Hintergrund: Das Interesse an einer rationalen Phytotherapie ist in den letzten Jahrzehnten gestiegen. Bedingt ist dies durch eine gute Verträglichkeit, den besonderen Wirkansatz und die wachsende klinische Evidenz. Untersuchungen zur Phytotherapie basieren hinsichtlich ihrer Indikation oftmals auf der traditionellen Nutzung bestimmter Pflanzen z.B. im Rahmen der Volks-heilkunde, aber auch gemäß überlieferten historischen Quellen, die dann indikationsspezifisch in die Klinik Eingang finden und konsekutiv wissenschaftlich validiert werden. Zur Klärung der Richtigkeit historischer Quellenangaben ist es sinnvoll, zunächst auszuschließen, dass nur einzelne richtige zugeschriebene Anwendungsgebiete (Claims) in einer Reihe falscher durch Zufall erzielt wurden. Methodik: Dies erfolgt in der vorliegenden Arbeit für das Hufelandsche „Journal der practischen Arzneikunde und Wundarzneikunst“ durch eine systematische, quantitative Evaluation der zugewiesenen Claims, basierend auf der Hypothese, dass diese Claims nicht durch reine Zufälligkeit zu erklären sind. Als Vergleichsquellen dienen die Monographien der Kommission E, ESCOP und EMA, sowie in einzelnen Fällen als relevant eingestufte Artikel aus Literaturdatenbank-Recherche (Pubmed). Die statistische Auswertung erfolgte mit Hilfe eines Modells, das mit einem zufälligen Aussuchen von Feldern im zweidimensionalen Raum arbeitet. Die Felder entsprechen der Grundgesamtheit der Claims (Hufelandsche Claims x Gesamtzahl der berücksichtigten Pflanzen). Ein Treffer entspricht einem übereinstimmenden Claim bei Hufeland mit den heute als belegt geltenden Indikationen der Kommission E etc. Die Anzahl der erwarteten Treffer nach Zufall ist der Erwartungswert der hypergeometrischen Verteilung. Im Vergleich mit den tatsächlich erzielten Treffern kann daraus bestimmt werden, ob die Zuordnungen als ‚zufällig’ betrachtet werden müssen, oder ob sie hierdurch nicht erklärt werden können. Ergebnis: Es konnte nachgewiesen werden, dass die den hier untersuchten Pflanzen zugewiesenen Wirkungen des Hufelandschen „Journal der practischen Arzneikunde und Wundarzneikunst“ mit einer Trefferquote von ca. 33% mindestens 12fach besser waren als das durch rein zufällige Zuordnung erklärbar wäre. Im Rahmen einer von uns auf 12 Kategorien verteilten Zuordnung zu Organsystemen lagen die Treffer noch 2fach höher als das durch rein zufällige Zuordnung erklärbar wäre. Die Hypothese einer nicht zufälligen Zuordnung wird hierdurch bestätigt. Eine wesentliche Limitation der Bewertung lag in den nur spärlich vorhandenen Indikationen der Vergleichs-Monographien. Schlußfolgerung: Die im Hufelandschen Journal genannten Claims wurden von den Autoren nicht rein zufällig ausgewählt. Die Auswertung historischer Quellen könnte somit eine Basis sein, über die dort wenigstens zweit- oder dritthäufigst genannten Indikationen weitere Indikationen zu rekonstruieren. In Folge bedürfte es jedoch weiterer Anstrengungen, die hieraus ent-stehenden Ergebnisse durch klinische Studien zu validieren.
Background: Interest in rational phytotherapy has increased in recent decades. This is due to its good tolerability, the special approach to its effects and the growing clinical evidence. Studies on phytotherapy are often based on the traditional use of certain plants, e.g. in the context of folk medicine, but also according to historical sources that have been handed down, which are then used in the clinic for specific indications and are scientifically validated consecutively. In order to clarify the correctness of historical sources, it makes sense to first exclude the possibility that only individual correct attributed areas of application (claims) were achieved by chance in a series of incorrect ones. Methodology: This is done in the present work for Hufeland's "Journal der practischen Arzneikunde und Wundarzneikunst" by a systematic, quantitative evaluation of the attributed claims, based on the hypothesis that these claims cannot be explained by pure coincidence. The monographs of Commission E, ESCOP and EMA, as well as articles from literature database research (Pubmed) classified as relevant in individual cases, served as sources of comparison. The statistical evaluation was carried out with the help of a model that works with a random selection of fields in two-dimensional space. The fields correspond to the basic set of claims (Hufeland claims x total number of plants considered). A hit corresponds to a matching Hufeland claim with the indications of Commission E etc. that are considered proven today. The number of expected hits by chance is the expected value of the hypergeometric distribution. In comparison with the hits actually achieved, it can be determined from this whether the assignments must be regarded as 'random' or whether they cannot be explained by this. Result: It could be proven that the effects assigned to the plants examined here in Hufeland's "Journal der practischen Arzneikunde und Wundarzneikunst" were at least 12 times better with a hit rate of approx. 33% than could be explained by purely random assignment. In the context of an allocation to organ systems distributed over 12 categories, the hits were even 2 times higher than could be explained by purely random allocation. This confirms the hypothesis of a non-random allocation. An essential limitation of the evaluation was the sparsely available indications of the comparative monographs. Conclusion: The claims mentioned in Hufeland's journal were not selected by the authors purely at random. The evaluation of historical sources could thus be a basis for reconstructing further indications via the indications mentioned there at least second or third most frequently. Subsequently, however, further efforts would be needed to validate the resulting results through clinical studies.