In mehreren Mitgliedsstaaten der Europäischen Union wurde die BHV1-Infektion des Rindes durch Bekämpfungsprogramme getilgt. Deutschland gilt ebenfalls seit Juni 2017 als offiziell frei und kann Zusatzgarantien in Anspruch nehmen. Die Regierungsbezirke Düsseldorf und Köln waren jedoch bis zuletzt nicht BHV1-frei, wodurch Nordrhein-Westfalen lange Zeit keinen flächendeckenden Freiheitsstatus erlangte. Ziel dieser Studie war es, den Sanierungsfortschritt in Nordrhein-Westfalen, im Zeitraum vom 01.01.2010 bis zum 31.12.2015, darzustellen. Ein weiteres Ziel der Studie bestand darin, mögliche Risikofaktoren für eine Reinfektion mit dem bovinen Herpesvirus aufzuzeigen, um Strategien für ein Verhindern einer Wiedereinschleppung von BHV1 in die Rinderbestände von Nordrhein-Westfalen auszuarbeiten. Um möglichst kosteneffizient und ressourcensparend zu arbeiten, wurden die bereits vorhandenen Daten im Herkunfts- und Informationssystem für Tiere für die Analyse genutzt. Der Freiheitsstatus eines Betriebes kann jedoch nicht einfach retrospektiv in HIT abgefragt werden: Um den Sanierungsprozess auf Herdenebene durchführen zu können, mussten die Testergebnisse, die in HIT für die Einzeltiere eingetragen sind, auf Herdenebene zusammengefasst und klassifiziert werden. Zu diesem Zweck wurden Klassifikationskriterien für den BHV1-Status einer Herde, basierend auf den diagnostischen Testergebnissen, entwickelt. Anschließend fand eine Kategorisierung der landwirtschaftlichen Betriebe von zwei unabhängigen Wissenschaftlern anhand der Einteilungsschemata statt. Zur Validierung der manuellen Kategorisierung wurde anschließend die Übereinstimmung der beiden Wissenschaftler bestimmt, die bei 87,6 % lag. Die bestehenden Unterschiede in der Kategorisierung beim Abgleich lagen vor allem bei den „nicht freien“ Betrieben. Aufgrund eines unregelmäßigen Untersuchungsschemas, noch vorhandener Reagenten oder fehlender Untersuchungen, konnten die Einteilungskriterien der Kategorisierung hier nur schwer angewendet werden. Insgesamt spricht aber vieles für die Funktionsweise der manuellen Kategorisierung. Grundlage dafür sind jedoch ausreichend vorhandene Untersuchungsdaten. Die Ergebnisse ergaben, dass bereits zu Beginn der Studie ein Großteil der Betriebe in Nordrhein-Westfalen frei war, beziehungsweise während des Untersuchungszeitraumes frei wurde. Lediglich 3 % der Betriebe waren bis zum Ende des Untersuchungszeitraumes noch nicht frei. 158 Betriebe erlitten innerhalb des Untersuchungszeitraumes einen erneuten Eintrag mit BHV1. Der größte Risikofaktor für einen Wiedereintrag scheinen Reagenten zu sein, die sich noch im Betrieb befanden: Der Anteil der Betriebe mit fehlendem BHV1-freiem Status war bei den Reagentenbetrieben deutlich höher als in Betrieben ohne vorhandene Reagenten. Dies wiederum bedeutet, dass der Anteil an Betrieben mit Neuinfektionen bei den Reagentenbetrieben höher war. Die höchste Anzahl an Reagentenbetrieben wurde in den Milchviehbetrieben ermittelt. Ein weiterer Risikofaktor für einen BHV1-Eintrag war die Tierdichte: Je höher sie in einem Gebiet war, desto höher war der Anteil an Betrieben mit einem BHV1-Eintrag. Saisonale Unterschiede wurden auch festgestellt. Der risikoreichste Zeitraum für eine erneute Infektion mit BHV1 war im Winter. Ziel künftiger Studien könnte es sein, zu überprüfen, inwieweit der Zukauf von Tieren ein Risiko für die Infektion mit BHV1 darstellt. Dies konnte aus den vorhandenen Daten nicht ermittelt werden. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die manuelle Kategorisierung gut anwendbar war und dass ein Großteil der Betriebe künftig mittels eines Algorithmus, der auf den im Rahmen der Studie erarbeiteten validierten Regeln basiert, automatisiert kategorisiert werden könnte. Dadurch ergeben sich Möglichkeiten für risikobasierte Überwachungsmaßnahmen, um den Freiheitsstatus Deutschlands bezüglich BHV1, mit reduzierten Ressourcen aufrecht zu erhalten.
In several member states of the European Union, BHV1 has been eradicated through control programs. Germany has been officially free from BHV1 since June 2017 and may benefit from additional guarantees. The aim of this study was to present the progress of gaining freedom from BHV1 in North Rhine-Westphalia in the period from 01/01/2010 to 31/12/2015. Another purpose of the study was to identify possible risk factors for re-infection with BHV1 in cattle farms. In order to work as cost-effective and resource-saving as possible, the data already available in the German “Herkunfts- und Informationssystem für Tiere” (HIT) were used for the analysis. However, the status of freedom of a farm cannot simply be assessed retrospectively in HIT: To assess the process of gaining freedom of BHV1 on herd-level, the test results entered in HIT for the individual animals had to be aggregated, summarized and classified at herd level. To this end, classification criteria for the BHV1 status were developed for each farm based on the diagnostic test results of individual animals. Afterwards, two veterinarians categorized the cattle farms independently according to the categorization schemes. To validate the manual categorization, the agreement between the two veterinarians was determined as 87.6%. The existing differences referred mainly to farms that were not BHV1-free. Due to irregularities in the implementation of the investigation scheme at the farm level, the presence of “reactors” (i.e. cattle that had tested positive for BHV1) in some herds, or missing tests, the classification criteria of the categorization could only be applied with some difficulties. In principle, however, the manual categorization of the farms proved to be a suitable working tool. The results showed that a large proportion of the farms in North Rhine-Westphalia was free already at the beginning of the study period or gained freedom from BHV1 during its course. Only 3 % of the holdings were not free by the end of the study period. Within the study period, 158 farms suffered a re-infection with BHV1. The biggest risk factor for reinfection seems to be latent carriers that were still present in the herds: the proportion of farms with BHV1-free status was much higher among those, in which reactors were still present in comparison with farms without existing reactors. Another risk factor for a BHV1 introduction was cattle density: the higher the density of cattle in an area, the higher the proportion of farms with an introduction of BHV1. Seasonal differences were also observed. The season with the highest risk for a re-infection with BHV1 was winter. Future studies may examine, to what extent the purchase of cattle represents a risk factor for infection with BHV1. The data available for the current study did not allow addressing this question. In summary, the manual categorization is applicable, and can, for most of the cattle holdings, be switched to an automatic procedure, i.e. an algorithm based on the established and validated rules. This opens up new opportunities for risk-based surveillance to maintain Germany's status as officially free from BHV1 with reduced resources.