Der demographische Wandel in Deutschland ist durch eine zunehmende Altersstruktur charakterisiert. Infolgedessen konzentriert sich die medizinische Versorgung zunehmend auf ältere Patient*innen, die eher an einem Frailty-Syndrom leiden und daher anfälliger für Stressoren wie eine elektive Operation sind. Die Inzidenz postoperativer Komplikationen, wie beispielsweise die Mortalität, sind in diesem Kollektiv höher. Der Frailty-Phänotyp von Fried et al. (2001) ist begrenzt, da er sich nur auf physische Faktoren bezieht, während die Auswirkungen nicht-physischer Faktoren zunehmend diskutiert werden. Ein Assessment zur Frailtyerhebung sollte nicht nur physische, sondern auch psychosoziale und kognitive Aspekte umfassen, um mögliche Defizite und/oder Ressourcen präoperativ zu ermitteln und Komplikationen vorzubeugen. Der primäre Endpunkt der vorliegenden Studie war die Untersuchung des Zusammenhangs zwischen dem sozialen Netzwerk und der Frailty-Ausprägung. Ein zweiter Schwerpunkt war die Untersuchung des Einflusses des präoperativen sozialen Netzwerks und des Frailtysta-tus auf das Auftreten postoperativer Komplikationen. Methodik: Anhand eines selbst entwickelten Assessments wurden prä- und postoperati-ve Standarddaten von 1.012 nicht-kardiochirurgischen Patient*innen ≥65 Jahren an der Klinik für Anästhesiologie der Charité- Universitätsmedizin Berlin Campus Mitte ausgewertet. Das soziale Netzwerk wurde durch sieben Fragen nach Wohnverhältnissen, Kontakt(-frequenz) zu Bezugspersonen, Nachbarschaftshilfe, Einsamkeit, sozialen Kontakten und außerhäuslichen Aktivitäten erfasst und durch einen selbst entwickelten sozialen Score eingestuft. Der Pearson-Chi-Quadrat-Test und die einfaktorielle Varianzanalyse ANOVA wurden verwendet, um den Zusammenhang zwischen sozialem Netzwerk und Gebrech-lichkeit zu beschreiben. Der Einfluss des sozialen Netzwerks und Frailty auf die Entwick-lung von Komplikationen wurde durch eine logistische Regressionsanalyse untersucht. Ergebnisse: Die meisten Teilnehmer*innen berichteten über soziale Faktoren, die ein stabiles soziales Netzwerk begünstigen. Es konnte ein umgekehrt proportionaler Zusammenhang zwischen dem sozialen Netzwerk und der Ausprägung von Frailty gezeigt werden (p= 0,001). Ein Einfluss des sozialen Netzwerks auf die Entwicklung postoperativer Komplikationen (p= 0,76) stellte sich nicht dar. Die individuelle Betrachtung der sozialen Faktoren zeigte, dass lediglich eine möglich (p= 0,01) und sehr schwierig (p= 0,02) zu erhaltende Nachbarschaftshilfe das Auftreten postoperativer Komplikationen beeinflusst. Die sozialen Faktoren korrelierten höchstens sehr schwach untereinander und wurden unterschiedlich häufig in den Frailtygruppen bestätigt. Eine erhöhte Inzidenz von postoperativen Komplikationen bei zunehmendem Frailtystatus konnte bestätigt werden (p= 0,001). Schlussfolgerung: Die vorliegenden Arbeit konnte keinen Zusammenhang zwischen einem schwachen sozialen Netzwerk und dem Auftreten postoperativer Komplikationen in Abhängigkeit vom Frailtystatus nachweisen. Die Auswertungen deuten darauf hin, dass postoperative Komplikationen vorhergesagt werden können, wenn der Frailtystatus bekannt ist. Die körperliche Frailty behält also ihre Bedeutung in der perioperativen Versorgung. Die sozialen Faktoren sollten vorzugsweise detaillierter erhoben und einzeln berücksichtigt werden.
The demographic change in Germany is characterized by an increasing age structure. Consequently, medical care is increasingly focused on older patients which are more likely to suffer from a frailty syndrome and are therefore more vulnerable to stressors, such as elective surgery. The incidence of postoperative complications like mortality are higher in this collective. The frailty phenotype of Fried et al. (2001) is limited because it refers only to physical factors, while the impact of non-physical factors has been increasingly recognized. An assessment of frailty should include not only physical but also psychosocial and cognitive aspects to identify possible deficits and/or resources to prevent complications. The primary endpoint of the study was to examine the relation-ship between social network and incidence of frailty. Second focus was to investigate the influence of the preoperative social network and frailty status on the incidence of postoperative complications. Methods: Based on a self-developed assessment, pre- and postoperative standard data of 1.012 non-cardiac surgery patients ≥65 years at the Department of Anesthesiology, Charité- Universitätsmedizin Berlin Campus Mitte were evaluated. The social network was assessed by seven questions related to living conditions, con-tact(-frequency) with caregivers, neighborhood support, loneliness, social contact development and out-of-home activities and classified by a self-developed social score. The Pearson chi-square test and the one-factor analysis of variance (ANOVA) were used to describe the relationship between social network and frailty. The influence of social net-work on the development of complications was examined through logistic regression analysis. Results: Most participants reported social factors conducive to a stable social network. An inversely proportional relationship between social network and the expression of frailty was shown (p= 0.001). There was no influence of the social network on the development of postoperative complications (p= 0.76). Individual examination of the social factors showed that only possible (p= 0.01) and very difficult (p= 0.02) access to support from neighbors influenced the occurrence of complications. The incidence of social deficits correlated weakly with each other and varied among frailty groups. The increased incidence of postoperative complications with increasing frailty status was confirmed (p= 0.001). Conclusion: A weak social network was not shown to be associated with the incidence of postoperative complications in relation to frailty status. The evaluations suggest that postoperative complications can be predicted if frailty status is known. Physical frailty retains its importance in perioperative care. Preferably, social factors should be assessed more detailed and considered individually.