Die Tätigkeit von Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten wird durch den Bedeutungszuwachs chronischer Erkrankungen und durch gesundheits- und berufspolitische Entwicklungen beeinflusst. Dabei zeigt sich, dass sie ihren Versorgungsauftrag immer seltener auf die unmittelbaren Kontaktzeiten mit den Patientinnen und Patienten beschränken können. Deshalb müssen sie auf eine Kombination von direkter Behandlung (Hands-on-Physiotherapy) und begleitender Edukation (Hands-off-Physiotherapy) zurückgreifen, um die Versorgungsziele erreichen zu können. Allerdings fehlt es an Konzepten, die edukatives Handeln reflektieren, methodisch und interventionslogisch begründen und auf eine theoretisch-konzeptionelle Basis stellen. Die vorliegende Dissertation versucht Ansätze zu liefern, mit denen man diesem Desiderat begegnen kann. Am Beispiel von Kinder mit lebenslimitierenden Erkrankungen und ihren Eltern sollten die Erfahrungen bei der Übernahme physiotherapeutischer Versorgungsleistungen erhoben, analysiert, theoretisch reflektiert und für eine Konzeptentwicklung verwendet werden. In einem ersten Arbeitsschritt wurde in zwei systematischen Literaturrecherchen der Erkenntnisstand zur Instruktion als einer edukativen Interventionsstrategie für die exemplarische Zielgruppe der Kinder mit lebenslimitierenden Erkrankungen und ihren Familien aufbereitet. Danach wurde eine qualitativ-empirische Studie durchgeführt, wobei für die Datenerhebung semistrukturierte qualitative Interviews verwendet wurden. Befragt wurden dabei Eltern (n = 15), deren Kinder an einer lebenslimitierenden Erkrankung leiden und die in der Häuslichkeit physiotherapeutische Versorgungsleistungen erbringen. Die Datenauswertung erfolgte anhand des Rekonstruktionsverfahrens der dokumentarischen Methode nach Bohnsack. In einem weiteren Arbeitsschritt wurden die empirischen Ergebnisse unter Bezugnahme zur Theorie der Selbstregulation von Albert Bandura theoretisch reflektiert. Abschließend wurden dann erste Kategorien für die Entwicklung eines edukativen Interventionskonzeptes identifiziert. Im Rahmen der Auswertung der empirischen Daten konnten drei divergierende Orientierungen bzw. Elterntypen rekonstruiert werden. Bei der theoriegeleiteten Betrachtung der empirisch-generierten Elterntypen zeigte sich, dass es deutliche Unterschiede bei ihrer Selbst- und Situationswahrnehmung, Motivation, Mitwirkungsbereitschaft, den durchlaufenen Selbstregulationsprozessen und letztendlich auch bei der ausgebildeten Selbstwirksamkeit gab. Die empirisch erhobene und theoretisch reflektierte Nutzerperspektive hinsichtlich der informellen physiotherapeutischen Versorgungsübernahme machte deutlich, dass elternorientierte Informationen, die Beobachtung von statusgleichen Erfahrungsträger in Gruppen und die Ermöglichung eigener positiver Erfahrungen die Selbstwirksamkeit positiv beeinflussen und somit als erste Kategorien bei der Konzeptualisierung von edukativen Interventionskonzepten berücksichtigt werden sollten. Um Eltern bei der Übernahme physiotherapeutischer Versorgungsleistungen zu unterstützen, sollten ihre unterschiedlichen Orientierungen beachtet und zukünftige Edukationsangebote nutzerorientiert gestaltet werden.
The significant increase in chronic diseases as well as developments in health care and professional policy have influenced the work of physiotherapists. It can be observed that they are less and less able to realize their care mandate exclusively during direct contact appointments with patients. Instead, in order to be able to achieve their care goals they must resort to a combination of direct treatment (hands-on physiotherapy) and accompanying education (hands-off physiotherapy). However, there are a lack of concepts that reflect educational action, justify it methodically and logically and place it on a theoreticalconceptual basis. This desideratum will be addressed within this dissertation. Using children with life-limiting illnesses and their parents as an example, their experiences of taking on physiotherapeutic care were collected, analyzed, theoretically reflected and used for concept development. As a first step, the level of knowledge concerning instruction as an educational intervention strategy as well as the level concerning the target group (children with life-limiting illnesses and their families) was established through two systematic literature searches. A qualitative-empirical study was then conducted, using semi-structured qualitative interviews for data collection. Fiveteen parents whose children have a life-limiting illness and who provide physical therapy care in the home were interviewed. Data analysis was carried out using the reconstruction procedure of the documentary method according to Bohnsack. In a further step, the empirical results were reflected theoretically with reference to the theory of self-regulation (Albert Bandura). Finally, the first categories for the development of an educational intervention concept were identified. In the course of the evaluation of the empirical data, three divergent orientations (parent types) could be reconstructed. This theory-based analysis of the empirically-generated parent types shows that their self-perception and their perception of their situation, their motivation and willingness to participate, the self-regulation processes they have experienced and ultimately the development of their self-efficacy vary significantly. The empirically collected and theoretically reflected user perspective regarding the taking on of informal physiotherapeutic care shows that parent-oriented information, observations from parents of equal status in groups as well as the enabling of their own positive experiences positively influence self-efficacy and thus should be considered as the first categories in the development of educational intervention concepts. In order to support parents in taking on physiotherapeutic care, their different orientations have to be considered and future educational measures should be designed taking these user-orientations into account.