Einleitung: Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz (SBAA) stellt einen relevanten Risikofaktor für Gesundheit und Arbeitsfähigkeit von Ärzt*innen dar. Internationale Studien belegen die hohe Prävalenz und die teils weitreichenden Folgen dieses grenzüberschreitenden Verhaltens im ärztlichen Bereich. Letztere reichen von Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit und Karriere-gestaltung hin zu erhöhten Depressions- und Suizidraten. Für Deutschland zeigte die „Watch-Protect–Prevent“–Studie (WPP-Studie) eine hohe Prävalenz von SBAA unter Ärzt*innen der Charité–Universitätsmedizin Berlin. Im Rahmen dieser Arbeit wurde die Studie hinsichtlich Folgenentwicklung und möglicher Präventionsmaßnahmen bezüglich SBAA von Ärzt*innen im universitären Kontext ausgewertet. Methodik: Im Rahmen der WPP-Studie wurde im Zeitraum von Mai bis Juli 2015 eine quantitative Befragung des klinisch tätigen Personals der Charité durchgeführt. Die Daten wurden mithilfe eines webbasierten, anonymisierten Fragebogens erhoben. Die Auswertung der Daten erfolgte mittels deskriptiver Statistik und bivariater Analyse. Ergebnisse: 970 Ärzt*innen nahmen an der Befragung teil (Rücklaufquote 43,1%), 743 Ärzt*innen wurden in die Stichprobe eingeschlossen. Fast 70% derjenigen Ärzt*innen, die von SBAA betroffen waren, berichteten von konsekutiven negativen Folgen (n=348; 68,8%). Emotionale Folgen wie Verstörung, Wut oder Ekel traten am häufigsten auf (n=280; 55,3%). Knapp ein Drittel der Betroffenen litt unter mindestens einer arbeitsbeeinträchtigenden Folge (n=146; 29,1%) und jede*r Sechste (n=90; 17,9%) berichtete von gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Ärztinnen wiesen eine höhere Folgeninzidenz als ihre Kollegen auf (77,1% versus 52,7%; p<0,001). In nur 1% der Fälle (6 von 525) wurde von Seiten der Arbeitgeber*innen mit offiziellen Maßnahmen auf die sexuelle Belästigung reagiert. Das größte Schutzpotential attribuierten die Befragten der klaren Ablehnung von sexueller Belästigung durch die Klinikleitung sowie einer konsequenten Sanktionierung der Täter*innen. Schlussfolgerung: Die WPP-Studie zeigt, dass SBAA ein ernstzunehmendes Problem für das ärztliche Personal der Charité darstellt und zum Teil weitreichende Folgen für deren Gesundheit und Arbeitsfähigkeit nach sich zieht. Die vorliegende Arbeit zeigt ein erhebliches Defizit an konsequenter Aufklärung und Sanktionierung von Fällen sexueller Belästigung durch die Arbeitgeber*innen auf. Sie liefert zudem erste Anhaltspunkte für die Etablierung wirksamer Präventionsmaßnahmen im medizinischen Bereich. Um das Ausmaß des Problems an deutschen Kliniken zu verstehen, ist eine weitere wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesem Thema notwendig.
Background: Sexual harassment (SH) in the workplace poses a serious risk for health and working capacity of physicians. International studies demonstrate the high prevalence and far-reaching consequences of SH among this professional group. The negative effects include a reduction in work performance and poorer career prospects as well as higher depression and suicide rates. Being the first study to examine SH among doctors in Germany, the “Watch–Protect–Prevent“-Study showed a high prevalence for this group. This thesis examines the consequences of SH for physicians working in a large university hospital, Charité–Universitätsmedizin Berlin, and aims at identifying measures to prevent SH in this working context. Methods: The WPP-Study included a quantitative survey of Charité’s clinical staff. Between May and July 2015, data was collected via a web-based, anonymised questionnaire. Descriptive statistics and bivariate analysis were used to analyse the data. Results: 790 physicians (response rate of 43.1%) participated in the survey, of which 743 were included in the sample. Almost 70% of those who experienced SH at work stated at least one negative consequence due to the harassment (n=348; 68.8%). The most frequently experienced consequence was an emotional reaction like consternation, anger or disgust (n=280; 55.3%). Negative outcomes with potentially impairing effect to their work were reported by 29.1% of the victims. 90 physicians (17.9%) reported having health problems subsequent to the harassment. Female physicians experienced more consequences (77.1% versus 52.7%; p<0.001) than their male colleagues. Only in 1% of the 525 cases, official action was taken by the employers. The most favored measure to prevent SH was a zero-tolerance policy enacted by the hospitals leaders, together with consequently enforced sanctioning of the perpetrators. Conclusion: SH constitutes a relevant problem with health and work-related consequences for Charité’s medical staff. Furthermore, the results suggest considerable shortcomings with regard to investigation of cases and implementation of sanctions by the employers. Concerning effective prevention measures against SH in the medical setting, this thesis provides first insights. Further academic investigation is needed to fully understand the extent of the problem for German physicians.