Im Spannungsfeld zwischen globaler Finanz-, Rohstoff- und Nahrungsmittelpreiskrise sowie dem Klimawandel und seinen möglichen Auswirkungen hat seit Mitte der 2000er Jahre die Nachfrage nach Land stark zugenommen. Ausdruck für diese Entwicklung ist der Anstieg großflächiger Aneignungen von Land durch nationale, internationale und multinationale Akteure. Ich bezeichne dieses Phänomen als land grabbing. Land grabbing lässt sich vor allem – wenn auch nicht ausschließlich – in Ländern des Globalen Südens beobachten. Besonders betroffen ist der afrikanische Kontinent. Dort eignen sich Investoren oftmals gewohnheitsrechtlich verwaltetes und kollektiv genutztes Land an, das den Großteil aller Nutzflächen ausmacht. Im Zusammenhang mit land grabbing treten in vielen Fällen Kon-flikte auf, die auf unterschiedlichen Ebenen und zwischen unterschiedlichen Akteuren verlaufen. Das verbindende Element in diesen Konflikten ist die Aushandlung von Zugang zu Land. Konflikte um Zugang verlaufen zwischen Akteuren, die Zugang zu Land kontrollieren, denjenigen die sich Zugang neuaneignen, und denjenigen, die Zugang über Dritte erlangen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Je nach institutioneller Ausgestaltung des Zugangs zu Land sind in den Konflikten unterschiedliche Akteure involviert. In Subsahara-Afrika spielen traditionelle Autoritäten eine wichtige Rolle im Zusammenhang mit land grabbing. Sie sind die treuhänderischen Verwalter von ge-wohnheitsrechtlichem Land und in dieser Funktion auch Verhandlungspartner von Investoren in Bezug auf die großflächige Aneignung von Land. Das macht sie zu zentralen Akteuren in Konflikten, die in diesem Zusammenhang auftreten. Welche Rolle traditionelle Autoritäten in diesen Konflikten spielen, ist bislang jedoch kaum erforscht. Die Arbeit widmet sich der Frage welcher Zusammenhang zwischen dem Handeln traditioneller Autoritäten und Konflikten um Zugang zu Land im Kontext von land grabbing besteht. Ziel ist es, empirisch begründetes Wissen zur Erklärung von Konflikten, die im Zusammenhang mit land grabbing in traditionellen Landverwal-tungssystemen auftreten, zu schaffen. Empirisch vergleiche ich zwei Konflikte um Zugang zu Land in der Ashanti und der Northern Region Ghanas, die im Kontext von land grabbing entstanden sind. Für meine Analyse erarbeite ich einen theoretischen Rahmen, der ein differenziertes Verständnis von Zugang zu Land in traditionellen Landver-waltungssystemen mit Steven Lukes‘ (2005) Konzept der drei Dimensionen von Macht kombiniert. Anhand meiner Analyse zeige ich, wie sich für unterschiedliche Akteure der Zugang zu Land im Zusammenhang mit land grabbing verändert und welche zentralen Widersprüche die damit verbundenen Konflikte strukturieren. Ich komme zu dem Ergebnis, dass land grabbing mit einer Zentralisierung der Kontrolle über den Zugang zu Land zu-gunsten bestimmter traditioneller Autoritäten einhergeht. Anhand von Lukes‘ Machtkonzept identifiziere ich typische Handlungsstrategien, über die es diesen traditionellen Autoritäten gelingt, sich die Kontrolle über den Zugang zu Land anzueignen. Ich zeige, wie sich diese Handlungsstrategien auf traditionelle Herrschaftssysteme sowie auf die Entstehung und den Verlauf von Konflikten um Zugang zu Land auswirken.