How do humans make simple preferential decisions, like decide what to have for breakfast at a hotel buffet? In contrast to the assumption of normative accounts of decision making, humans' preferences are often not stable but constructed at the time of choice and contingent on the decision makers' interaction with the environment. Recent evidence suggests that the allocation of visual attention during deliberation is closely linked to subsequent choices so that alternatives that are looked at longer are generally more likely to be chosen. Prior work has characterized the processes underlying simple decisions in terms of evidence accumulation over time, where momentary rates of accumulation depend on the decision maker's allocation of gaze, and a decision is made when accumulated evidence reaches a certain threshold. However, the generalisability of gaze-dependent accumulation remains unclear in multiple regards: It is not established how well gaze-dependent evidence accumulation describes individual decision makers' behaviour or to what extent the association between visual attention and choice varies between individuals. In addition, it is unclear to what extent the theory applies to behaviour in contexts where choices deviate from normative predictions more substantially. Finally, it remains debated whether visual attention causally influences or rather reflects the construction of preferences.
In this thesis, I address these questions across three empirical studies using computational models of the decision process. In Study 1 (Thomas et al., 2019; Molter et al., 2019), we first developed a novel gaze-dependent evidence accumulation model that allowed investigation of choice processes on the individual level. In addition, we published a corresponding Python toolbox to facilitate its use by others. In Study 2 (Molter et al., 2021), we tested the gaze-dependent evidence accumulation framework in a multi-alternative, multi-attribute task involving choices between three risky gambles. The task was designed to elicit context effects in choice behaviour that challenge normative choice theories. These context effects describe preference changes depending on the set of available alternatives. We found not only choices but also decision makers' gaze allocation to be modulated by context, allowing a gaze-dependent evidence accumulation model derived from prior work to generalise to this more complex scenario. Using this new tool, we demonstrated that gaze-dependent evidence accumulation accurately captures individuals' choice and response time data and associations with gaze allocation across four simple choice data sets. Our analysis revealed, however, that individuals strongly differed in the degree to which choices and gaze allocation were linked and that this variability was associated with individual differences in choice consistency. In our preregistered Study 3 (Molter & Mohr, 2021), we finally addressed the causal direction of the association between visual attention and choice. Participants made repeated choices between two risky gambles whose attributes were presented sequentially. This allowed the experimental control of the stimuli's presentation duration and order. Our results confirmed a causal influence of information search on preference construction. However, we identified presentation order, not duration, as the influencing factor, as alternatives presented last were chosen more frequently. Notably, causal order effects are only predicted by some gaze-dependent evidence accumulation models, highlighting potential for future theory development.
The studies generally confirmed positive associations between visual attention and choice and provided support for gaze-dependent evidence accumulation theories on the individual level and in more complex choice scenarios. However, our studies also revealed large individual differences and possible limitations of current computational models of decision making. We showed that accounting for those differences and implementing additional mechanisms like accumulation leak to predict acquisition order effects substantially improve prediction of individual choice behaviour. Finally, I discuss these results on the active role of visual attention in the decision process and the theoretical model of gaze-dependent evidence accumulation in the broader context of constructed preferences and outline potential implications for the model-based analysis of choice and eye movement data.
Wie treffen Menschen einfache Entscheidungen, zum Beispiel die Auswahl eines Frühstücks am Hotelbuffet? Anders, als es normative Theorien zur Entscheidungsfindung voraussetzen, sind unsere Präferenzen oft nicht starr, sondern werden erst zum Zeitpunkt der Entscheidung durch die Interaktion des Entscheiders mit seiner Umgebung konstruiert. Empirische Befunde zeigen, dass die Verteilung visueller Aufmerksamkeit während des Entscheidungsprozesses eng mit den getroffenen Entscheidungen zusammenhängt, wobei ein längerer Blick auf eine Alternative mit einer höheren Wahrscheinlichkeit verbunden ist, diese auszuwählen. Frühere Arbeiten haben die Prozesse, die solchen einfachen Entscheidungen zugrunde liegen, als Akkumulation von Evidenz über Zeit charakterisiert, wobei die Akkumulationsrate zu jedem Zeitpunkt von der Blickrichtung des Entscheiders abhängt. Danach wird eine Entscheidung getroffen, sobald die Evidenz für eine Alternative einen bestimmten Grenzwert überschreitet. Es ist jedoch in mehrerlei Hinsicht unklar, inwiefern diese Theorie von blickabhängiger Evidenzakkumulation generalisierbar ist. Zum einen ist nicht sichergestellt, dass blickabhängige Evidenzakkumulation das Verhalten \emph{einzelner} Entscheider erfasst, und in welchem Ausmaß der Zusammenhang visueller Aufmerksamkeit und Entscheidung zwischen Personen variiert. Zum anderen ist unklar, ob dieser Erklärungsansatz in Situationen Bestand hat, in denen Entscheidungen deutlich von normativen Vorhersagen abweichen. Zuletzt bleibt umstritten, ob visuelle Aufmerksamkeit kausalen Einfluss auf Entscheidungsprozesse hat oder vielmehr die Konstruktion von Präferenzen nur abbildet.
Die vorliegende Dissertation soll diese Fragen in drei empirischen Studien unter Nutzung computerbasierter Modelle des Entscheidungsprozesses beantworten. In Studie 1 (Thomas et al., 2019; Molter et al., 2019) wurde zunächst ein neuartiges blickabhängiges Evidenzakkumulationsmodell entwickelt, das die Untersuchung des Entscheidungsprozesses einzelner Entscheider erlaubt. Hierzu wurde zusätzlich eine Python-Software-Toolbox veröffentlicht, die auch anderen Forschungsgruppen eine Anwendung des Modells ermöglicht. In vier verschiedenen Datensätzen konnten wir mithilfe dieses Werkzeugs zeigen, dass blickabhängige Evidenzakkumulation präzise Vorhersagen über Entscheidungen, Antwortzeiten und deren Zusammenhänge mit visueller Aufmerksamkeit für einzelne Entscheider macht. Unsere Analysen zeigten jedoch auch, dass Individuen große Unterschiede beim Zusammenhang von visueller Aufmerksamkeit und Entscheidung aufwiesen. Diese individuellen Unterschiede gingen zudem mit individuellen Unterschieden in der Konsistenz, mit der Entscheidungen getroffen wurden, einher. In Studie 2 (Molter et al., 2021) wurde das Konzept blickabhängiger Evidenzakkumulation in einer Entscheidungsaufgabe geprüft, in der drei risikobehaftete Lotterien als Alternativen mit mehreren Attributen zur Auswahl standen. Die Aufgabe wurde so entwickelt, dass Kontexteffekte im Entscheidungsverhalten auftreten sollten. Kontexteffekte beschreiben Präferenzänderungen in Abhängigkeit der verfügbaren Alternativen und stellen starke Abweichungen von normativen Vorhersagen dar. Die Ergebnisse zeigten, dass nicht nur das Entscheidungsverhalten, sondern auch die Verteilung visueller Aufmerksamkeit vom Kontext der verfügbaren Alternativen moduliert wurde. Dies ermöglichte es einem aus Vorarbeiten abgeleiteten blickabhängigen Evidenzakkumulationsmodell, Entscheidungsverhalten in diesem komplexen Szenario zu erfassen. Zuletzt wurde in einer prä-registrierten dritten Studie (Molter & Mohr, 2021) die Richtung des Kausalitätszusammenhangs zwischen visueller Aufmerksamkeit und Entscheidung beleuchtet. In unserem Experiment trafen Teilnehmer wiederholte Entscheidungen zwischen zwei Lotterien, deren Attribute sequenziell präsentiert wurden. Dies ermöglichte die experimentelle Kontrolle von Präsentationsdauer und Reihenfolge der Stimulusinformation. Die Ergebnisse bestätigten einen kausalen Einfluss der Informationssuche auf die Präferenzkonstruktion. Jedoch wurde hier die Präsentationsreihenfolge, nicht die Präsentationsdauer als Einflussfaktor identifiziert. Bemerkenswert ist hierbei, dass nur manche blickabhängigen Evidenzakkumulationsmodelle solche kausalen Einflüsse der Reihenfolge vorhersagen. Unsere Ergebnisse zeigen dementsprechend ein mögliches Potenzial für zukünftige Theorieentwicklung auf.
Unsere Studien bestätigten grundsätzlich den positiven Zusammenhang zwischen visueller Aufmerksamkeit und Entscheidungen. Zudem unterstützen sie Theorien blickabhängiger Evidenzakkumulation im Rahmen individueller und komplexer Entscheidungen. Die Analysen haben allerdings auch bedeutende individuelle Unterschiede und mögliche Grenzen aktueller Modelle sichtbar gemacht. Hier konnten wir jedoch zeigen, dass die Berücksichtigung solcher Unterschiede und die Hinzunahme zusätzlicher Mechanismen wie imperfekter Akkumulation die Vorhersage individuellen Verhaltens erheblich verbessert. Zum Abschluss der Arbeit werden diese Ergebnisse einer aktiven Rolle visueller Aufmerksamkeit im Entscheidungsprozess sowie das theoretische Modell blickabhängiger Evidenzakkumulation im weiteren Kontext konstruierter Präferenzen diskutiert und mögliche Implikationen für die computermodellbasierte Analyse von Entscheidungs- und Blickbewegungsdaten aufgezeigt.