„Die Willkommensklasse: Raum für Mehrsprachigkeit? Spracheinstellungen im schulischen Kontext“
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird erforscht, wie innerhalb ausgewählter „Willkommensklassen“ an einer Berliner Oberschule die mehrsprachige Identität der SchülerInnen wahrgenommen, entworfen und bewertet wird. Der Umstand, dass die Bedeutung des Erwerbs der deutschen Sprache durchgängig hervorgehoben, der mehrsprachigen Kompetenz hingegen kaum Bedeutung beigemessen wird, wurde bereits innerhalb jüngerer Forschungsarbeiten beschrieben (Krumm 2009, Gogolin 1994). Dabei kann gerade ein reflektierter Umgang mit der eigenen Mehrsprachigkeit („language awareness“ Svalberg 2016) das Selbstbild positiv beeinflussen und positive Effekte bezüglich der Bildungsaspiration und der Integration haben. Auf der anderen Seite kann sich die negative Beurteilung von Herkunftssprachen („language ideologies“ Silverstein 1979) und somit die Aberkennung der Mehrsprachigkeit durch eher monolingual ausgerichtete Gesellschaften negativ auf das Selbstkonzept auswirken (Krumm 2009, Gogolin 1994). Die mehrsprachige Identität der SchülerInnen wird innerhalb dieser Forschungsarbeit aus zwei wesentlichen Perspektiven erfasst („bottom-up“ und „top-down“-Prozesse), indem sie stets im Spannungsfeld der individuellen, dynamischen Sprachbiographie (Franceschini 2001) sowie der gesellschaftlichen, kollektiven Mehrsprachigkeit betrachtet und vor diesem Hintergrund reflektiert wird. Der bildet den Ausgangspunkt der Analyse und repräsentiert den institutionellen bzw. ideellen Rahmen der sprachlichen Integration der SchülerInnen.
Im Zentrum steht meine soziolinguistische Studie, die ich im Laufe des Schuljahres 2015/16 in einer Willkommensklasse durchführen konnte. Sie beinhaltet Interviews mit SchülerInnen, Lehrkräften und SozialarbeiterInnen sowie der Schulleitung der Oberschule. Die qualitative Auswertung der Interviews zeigt exemplarisch, welchen Einfluss die externe ideologische Einordnung von Sprache und ethnischer Herkunft auf die Bedeutung der Mehrsprachigkeit für das Individuum hat. Auch der Zusammenhang zwischen der Sprachbewusstheit („Language Awareness“) und der Wahrnehmung und Bewertung der mehrsprachigen Identität kann anhand der Ergebnisse erläutert und diskutiert werden.
“The Welcome Class – Room for Multilingualism? Language attitudes in the school context”
Today, discussions about language acquisition processes of newly immigrated children and youths are on the daily agenda of educational policy, especially when dealing with the issue of integration. The Welcome Classes are Language Learning Classes established in nearly every type of school throughout Germany preparing pupils with very divers linguistic and ethnic origins to enter into regular school system. It’s a room where issues of power, identity, culture, and values are particularly palpable. This multilingual classroom is therefore an immensely rich site for the investigation of the processes of social and cultural (re)production and the relation-ship between micro classroom and macro institutional processes.
I therefore investigate how the multilingual identity of schoolchildren is perceived and evaluated in these “welcome classes” analysing discursively constructed attitudes and ideologies regarding multilingualism. The fact that the importance of German language acquisition is constantly emphasised, whereas the pupils' multilingual competence is hardly paid any atten-tion to, has already been described in recent research works (Krumm 2009, Gogolin 1994). Yet, especially a self-conscious dealing with the own multilingualism (“language awareness” Svalberg 2016) can positively influence the self-image and, in so doing, have a positive effect on educational aspirations and integration. This study includes one-to-one semi-structured interviews with schoolchildren, teachers and social workers of the welcome classes as well as with the school's directors. The qualitative evaluation of these interviews shows exemplarily what influence the external ideological categorisation of language and ethnic origin does have on the individual's acceptation of multilingualism and language acquisition.