Patienten mit einem akuten, ischämischen Schlaganfall haben durch den Durchbruch und Paradigmenwechsel hin zur endovaskulären Therapie eine deutliche Verringerung von Morbidität und Mortalität entwickelt. Dennoch unterliegen viele Patienten, trotz erfolgreicher Rekanalisation durch eine MT, einer hohen interindividuellen Variabilität im klinischen outcome. Ziel ist es daher weitere Subgruppen zu identifizieren, um die Therapieeffekte einer MT einer möglichst großen Patientenpopulation zugänglich zu machen. Mit der Einführung des Biomarkers NWU gelang erstmals eine zuverlässige Messung des ischämischen Hirnödems durch eine Quantifizierung des prozentualen Wassereinstromes in das Infarktgewebe. Ziel der Originalarbeit 1 und 2 war es daher NWU als potentiellen Prädiktionsmarker für klinische Endpunkte des ischämischen Schlaganfalls, in einer Subgruppe von Patienten mit erfolgreicher MT, näher zu evaluieren. Neben klinischen Parametern, wurden neben NWU ebenfalls weitere qualitative und quantitative, etablierte Bildgebungsmarker erhoben (z.B. ASPECTS, Kollateralstatus). Für das frühe NWU in der initialen Bildgebung wurde in uni- und multivariaten Modellen gezeigt, dass es sowohl etablierten Marker der CT Bildgebung (ASPECTS) als auch der Klinik (NIHSS) in der diagnostischen Aussagekraft für ein schlechtes outcome überlegen ist. Zudem könnte der frühe Nettoeinstrom von zytotoxischem Ödem die hohe Intervariabilität des klinischen outcome, trotz ähnlicher Infarktausdehnung und -volumina sowie Zeitfenster, erklären (accelerated ‘‘tissue clock’’ desynchronized with the real ‘‘time clock’’). Trotz der kontinuierlichen Erfolge des Therapieeffektes der MT aus der HERMES, sowie zuletzt der DAWN und DEFUSE-3 Studie, bleibt die ICH die gefürchtetste Komplikation jeder MT und bleibt ein wichtiger Endpunkt großer RCTs. So haben die Ergebnisse der Originalarbeit 3 eine überlegene prognostische Aussagekraft von NWU gegenüber etablierten Bildgebungsmarkern (ASPECTS und Kollateralstatus) sowie klinischen Markern (NIHSS) gezeigt. Die Klassifikation der Blutungsereignisse nach den jüngsten, internationalen Konsensusempfehlungen der Heidelberger Blutungsklassifikation, weisen zusätzlich auf die methodische Stärke der vorliegenden Originalarbeit 3 und 4 hin. Im direkten Vergleich mit vorherigen Klassifikationen (z.B. ECASS III) zeigte die Heidelberger Blutungsklassifikation eine höhere Sensitivität für die Bestimmung einer sICH. Der genaue prognostische Wert der aICH auf das klinische outcome bleibt dennoch aktuell unzureichend geklärt. Die Ergebnisse in Originalarbeit 4 stellen zudem eindeutig die Langzeitauswirkungen einer aICH nach erfolgreicher MT auf das funktionelle outcome dar und untersucht deren Risikofaktoren. Ferner wurden anhand der Ergebnisse klinisch-anwendbare, prognostische Modelle etabliert und evaluiert. Denn insbesondere beim ischämischen Schlaganfall gilt es den therapierelevanten Nutzen von prognostischen Modellen durch eine stetige Verbesserung von Behandlungsstandards und Fortentwicklung therapeutischer Interventionen voranzutreiben.
Beim hämorrhagischen Schlaganfall hat sich, anders als beim ischämischen Schlaganfall, bisher kein therapeutischer Durchbruch ergeben, weshalb dieses Patientenkollektiv weiterhin hohe Mortalitäten und Morbiditäten aufweist. Neben der Erforschung neuer medikamentöser und therapeutischer Angriffspunkte der sekundären Hirnschädigung nach einer ICH, liegt unverändert der wissenschaftliche Fokus auf einer frühen Detektion der potentiell therapeutisch-reversiblen Expansion einer ICH. Hierbei haben insbesondere Marker der multimodalen CT an Bedeutung in der Detektion der HE gewonnen. So wird das Spot Sign der CTA bereits in großen prospektiven RCTs zur Patientenstratifizierung eingesetzt. Angesichts der breiten Verfügbarkeit von NCCT Markern erscheint dennoch die Stratifizierung des Expansionsrisikos mit NCCT-Markern als eine vielversprechende, alternative Strategie. Ziel der Habilitationsschrift war es daher den prognostischen Nutzen und den Grad der Interaktion der Marker näher zu untersuchen, um zukünftig auch akkurate und universell gültige Modelle erstellen und deren Einsetzbarkeit in künftigen RCTs bahnen zu können. Hierfür wurden in einem großen multizentrischen Studiendesign (Originalarbeit 5) fünf etablierte NCCT Marker und das Spot Sign für ihre Verteilung (1) in der Gesamtkohorte, (2) in Abhängigkeit von einem guten bzw. schlechten outcome, (3) in Abhängigkeit vom Auftreten mehrerer Zeichen, sowie (4) für ihre Inter- und Intraraterreliabilität untersucht. Die Originalarbeit 6 hat erstmals die Verteilung der Marker bei einem gemeinsamen Auftreten und deren jeweiligen individuellen Einfluss auf das klinische outcome beschrieben. Die klinische Relevanz dieser Ergebnisse zeigt der Einzug der Ergebnisse in die internationalen Konsensusempfehlungen von Morotti et al. Die pathophysiologischen Mechanismen, die den NCCT Markern zugrunde liegen, bleiben unzureichend geklärt. Dennoch gilt es weitgehend gesichert, dass ein Großteil der dichtemorphologischen Charakteristika der NCCT Marker auf verschiedenen Stadien der Koagulation des Blutes beruhen. Doch Unterschiede in der Distribution der NCCT Marker und deren potentiell unterschiedlichen Einfluss auf das klinische outcome, sind bei Patienten unter oraler Antikoagulation erstmals in der Originalarbeit 7 untersucht worden.
Prognostische Modelle der Schlaganfalltherapie werden auch zukünftig unverändert eine hohe Relevanz behalten. Die vorgestellten Originalarbeiten dieser Habilitationsschrift evaluieren hierfür quantitative und qualitative Prädiktoren für das klinische outcome nach akutem ischämischem und hämorrhagischem Schlaganfall während der Hospitalisierungs- und Verlaufsphase. Sie definieren somit Studien-Subpopulationen und potentielle, neue Therapieziele, die anschließend prospektiv untersucht werden können.