Die Rolle des Christentums wird im gegenwärtigen Rechtsruck bisher als diffuser Identitätsmarker für das Eigene, als belonging without believing, beschrieben. Referenzen wie die christliche Kultur würden zwar für das Identitäre stehen, damit artikuliere sich aber eher ein säkulares und kulturelles als ein glaubendes Wir. Diagnosen dieser Art wurden bisher vor allem an öffentlichen Programmatiken oder Diskursen festgemacht. Weniger klar ist, wie christliche Wissensbestände auch auf der lebensweltlichen Ebene neuer lokaler Gruppen ihre Relevanz erhalten und zu einer kollektiven Identität der sogenannten Neuen Rechten beitragen. Aufbauend auf dem Konzept der affektiven Grenzziehungen, das den Blick für ebendiese erfahrungsbasierten Prozesse der Sinnstiftung schärft, geht dieser Beitrag den Bedeutungen und Funktionen des Christentums für verschiedene lokal agierende Gruppen (AfD, Pegida, Identitäre Bewegung) nach. Drei exemplarische Fälle verdeutlichen, wie facettenreich und damit auch umstritten das Christentum als verbindende Ressource der Neuen Rechten ist: Zwar zeigt sich ein vereinendes Potenzial in der gemeinsamen Identifikation mit dem Christentum als säkularisierter Kulturleistung. Doch letztlich offenbaren sich in den Positionierungen zum Christentum fundamentale Identitäts- und gesellschaftliche Ordnungsvorstellungen. Die Befunde verweisen damit auch auf die Grenzen einer gemeinsamen Politisierung durch den Ethnopluralismus.
In the current politicization from the far-right, the role of Christianity has so far been described as a diffuse identity marker, as belonging without believing. References such as ‘Christian culture’ express identity, but they articulate a secular and cultural rather than a believing ‘We’. Such diagnoses have been based primarily on public programs or discourses. But it remains unclear to what extent Christian ideas also appear meaningful on the level of new local groups and their identity formation. Building on the concept of affective boundary making which sharpens the focus on precisely these experience-based processes of meaning-making, this article explores the meanings and functions of Christianity for various locally active groups of the so-called New Right (AfD, Pegida, Identitarian Movement). Three exemplary cases show how multifaceted and also controversial Christianity is for a collective identity of the New Right: Christianity unifies as a secularized cultural force, but beyond that commonality, fundamentally different concepts of identity and social order are revealed. The findings point to the limits of politicization through ethnopluralism.