In der vorliegenden Masterarbeit werden zwei Regierungsansprachen des brasilianischen Präsidenten Jair Messias Bolsonaro aus dem Jahr 2020 untersucht, die sich inhaltlich mit der Corona-Pandemie beschäftigen. Brasilien gilt gemessen an der Anzahl der Corona-Toten als eines der weltweit am stärksten von der Pandemie betroffenen Länder und Bolsonaros Umgang mit dieser globalen Gesundheitskrise als höchst umstritten. Die Arbeit wird in den Kontext des autoritären Populismus gesetzt, dem Bolsonaros Politikstil zuzuordnen ist. Der Fokus liegt auf diskursiven Polarisierungsstrategien. Unter Berücksichtigung bereits in der brasilianischen Politik und Gesellschaft vorhandener Spaltungen steht die Frage im Zentrum, welche Polarisierungen in den beiden ausgewählten Redebeiträgen Bolsonaros stattfinden und inwiefern die Pandemie zum Zweck der Konstruktion von Freund-Feind-Stereotypen und der Diffamierung bzw. Legitimation von Institutionen und Personen instrumentalisiert wird.
Theoretisch und methodologisch wird die Arbeit in die Diskursforschung eingebettet und der diskursanalytische Ansatz nach Marchart verwendet, der sich in Anlehnung an die Essex School (Laclau und Mouffe) herausgebildet hat. Mithilfe des Minimalmodells werden Forderungs-, Subjektivierungs- und Kontraritätsstrukturen der Regierungsansprachen untersucht, um Legitimationsstrategien, Widersprüche, vermeintliche Feindbilder und Unterstützer*innen herauszuarbeiten. Dabei wird betont, dass es sich bei dem ausgewählten Diskursmaterial lediglich um einen Ausschnitt der Äußerungen Bolsonaros zur Pandemie handelt und beim Vergleich mit anderen Textquellen deutliche Unterschiede im Hinblick auf Polarisierungsstrategien nachweisbar sind. Aus Bolsonaros Sicht gibt es nicht nur eine*n Verantwortliche*n für den angeblich falschen Umgang mit der Corona-Pandemie, sondern zahlreiche Schuldige, zum Beispiel ehemalige Gesundheitsminister, weitere Politiker*innen, die Wissenschaft, rechtsstaatliche Institutionen und die brasilianische Presse.