Die Behandlung frühkindlicher Fütterstörungen findet zunehmend in von Migration geprägten Kontexten statt. Die sich hierdurch erweiternde soziale und kulturelle Diversität wird auf verschiedenen Ebenen in der Therapie relevant. Neben etwaigen sprachlichen Differenzen und unterschiedlichen Kommunikationsstilen ist mit variierenden Ernährungspraktiken und Eltern-Kind-Interaktionsstilen zu rechnen. Der kulturelle Faktor ist gleichermaßen bei den behandelten Familien wie den behandelnden Fachkräften und Institutionen zu sehen. Auch wenn die Standards und Leitlinien zur Behandlung von Fütterstörungen wissenschaftlich begründet werden, reflektieren sie zugleich kulturspezifische Ernährungsnormen des euro- amerikanischen Raums, dem die Forschung größtenteils entstammt. Bei ungenügender Berücksichtigung können diese kulturellen Differenzen zu Fehleinschätzungen und Missverständnissen in der Elternberatung führen und damit den Therapieerfolg beeinträchtigen. In diesem Beitrag stellen wir eine Reihe von Fallstricken vor, die sich bei der Behandlung vietnamesischer Familien im Sozialpädiatrischen Zentrum (SPZ) am Vivantes Klinikum im Friedrichshain (Berlin) gezeigt haben. Damit möchten wir Fachkräfte für die kulturelle Variabilität von Ernährungspraktiken und die Notwendigkeit sensibilisieren, die elterlichen Praktiken und Sichtweisen verstärkt im Diagnose- und Behandlungsprozess zu berücksichtigen.