. Das in dieser Arbeit etablierte in vitro Leishmaniosemodell zur Testung von Naturstoffen auf ihr antileishmanielles Potential bedient sich der Durchflusszytometrie (FACS- Analyse). L. major Parasiten, transfiziert mit einem Gen für grün fluoreszierendes Protein (GFP), ließen sich mit dieser Methode innerhalb ihrer Wirtszelle detektieren und quantifizieren. Gleichzeitig wurde die Vitalität der Wirtszelle anhand ihrer Aufnahme von Propidiumjodid (PI) gemessen. Ein älteres Leishmaniosemodell, bei dem parasitierte und behandelte Wirtszellen lysiert und überlebende Leishmanien über ihren Umsatz des Tetrazoliumsalzes MTT quantifiziert werden, wurde speziell hinsichtlich der Testung von Polyphenolen kritisch beurteilt. Verschiedene Autoren hatten bereits auf die Möglichkeit hingewiesen, dass MTT nicht nur von lebenden Zellen, sondern auch von zu testenden Substanzen umgesetzt werden kann. Von den hier untersuchten phenolischen Naturstoffen traf dies insbesondere auf aromatische Verbindungen mit vicinaler Di- bzw. Trihydroxylierung zu, während Substanzen ohne oder mit nur einer phenolischen Hydroxygruppe – unabhängig von deren Position - mit MTT nicht reagierten. Der MTT-Vitalitätsassay war daher für phenolische Verbindungen mit ausgeprägtem Reduktionspotential in seiner bisherigen Form nicht geeignet. Um falsch-positive Vitalitätsbefunde zu vermeiden und den Assay weiter verwenden zu können, wurde vor MTT-Zugabe der Zellkulturüberstand gewechselt. Makrophagen als typische Wirtszellen für Leishmania Parasiten sind durch ihre Adhärenz an Zellkulturgefäße gekennzeichnet. Die Zytotoxizität von phenolischen Verbindungen wie Gallussäure, Gallussäuremethylester und Gallussäureethylester lag für makrophagenähnliche RAW 264.7-Zellen signifikant höher – gemessen als verringerter MTT-Umsatz – ,wenn diese noch in Suspension behandelt wurden als wenn sie zum Zeitpunkt der Behandlung bereits adhärent vorlagen. Vergleichsuntersuchungen im FACS (PI-Assay) zeigten diesen Unterschied nicht. Die selektive Lyse der Wirtszellen mittels SDS (Natriumlaurylsulfat) ohne Schädigung der Parasiten war ein weiterer neuralgischer Punkt des vielfach genutzten MTT-Assays. Der Fortgang der Lyse wird mikroskopisch bestimmt und ihre Effizienz ist von vielen Faktoren abhängig, so z.B. auch vom Teststoff selbst. Der größte Nachteil der Lysemethode lag jedoch darin, dass eine gleichzeitige Analyse der Wirtszelle auf zytotoxische Effekte durch die Testsubstanz nicht möglich war. Es wurde daher nach einer Methode gesucht, welche es erlaubt sowohl die Parasitenlast als auch den Zustand der Wirtszellen zu erfassen. Die Methode sollte zudem einen großen Probendurchsatz bei geringem Arbeitsaufwand ermöglichen. Zuerst wurde L. major-spezifisches Kaninchen-Antiserum produziert und hiermit – nach Permeabilisierung der Wirtszellen – Leishmanien intrazellulär markiert und mittels fluoreszierender Sekundärantikörper sichtbar gemacht. Es zeigte sich jedoch, dass mit dieser Methode nicht ausreichend zwischen intrazellulär überlebenden und toten Leishmanien unterschieden werden konnte, weshalb die Methodik für ihren ursprünglichen Zweck verworfen wurde. Andererseits war das Antiserum sehr gut geeignet, Leishmanien im Gewebeschnitt nachzuweisen. Alternativ wurde ein konstitutiv GFP exprimierender L. major Stamm eingesetzt. Das GFP-Signal erwies sich in pro- und amastigoten Leishmanien für die FACS- Analyse als ausreichend stabil. Unterschiedliche Infektionsraten waren somit objektiv erfassbar, bis hinab zu einem Parasiten pro Zelle. Entscheidend für die mögliche Anwendung in einem Leishmanizidie-Assay war jedoch der Befund, dass tote Leishmanien sehr rasch ihr Fluoreszenzsignal verlieren. In der konventionellen Fluoreszenzmikroskopie wurde zudem gezeigt, dass die Autofluoreszenz der Wirtszellen die Detektion des GFP-Signals nicht behindert. Allerdings war hierbei ein Ausbleichen des GFP innerhalb von fünf Minuten zu beobachten. Das Zytokin Interferon-g (IFN-g) ist der wichtigste immunologische Aktivator antimikrobieller Makrophagenfunktionen. In vitro bewirkt die Kombination IFN-g plus bakterielles Lipopolysaccharid (LPS), dass Makrophagen ihre intrazellulären Leishmania Parasiten hocheffizient mit Hilfe toxischer Stickoxidmetabolite (iNO) abtöten. In parallelen Versuchsserien wurden in vitro mit L. major-parasitierte Makrophagen aus murinen Knochenmarkkulturen (BMMF) unter anderem mit IFNg + LPS oder dem Standardmedikament gegen Leishmaniosen, Pentostamâ, behandelt. Die relative Anzahl überlebender Leishmanien wurde sowohl mikroskopisch (Diff-Quikâ-Färbung) als auch im FACS bestimmt. Die Ergebnisse beider Methoden stimmten überein. Die FACS-basierte Methode erfuhr so eine weitgehende Validierung. Parallel zur Parasitenlast wurde mittels Griess-Assay der Nitritgehalt im Zellkulturüberstand bestimmt. Die Rolle von iNO in der immunologischen Parasitenabwehr wurde durch Zugabe des Enzyminhibitors L-NMMA verdeutlicht. In dessen Gegenwart war auch nach Behandlung mit IFNg + LPS die produzierte NO-Menge deutlich reduziert (Griess- Assay) und die Parasiten wurden nicht vollständig abgetötet (FACS-Assay). Der FACS-Assay zur Testung von Naturstoffen auf ihr antileishmanielles Potential umgeht gravierende Schwachpunkte des existierenden auf Wirtszelllyse und MTT- Umsatz basierenden Testsystems. Die Methode ist zudem objektiv und für einen großen Probendurchsatz geeignet. Die Kombination aus FACS-Assay (Parasitenlast) und iNO-Messung (Makrophagenaktivierung) erlaubt es abzuschätzen, ob eine Testsubstanz direkt oder indirekt durch Aktivierung der natürlichen Abwehrmechanismen der Wirtszelle wirkt. Durch Zugabe von PI ist zeitgleich eine erste Aussage über die allgemeine Zytotoxizität einer Testsubstanz und somit über ihr therapeutisches Fenster möglich.
SUMMARY In vitro test systems offer a wide range of analytical possibilities in the search for new antiparasitic compounds, including such against obligate intracellular Leishmania parasites. The pharmacological relevance of the individual assay depends on how closely it mimics the in vivo situation. Equally important is the assessment of (side-) effects on the host cell. An in vitro model of leishmaniasis was established for testing natural products for their antileishmanial potential using flow cytometry (FACS-Analysis). The assay enabled the detection and quantification of green fluorescent protein (GFP) gene-transfected L. major parasites within their host cell. Simultaneously, the viability of the macrophage host cell was measured via their uptake of propidium iodide (PI). The older "Leishmania Retrieval-Assay" in which parasitized and treated macrophages are lysed and surviving Leishmania quantified by their metabolism of the tetrazolium salt MTT, was less suitable than the FACS-based method, especially when testing polyphenols. Various authors have already pointed out, that MTT is not only metabolized by living cells but also converted by certain chemicals. Among the tested natural phenols, this was especially the case for vicinal di- or tri-hydroxylated aromatic compounds, whereas compounds with no or only one phenolic hydroxyl group – independent of its position – did not react with MTT. The MTT assay in its simple form was therefore not suited for measuring cell viability in the presence of phenolic compounds with strong redox potential. However, false- positive results could be largely avoided by replacing culture supernatants by fresh medium without phenols before adding MTT. Macrophages are the natural host cells for Leishmania parasites and characterized by adherence to plastics. Cytotoxicity of phenolic compounds such as gallic acid, gallic acid methyl ester, and gallic acid ethyl ester for macrophage-like RAW 264.7 cells was conspicuously higher – assessed as reduction of MTT metabolism – when the cells were treated while still in suspension, than when the cells were first allowed to adhere. Viability assessment by FACS (PI-method) did not show this phenomenon. Selective lysis of host cells with SDS (sodium dodecyl sulfate) without harming intracellular parasites was a further critical point of the Leishmania retrieval assay. The progression of lysis – visually monitored under an inverted microscope – depends on many factors, including the tested compounds themselves. The basic deficit of this method, however, lay in its inability to simultaneously test antileishmanial and cytotoxic effects of a compound. A test system was needed that avoided the deficits of the MTT-assay, and SDS-lysis and that quantified both intracellular antileishmanial effects and cytotoxicity for the host cell. Furthermore, it should be suitable for high-throughput screening. In a first approach, L. major-specific antiserum was produced in rabbits in order to mark Leishmania within saponin- permeabilized macrophages. Bound antibody was detected by fluorescent secondary antibodies and fluorescence- or confocal laser scanning-microscopy. Unfortunately, this method could not sufficiently distinguish dead from living Leishmania. The antiserum, however, proved to be highly useful in histology of Leishmania-infected tissues. In a second approach, a L. major strain was used that constitutively accumulates GFP in its cytoplasm. Its green fluorescence was sufficiently stabile to detect by FACS both the extracellular promastigote and the intracellular amastigote form of the parasite. Different infection/ survival rates were easily detected down to one parasite per macrophage. Decisive for the usefulness of GFP-Leishmania in screening for leishmanicidal compounds, however, was the rapid disappearance of the GFP signal in dead parasites. Furthermore, the GFP-fluorescence was sufficiently distinguishable from macrophage autofluorescence. In conventional fluorescence microscopy, GFP exhibited severe bleaching within minutes, but this had no negative effect on FACS-analysis. The cytokine interferon-γ (IFN-γ) is the most important immunological activator of macrophage antimicrobial functions. In vitro, the combination of IFN-γ and bacterial lipopolysaccharide (LPS) stimulates macrophages to produce toxic nitric oxides (iNO) and thus to efficiently kill intracellular Leishmania parasites. Murine bone marrow culture-derived macrophages (BMMΦ) were infected in vitro with GFP-L. major and treated with IFN-γ + LPS or the standard antileishmanial Pentostam®. Surviving intracellular Leishmania were counted under a microscope after staining with Diff-Quik® or assessed by FACS. Both procedures provided virtually identical results, thus validating the GFP/FACS-method. In parallel to the parasite load, the amounts of iNO released into the supernatants was measured via Griess-assay. The decisive role of iNO in cytokine-induced killing of Leishmania was highlighted by adding L-NMMA, an inhibitor of inducible nitric oxide synthase (iNOS). In the absence of L-NMMA, IFN-γ + LPS-treated BMMΦ produced abundant iNO and killed all intracellular L. major parasites. In its presence, only little iNO could be detected and most parasites survived. This GFP/FACS-based method for testing natural products for their antileishmanial potential avoids critical drawbacks (SDS-lysis, MTT-assay) of the Leishmania retrieval-method. It is semi-automated and thus objective and suitable for high-throughput screening. The combination of GFP/FACS-assay (detection of viable intracellular parasites) and Griess-assay (detection of iNO-release and macrophage activation) gives a clear indication, whether an antileishmanial compound acts directly against the parasite or indirectly by activating antimicrobial mechanisms of the host cell. Furthermore, by adding PI directly before FACS analysis, it is possible to assess the general cytotoxicity of tested compounds and thus give a first estimate on its potential therapeutic window.