Einleitung: Zahlreiche Untersuchungen zeigen das therapeutische Potenzial der transkrani-ellen Gleichstromstimulation (tDCS) zur Schmerzreduktion bei chronischen Schmerzsyn-dromen. Auch eine signifikante Schmerzreduktion bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) und chronisch abdominellen Schmerzen konnte bereits erzielt werden. Bislang wurde jedoch noch keine Studie durchgeführt, in der untersucht wurde, ob und in welcher Art der Einsatz der tDCS bei CED auch zu strukturellen und funktionellen Gehirnveränderung führt. Diese Studie untersucht strukturelle und funktionelle Veränderun-gen in der Magnetresonanztomographie (MRT) nach der tDCS zur Schmerzlinderung bei Patienten mit CED und chronisch abdominellen Schmerzen.
Material und Methoden: Die Studie wurde unter verblindeten, randomisierten sowie place-bokontrollierten Bedingungen durchgeführt. Es wurden insgesamt 36 CED-Patienten mit chronischen Bauchschmerzen eingeschlossen. Die aktive, anodale tDCS wurde über dem primär motorischen Kortex für 20 Minuten mit 2 mA an fünf aufeinanderfolgenden Tagen appliziert. Vor der ersten Stimulation sowie nach der letzten Stimulation wurde eine kranielle MRT (cMRT) durchgeführt. Primärer Endpunkt war die Messung einer Schmerzreduktion mittels Druckschmerzmessung. Sekundärer Endpunkt war die Identifizierung möglicher struktureller und funktioneller Gehirnveränderungen mittels cMRT im longitudinalen Grup-penvergleich. Analysiert wurden Veränderungen der grauen Substanz in der Voxel-basierten Morphometrie (VBM), der weißen Substanz in der Diffusions-Tensor-Bildgebung (DTI) und der funktionellen Konnektivität mittels einer Untersuchung der Ruhenetzwerke (resting state) (RS) nach der fünftägigen Interventionswoche.
Ergebnisse: Die vorliegende Studie zeigt eine Assoziation von Schmerzreduktion und Ver-änderungen der Plastizität des Gehirns bei Patienten mit CED auf. In der cMRT zeigte sich im longitudinalen Vergleich eine signifikante Zunahme der funktionellen Konnektivität innerhalb des visuell-medialen Netzwerks und des rechten frontoparietalen Netzwerks in der aktiven tDCS-Gruppe, nicht jedoch in der Placebogruppe. In Übereinstimmung mit einer bisherigen Untersuchung führte die Anwendung der tDCS zu einer reproduzierbaren signifikanten Schmerzreduktion im Vergleich zur Placebokontrollgruppe. Die schmerzreduzierende Wirkung resultierte in einer erhöhten Druckschmerztoleranz sowie in einer Verminderung des subjektiven Schmerzempfindens auf der visuellen Analogskala (VAS).
Schlussfolgerung: Diese Studie liefert erste Hinweise darauf, dass eine Reduktion abdomi-neller Schmerzen durch die tDCS mit funktionellen Gehirnveränderungen assoziiert ist. Die Ergebnisse unserer Studie deuten darauf hin, dass die tDCS eine wirksame Therapie zur Be-handlung chronischer Bauchschmerzen bei CED-Patienten darstellt. Da es sich bei der tDCS um eine sichere und kostengünstige Therapie handelt, könnte die tDCS künftig Teil eines multimodalen Ansatzes der Schmerztherapie werden.
Introduction: Numerous studies show the therapeutic potential of transcranial direct current stimulation (tDCS) for pain reduction in chronic pain syndromes. A significant pain reduction in patients with chronic inflammatory bowel disease (IBD => CED) and chronic abdominal pain has also been achieved. To date, however, no study has been conducted to investigate whether and in what way the use of tDCS in CED also leads to structural and functional brain changes. This study investigates structural and functional changes in magnetic resonance imaging (MRI) after tDCS for pain relief in patients with CED and chronic abdominal pain.
Material and methods: The study was conducted under blinded, randomized and placebo-controlled conditions. A total of 36 CED patients with chronic abdominal pain were included. The active, anodal tDCS was applied over the primary motor cortex for 20 minutes with 2 mA for five consecutive days. A cranial MRI (cMRI) was performed before the first stimulation and after the last stimulation. The primary endpoint was the measurement of pain reduction by means of pressure pain measurement. The secondary endpoint was the identification of possible structural and functional brain changes by cMRI in a longitudinal group comparison. Changes in gray matter were analyzed in voxel-based morphometry (VBM). Microstructural analysis of the white matter was assessed in diffusion tensor imaging (DTI). Functional connectivity was assessed by resting state (RS) examination after the five-day intervention week.
Results: The present study shows an association of pain reduction and changes in brain plasticity in patients with CED. In cMRI, a significant increase in functional connectivity within the visual-medial network and the right frontoparietal network was observed in the active tDCS group but not in the placebo group. In accordance with a previous study, the use of tDCS led to a reproducible significant reduction in pain compared to the placebo control group. The pain-reducing effect resulted in an increased tolerance to pressure pain and a reduction in subjective pain sensation on the VAS.
Conclusion: This study provides first evidence that a reduction of abdominal pain by tDCS is associated with functional brain changes. The results of our study suggest that tDCS is an effective therapy for chronic abdominal pain. As tDCS is a safe and cost-effective therapy, it could become part of a multimodal approach to pain management.