Die Anwendung von Zwangsmaßnahmen (ZM) in der Psychiatrie stellt für Patient*innen eine Einschränkung ihrer Persönlichkeitsrechte dar, kann auch posttraumatische Symptome nach sich ziehen, in manchen Fällen jedoch notwendige Fürsorge darstellen. In den vorliegenden Studien werden Ursachen für die Ausübung von ZM und Möglichkeiten zur Verhinderung von Zwang in der psychiatrischen Behandlung untersucht. Explizite und implizite Einstellungen von Mitarbeitenden zu ZM werden mit Daten zu deren Häufigkeit verglichen und mit weiteren Einflussfaktoren wie Geschlecht, Berufsgruppe und Berufserfahrung in Zusammenhang gebracht. Ferner soll durch Untersuchung der Brauchbarkeit eines selbst entwickelten Leitfadens zur Nachbesprechung (NB) von ZM mit Patient*innen, Mitarbeitenden und einer Moderation ein Beitrag zur Verhinderung negativer Folgen von Zwang geleistet werden. Letztlich wird in einer randomisiert-kontrollierten Studie der Einfluss der NB auf die Entwicklung von posttraumatischen Symptomen im Vergleich zur Standardbehandlung untersucht. Im Ergebnis wurde kein Zusammenhang zwischen expliziter bzw. impliziter Einstellung des Personals gegenüber ZM und dessen Ausübung gefunden. Signifikante Berufsgruppenunterschiede zeigten, dass Pflegende implizit wie explizit der Anwendung von ZM positiver gegenüberstehen als Ärzt*innen. Frauen zeigten implizit eine positivere Einstellung gegenüber Zwang als Männer, nicht jedoch auf expliziter Ebene. Der Leitfaden zur NB von Zwang wurde von allen Beteiligten als brauchbar und u. a. für die Wiederherstellung der therapeutischen Beziehung als hilfreich empfunden. In der dritten Studie wurden in der Interventionsgruppe, die eine standardisierte leitfadengestützte NB von ZM erhielt, signifikant niedrigere Werte für posttraumatische Intrusionen und Übererregung als bei einer Standardbehandlung nachgewiesen. ehlende Zusammenhänge zwischen den Einstellungen gegenüber ZM und deren objektiver Häufigkeit deuten auf einen komplexeren Einfluss von Kontextvariablen hin. Auch die heterogene quantitative Erfassung von ZM durch die Kliniken kann das Ergebnis beeinflusst haben. Berufsgruppenunterschiede könnten in einer intensiveren Konfrontation der Pflegekräfte mit Bedürfnissen wie auch psychopathologischen Merkmalen von Patient*innen im Vergleich zu Ärzt*innen begründet sein. Unterschiede in der impliziten Einstellung zwischen den Geschlechtern könnten auf ein stärkeres Ausmaß von Angst bei weiblichen Mitarbeitenden hindeuten. Die Perspektive des weiblichen Personals sollte daher genauere Betrachtung erfahren. Die standardisierte leitfadengestützte NB von Zwang wird von Patient*innen und Mitarbeitenden als hilfreich empfunden. Die Ergebnisse zeigten jedoch, dass eine frühzeitige NB nicht immer zu empfehlen ist. Die erste randomisiert-kontrollierte Studie zur strukturierten NB konnte einen möglichen protektiven Effekt der NB in Bezug auf posttraumatische Symptome nachweisen. Zukünftige Studien sollten weitere Aspekte der leitfadengestützten NB wie z.B. den Einfluss auf die therapeutische Beziehung, auf Einstellung von Mitarbeitenden oder das künftige Verhalten aller Beteiligter in Krisensituationen genauer untersuchen.
The use of coercive measures (CM) in psychiatry is a restriction of the personal rights of patients and may result in post-traumatic symptoms. However, in some cases coercion might be inevitable to prevent harm to self and/or others. The studies presented investigate reasons for the use of CM and ways of preventing them. Explicit and implicit attitudes of staff members towards CM are associated with data on their frequency and with other influencing factors such as gender, occupational group and work experience. Furthermore, the research presented contributes to the prevention of negative consequences of CM by examining a self- developed, standardized guide for a post-coercion review session (SRS) between patient, staff and a moderator. Finally, a randomized-controlled study examines the influence of SRS on the development of post-traumatic symptoms in comparison to a standard treatment. No connection was found between the explicit and implicit staff attitudes towards CM and its use in clinical practice. Significant occupational group differences showed that nurses have more positive attitudes about CM than doctors, both implicitly and explicitly. Women implicitly showed a more positive attitude towards coercion than men, no differences were found explicitly. The SRS was found to be useful by all those involved and helpful in restoring the therapeutic relationship after a CM. In the third study, significantly lower values for post- traumatic intrusions and over-excitation values were found in the experimental group compared to the group which received standard treatment. A lack of correlation between attitudes towards CM and their objective frequency suggests a more complex influence of context variables. Differences in documenting CM between the participating clinics may also have influenced the results. The differences found between occupational groups may be explained by a more intensive confrontation of nurses with the needs and psychopathological characteristics of patients compared to doctors. Differences in implicit attitudes between men and women could indicate higher levels of anxiety among female employees. The perspective of female staff members should therefore be examined more closely. The SRS is perceived as helpful by patients and employees. However, the results show that a debriefing shortly after the CM was used is not always recommended. The first randomized controlled study on SRS was able to demonstrate a possible protective effect of SRS in relation to post-traumatic symptoms. Future studies should examine further aspects of the SRS such as the influence on the therapeutic relationship, the attitude of employees or the future behavior of all those involved in crisis situations.