Kleine Strongyliden gehören heute beim Pferd zu den bedeutsamsten Parasiten. Sie sind auf Bestandsebene ubiquitär vorkommend und, u.a. durch ihren kurzen Entwicklungszyklus nicht aus dem Bestand zu tilgen. Aus den mit dem Kot ausgeschiedenen Eiern entwickeln sich in der Umwelt, bzw. auf der Weide, bei günstigen klimatischen Bedingungen, in kurzer Zeit infektiöse Drittlarven. Aufgrund ihrer Bescheidung sind sie sehr widerstandsfähig gegenüber Umwelteinflüssen und können lange auf Pferdeweiden überleben, auch der europäische Winter kann überdauert werden. Aufgrund des sich steigernden Vorkommens von kleinen Strongylidenpopulationen, die Resistenzen gegen die verfügbaren Anthelminthika entwickelt haben, sind alternative Bekämpfungsmaßnahmen von zunehmender Bedeutung. Hierzu zählen u.a. weidehygienische Maßnahmen, wie z.B. das Abäppeln der Weide. In dieser Hinsicht wurde während eines zweijährigen Projektes die Wirkung einer Kalkstickstoffdüngung von Pferdeweiden auf das Überleben, die Infektiösität und die Motilität von dritten Larven (L3) kleiner Strongyliden untersucht. Kalkstickstoff reagiert bei Kontakt mit Bodenfeuchtigkeit über mehrere Schritte zu pflanzenverfügbarem Ammonium und Nitrat. Unter anderem entsteht bei dieser Reaktion Cyanamid, welches für die meisten Organismen toxisch ist. Für Wiederkäuerlarven wurden in der Vergangenheit einige Untersuchungen, mit unterschiedlichen Ergebnissen über den Einsatz von Kalkstickstoffdüngung in der Parasitenbekämpfung veröffentlicht. Auch bei Pferden könnte, durch das Unschädlichmachen der infektiösen Drittlarve, der Infektionszyklus unterbrochen und so das Risiko für eine erneute Infektion auf der Weide vermindert werden. In einem Feldprojekt, welches 2014 während der Weidesaison von Mai bis Oktober auf einem großen Gestüt in Mecklenburg-Vorpommern durchgeführt wurde, sollte die Wirkung des Düngers getestet werden. Von den Pferden der Kontrollherde und den Versuchstieren auf der mit Kalkstickstoff gedüngten Weide wurden monatlich koproskopisch die Strongylideneinzahl pro Gramm Kot (EpG) mittels Mini-FLOTAC Verfahren bestimmt, sowie alle zwei bis vier Wochen Grasproben beider Weiden hinsichtlich der vorhandenen Strongylidenlarvenzahl untersucht. Die EpG-Werte waren zu Beginn der Weidesaison niedrig und stiegen erst im Herbst in beiden Gruppen gleichermaßen an. Die Larvenzählungen der Weidegrasproben blieben in den ersten Monaten negativ bzw. sehr gering (46 Larven/kg Trockenmasse Gras) und stiegen erst im August auf 354 L3/kg (Kontrollgruppe) bzw. 648 L3/kg (Kalkstickstoff-Gruppe) an. Eine zusätzliche, stark mit Larven kontaminierte Fläche (Ausgangswerte: Kontrollfläche: 46.494 L3/kg, Kalkstickstofffläche: 50.954 L3/kg) wurde in den Versuch mit aufgenommen und ebenfalls mit Kalkstickstoff gedüngt, nachdem die Pferde auf frische Weiden umgestellt worden sind. Nach drei Wochen fanden sich im Vergleich zum Ausgangswert noch 6% Larven auf der Kontrollweide und 36% Larven auf der mit Kalkstickstoff gedüngten Weide. Nach fünf Wochen lag die Anzahl der gefundenen Larven bei 18% (Kontrolle) und 24% (Kalkstickstoff) vom Ausgangswert. Des Weiteren wurde im Labor ein Versuch unter Verwendung von Grastöpfchen im Klimaschrank durchgeführt. Hier sollte die Situation auf der Weide unter standardisierten Umweltbedingungen nachgestellt werden. Rund 60 Grastöpfchen (Durchmesser: 8,5 cm) wurden angepflanzt und jeweils 1000 infektiöse L3 kleiner Strongylidenpro Topf auf das Gras pipettiert. Die Hälfte der Grastöpfchen wurde mit der empfohlenen Menge Kalkstickstoff gedüngt, die andere Hälfte blieb ungedüngt als Kontrolle. Zu verschiedenen Zeitpunkten nach der Düngung wurden Erde und Gras getrennt untersucht und nach entsprechenden, hierfür entwickelten Protokollen gewaschen, um die enthaltenen Larven zu gewinnen. Anschließend wurde in einer 24-Well-Platte mit Sieben (22 µm Maschenweite), ein Larven-Migrations-Test (Fitnesstest) durchgeführt, um lebende von toten Larven zu unterscheiden. Es zeigten sich, im Hinblick auf die ermittelten Gesamtlarvenzahlen für die Grastöpfchen der beiden Gruppen und hinsichtlich der Ergebnisse des Fitnesstests keine signifikanten Unterschiede. Erst beim Vergleich der Larvenzahlen in der Erde bzw. auf dem Gras konnte festgestellt werden, dass sich bei den mit Kalkstickstoff gedüngten Töpfchen signifikant weniger Larven auf dem Gras und dafür mehr in der Erde befanden. Diese Beobachtung konnte aber bei Analyse weiterer Grastöpfchen, auf denen die doppelte sowie zehnfache Kalkstickstoffmenge aufgebracht wurde, nicht bestätigt werden. Allerdings wurde, bezüglich der von diesen Grastöpfchen gewonnenen L3, schon hinsichtlich der doppelten Düngermenge eine signifikant erniedrigte Wanderung der Larven im Fitnesstest beobachtet und bei der 10-fachen Menge eine nahezu vollständige Verhinderung der Wanderung. Im letzten Teil der Arbeit wurden „Larven-Migrations-Inhibitions-Assays“ (LMIAs) mit Drittlarven kleiner Strongyliden und verschieden konzentrierten Cyanamid-Lösungen durchgeführt. Da es noch keine Standardisierung dieses Assays für kleine Strongyliden gibt, wurde nach mehreren Vorversuchen eine Inkubation für 24 Stunden bei 27°C, sowie nachfolgend eine Wanderung durch Siebe mit einer Maschenweit von 28 µm für 24 Stunden bei gleicher Temperatur gewählt. Nach Auswertung von 33 Durchgängen der Larven-Migrations-Inhibitions-Assays konnte gezeigt werden, dass eine 0,09%-ige Cyanamid-Lösung (922 mg/l) die Wanderung von 50% der Larven verhindert. Um 95% der Larven zu hemmen, ist eine 0,17%-ige Lösung (1742 mg/l) notwendig. In den analysierten Bodenproben konnten zwei Tage nach der Düngung maximal Werte von 183 mg/kg (Feldwegerde) bzw. 305 mg/kg (Blumenerde aus dem Töpfchenversuch) gemessen werden. Eine Wirkung des Cyanamids auf die Drittlarven kleiner Strongyliden konnte somit in vitro gezeigt werden. Jedoch scheint die benötigte Konzentration höher zu sein, als in praxi mit der empfohlenen Menge von 400kg/ha auf der Weide erreicht werden konnte.