From 2009 to 2016, the Eurozone Crisis fueled contentious debates over European issues and across European borders. With the blame game that followed the crisis outbreak, the politicization of European affairs seemed to have entered a new stage. Using quantitative primary data obtained from a standardized content analysis of newspaper coverage, this dissertation analyses the politicization of the Eurozone Crisis in public debates about responsibility in Germany, Greece and Spain between 2009 and 2016. How does the politicization of the Eurozone Crisis differ across countries? How can these differences be explained? The first argument is that in times of crisis, politicization patterns depend on how collective actors engage in the public attribution of responsibility, especially of blame. Understanding the rules of the blame game at the micro level is crucial for explaining the macro patterns in which politicization unfolds. The second argument is that these strategies are conditioned by political opportunities, which emerge from the institutional characteristics of the political system and the political and economic impact of the Eurozone Crisis. Hence, politicization patterns change with country-specific contexts that influence the rules of the blame game. The focus on responsibility attributions offers a new and comprehensive actor perspective on politicization. Moreover, the dissertation proposes a differentiated conceptualization which distinguishes intensity and shape of politicization, which is specified as the extent to which the politicization pat-tern is Europeanized or domesticized. This conceptualization grasps country differences in politicization patterns and it allows the direction of political conflicts to be analysed. The combination of the micro perspective of responsibility attributions and the macro perspective on political opportunities contributes to discussions about driving forces of politicization and on intermediary factors that condition the way political conflicts over Europe play out in public debates. Finally, the dissertation provides a detailed analysis of politicization processes in the Eurozone Crisis, covering the entire period from 2009 until 2016. In contrast to many existing studies, the analysis includes Greece and Spain as prominent Southern European debtor countries as well as Germany, as the most prominent case at the other end of the crisis continuum. The comparative analysis reveals distinct patterns of politicization. In Germany, the low direct impact of the crisis and the consensual tradition led to a low politicization intensity. Given Germany’s core role in the crisis management, politicization dynamics show a strong European dimension, but German actors largely refrain from joining European blame games. Rather, politicization takes the form of ‘remote conflicts’ in which the crisis appears as a problem of debtor states. In Greece, the drastic crisis impact and the closed political system triggered a very intense politicization. However, in contrast to the theoretical expectation that blame follows the authority transfer to the EU and the ‘troika’ in the Eurozone Crisis, politicization is mainly driven by domestic competition rather than by European blame games. The crisis reinforced an adversarial political culture and European topics were absorbed into domestic conflict dynamics. Located between these poles, Spain shows a moderate intensity, domesticized politicization pattern. At least in the early years of the crisis, social dialogue and a comparatively stable political system contained an excessive politicization. Because of a pro-European consensus, a domestic crisis of political legitimacy and corruptions scandals, which overshadowed the European crisis dimension, blame concentrates on domestic political actors. The attribution of responsibility approach to politicization helps to make sense of the varying intensity and the direction of conflicts in the Eurozone Crisis. The results underline the importance of domestic opportunity structures and political traditions for conflicts over Europe and they show that against the expectations, the relationship between the politicization of European affairs and the Europeanization of public spheres is negative rather than positive. Furthermore, it is shown that politicization intensity and the domestic direction of conflict is driven by the political opposition. Blame shifting to Europe, instead, emanates from governments. All in all, however, the study contradicts expectations of a European blame game between creditor and debtor states and rather suggests that the crisis has not fundamentally reshaped European conflict dynamics.
Zwischen 2009 bis 2016 hat die Eurozone Krise in ganz Europa zu kontroversen Debatten geführt. Mit den gegenseitigen Schuldzuweisungen, die auf den Ausbruch der Krise folgten, schien die Politisierung Europas eine neue Qualität erreicht zu haben. Anhand quantitativer Primärdaten, die auf Basis einer standardisierten Inhaltsanalyse von Zeitungsberichten gewonnen wurden, untersucht die vorliegende Dissertation die Politisierung der Eurozone Krise in der öffentlichen Auseinandersetzung um Verantwortung in Deutschland, Griechenland und Spanien zwischen 2009 und 2016. Wie unterscheidet sich die Politisierung der Eurozone Krise in den einzelnen Ländern? Wie lassen sich diese Unterschiede erklären? Zunächst wird argumentiert, dass Politisierungsmuster in Krisenzeiten davon abhängen, wie sich kollektive Akteure an der öffentlichen Zuschreibung von Verantwortung, insbesondere von Schuld, beteiligen. Für die Erklärung der Politisierungsmuster ist ein Verständnis dieses ‚blame games‘ auf der Mikroebene entscheidend. Ferner wird argumentiert, dass die Attribuierung von Verantwortung durch politische Gelegenheiten auf der Makroebene bedingt ist, die sich aus der Offenheit des politischen Systems und den politischen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Krise ergeben. Der Fokus auf Verantwortungszuschreibungen bietet eine neuartige Akteursperspektive auf das Phänomen der Politisierung. Darüber hinaus wird eine Konzeptualisierung von Politisierung vorgeschlagen, die zwischen Intensität und Form unterscheidet. Die Form wird dabei als Ausmaß der Europäisierung bzw. der Domestizierung des Politisierungsmusters spezifiziert. Diese Konzeptualisierung erlaubt es, länderspezifische Unterschiede in den Politisierungsmustern und die ‚Richtung von Konflikt‘ in den Blick zu nehmen. Die Kombination der Mikroperspektive der Verantwortungszuschreibungen mit der Makroperspektive der politischen Gelegenheitsstruktur trägt zu aktuellen Debatten über Treiber der Politisierung und über intermediäre Faktoren bei, die die Art und Weise bestimmen, wie politische Konflikte über Europa in öffentlichen Debatten ausgetragen werden. Schließlich liefert die Dissertation eine detaillierte Analyse der Politisierungsdynamiken in der Eurozonen Krise, die den gesamten Zeitraum zwischen 2009 bis 2016 umfasst. Im Gegensatz zu vielen vorliegenden Studien werden neben Deutschland dabei auch Griechenland und Spanien als prominente südeuropäische ‚Schuldnerstaaten‘ in die Analyse einbezogen. Die vergleichende Analyse zeigt unterschiedliche Muster der Politisierung. In Deutschland führen die geringen direkten Auswirkungen der Krise und die konsensuale Tradition zu einer geringen Politisierungsintensität. Angesichts der zentralen Rolle Deutschlands bei der Krisenbewältigung weist die Politisierung zwar eine starke europäische Dimension auf, doch beteiligen sich deutsche Akteure kaum an europäischen Schuldzuweisungen. Vielmehr erscheint die Krise als Problem der ‚Schuldnerstaaten‘. In Griechenland bedingen die drastischen Krisenauswirkungen und das geschlossene politische System eine extreme Politisierungsintensität. Entgegen der Erwartung, dass Verantwortung in erster Linie der EU und der sogenannten ‚Troika‘ zugschrieben wird, wird die Politisierung der Krise jedoch hauptsächlich durch den innenpolitischen Konkurrenzkampf und nicht durch europäische Schuldzuweisungen angetrieben. Vielmehr verstärkt die Krise eine antagonistische politische Kultur und folglich werden europäische Themen von innenpolitischen Konfliktdynamiken absorbiert. Spanien liegt zwischen diesen beiden Polen. Zumindest in den ersten Jahren der Krise verhinderten Sozialpartnerschaften und ein vergleichsweise stabiles politisches System eine übermäßig starke Politisierung. Aufgrund eines pro-europäischen Konsenses, einem Vertrauensverlust in die politischen Eliten des Landes und hausgemachter Korruptionsskandale, die die europäische Krisendimension überschatteten, fokussieren Schuldzuweisungen vor allem auf nationalen Akteuren. Die Perspektive auf Verantwortungszuschreibungen trägt dazu bei, Politisierungsdynamiken in der Krise zu verstehen. Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung inländischer Gelegenheitsstrukturen und politischer Traditionen für die öffentliche Konfliktaustragung zu europäischen Themen und zeigen, dass der Zusammenhang zwischen der Politisierung Europas und der Europäisierung von Öffentlichkeiten entgegen den Erwartungen negativ und nicht positiv ist. Darüber hinaus verdeutlichen die Ergebnisse, dass die Politisierungsintensität und die Ausrichtung auf inländische Akteure von der politischen Opposition bestimmt werden. Schuldzuweisungen nach Europa gehen hingegen von nationalen Regierungen aus. Insgesamt widerlegt die Studie jedoch die Annahme eines europäisches ‚blame games‘ zwischen ‚Gläubiger- und Schuldnerstaaten‘ und legt vielmehr nahe, dass die Eurozonen Krise europäische Konfliktdynamiken nicht grundlegend verändert hat.