Die Schmerzerkennung und Beurteilung des Schmerzgrads beim Pferd stellt eine große Herausforderung dar, da Pferde sich nicht verbal äußern können und Fluchttiere sind, die als Schutzmechanismus versuchen, den Schmerz zu kaschieren. Insbesondere bei Pferden mit akuter Koliksymptomatik ist die frühzeitige Erkennung und Einschätzung des Schmerzes essenziell, um frühzeitig eine entsprechende Therapie einzuleiten und damit die Prognose zu verbessern. Bis heute gibt es keinen Goldstandard zur Erfassung des Schmerzes beim Pferd. Aus diesem Grund wurde in dieser Studie die Eignung verschiedener Parameter zur Schmerzerkennung und Graduierung bei Pferden mit akuter Koliksymptomatik untersucht. In Teil A dieser Studie, einer Vorstudie, wurden 49 Pferde untersucht, die aufgrund von Koliksymptomen in die Klinik überwiesen wurden. Die Pferde wurden nach Einlieferung in die Klinik, am darauffolgenden Tag und am Tag der Entlassung untersucht, so dass die Pferde als ihre eigenen Kontrollen dienten. Zusätzlich wurde eine Kontrollgruppe untersucht, die ohne Schmerzen in die Klinik transportiert wurde. Zunächst wurden bei den Patienten verschiedene Schmerzscores, ein Score zur Einschätzung der Schwere der Kolik und ein Score zur Einschätzung der Sepsis erhoben. Im Anschluss wurden die Scores miteinander verglichen. Dabei stellte sich heraus, dass die Schwere der Kolik und die Schwere der Sepsis nicht zwangsläufig mit dem Schmerzgrad korrelierten. Zudem zeigte sich, dass verschiedene Schmerzscores basierend auf der Mimik gute Übereinstimmungen untereinander zeigten. Im Gegensatz dazu zeigte ein Vergleich dieser Schmerzscores mit Schmerzscores, die anhand von verhaltensbasierenden und physiologischen Parametern erhoben wurden, nur moderate Übereinstimmungen. Weiterhin wurden die Herzfrequenzvariabilität und Blutdruckparameter untersucht. Bei der Herzfrequenzvariabilitäts-Analyse (HRV-Analyse) wurden das mittlere RR-Intervall (MeanRR), die Standardabweichung der Varianz der NN-Intervalle (SDNN), die Standardabweichung der Differenzen aufeinanderfolgender RR-Intervalle (RMSSD = root mean square of successiv differences between adjacent NN-Intervals), die absolute Anzahl der Paare benachbarter NN-Intervalle, die sich um mindesten 50 ms vom vorausgehenden NN-Intervall unterscheiden (NN50), der Prozentsatz der Paare benachbarter NN-Intervalle, die sich um mindesten 50 ms vom vorausgehenden NN-Intervall unterscheiden (pNN50), die Low-Frequency-Leistung (LF-Leistung), die High-Frequency-Leistung (HF-Leistung) und das Verhältnis von LF und HF als sympathovagale Balance (LF/HF-Ratio) bestimmt, sowie die mittlere Herzfrequenz (MeanHR) aus dem EKG ermittelt. Bei der Blutdruckmessung wurden der systolisch arterielle Blutdruck (SBD), der mittlere arterielle Blutdruck (MBD), der diastolisch arterielle Blutdruck (DBD) und der systemisch-vaskuläre-Widerstands-Index (SVR-Index) gemessen. Hinsichtlich der Eignung als Schmerzparameter erwiesen sich in dieser Studie die Herzfrequenz, MeanRR und SVR-Index als nützlich mit signifikanten Unterschieden zwischen den Patienten mit unterschiedlichen Schmerzgraden. Ob SBD, MBD, DBD, RMSSD, NN50 und pNN50 nützlich sein könnten, konnte in dieser Studie nicht klar definiert werden, da die Auswertung zu unterschiedlichen Ergebnissen führte. Für die übrigen Parameter konnte kein Zusammenhang mit Schmerz erkannt werden. Die Auswertung einer Kontrollgruppe, bestehend aus 12 schmerzfreien Pferden, die in die Klinik überwiesen wurden, zeigte, dass nicht anzunehmen ist, dass Stress durch Transport oder die neue Umgebung die Messwerte der HRV-Analyse und Blutdruckmessung beeinflusste, da es keine signifikanten Unterschiede bei den Messwerten der Kontrollen von Tag 1 zu Tag 2 gab. Es gab Unterschiede in den Mittelwerten zwischen den Patienten und den Kontrollen, allerdings waren diese nur für RMSSD und SVR-Index signifikant, so dass die Untersuchung der Kontrollgruppe die Bedeutung von RMSSD und dem SVR-Index unterstrich, alle anderen Parameter allerdings relativierte. In Teil B dieser Studie, dem Hauptteil, wurde ein Verfahren zur automatisierten Videodatenanalyse genutzt, mit dessen Hilfe es möglich war, Pferde in Videodaten automatisiert zu erkennen und Bewegungsparameter in Echtzeit abzuleiten. Dazu wurden 10 Pferde, die aufgrund von Koliksymptomatik in die Klinik überwiesen wurden, am Tag der Einlieferung, am folgenden Tag und am Tag der Entlassung für eine Stunde gefilmt. Mittels automatisierten Videodatenanalyse wurde die Bewegungsintensität mittels Optical Flow (OF) bestimmt und dem Schmerzgrad gegenüber gestellt, der mit Hilfe eines Schmerzscores (EQUUS-FAP) basierend auf der Mimik ermittelt wurde. Zudem konnten mit dieser Methode der automatisierten Videodatenanalyse Heatmaps erstellt werden, die den überwiegenden Aufenthalt der Pferde in der Box wiedergaben. Auch hierfür wurde ein Zusammenhang mit dem Schmerzgrad untersucht. Am Tag der Einlieferung war die Bewegungsaktivität der Patienten höher als am folgenden Tag sowie am Tag der Entlassung, allerdings war der Unterschied nicht signifikant. Ähnlich verhielt sich der Schmerzgrad der Patienten. Der Schmerzgrad war am Tag der Einlieferung signifikant höher als am Tag der Entlassung. Am Tag der Einlieferung und am folgenden Tag zeigte sich eine Korrelation zwischen Schmerzgrad und Bewegungsintensität. Je höher der Schmerzgrad war, desto höher war auch die Bewegungsintensität. Zudem zeigten Pferde, die euthanasiert oder chirurgisch behandelt wurden, eine höhere Bewegungsintensität als Pferde, die konservativ behandelt werden konnten. Die Heatmaps zeigten an allen drei Tagen für alle Pferde einen bevorzugten Standort im hinteren Teil der Box. Am Tag der Einlieferung zeigten sich die hochgradig schmerzhaften Pferde zusätzlich häufig in der Mitte der Box. Je weniger schmerzhaft die Pferde waren, desto häufiger wurden sie für kurze Zeiten an verschiedenen Lokalisationen innerhalb der Box gesehen, so dass der Verdacht nahe lag, dass mit abnehmendem Schmerzgrad mehr Interesse an der Umgebung vorlag. Sollte sich in weiteren Studien zeigen, dass die Bewegungsintensität und Position in der Box mit dem Schmerzgrad bei Pferden mit Kolik korreliert, steht auch Laien durch diese Studie ein Verfahren zur Verfügung, mit dem man in Echtzeit den Schmerzgrad anhand von Graphiken einfach und schnell ablesen kann.
Pain recognition and pain estimation in horses are great challenges, because horses can´t express their pain verbally. In addition, as horses are flight animals, they try to hide their pain as a protection mechanism. Especially for horses with acute colic the early recognition and estimation of pain is important to be able to initiate adequate therapy to improve prognosis. However, until today there is no gold standard for pain recognition in horses. The reason for this study was to improve knowledge about suitability of different parameters for pain recognition and estimation in horses with acute colic. In part A of this study, a pre study, 49 horses were examined, which were admitted to hospital because of signs of acute colic. Therefore, horses were examined on the day of admission to hospital, on the following day and on the day of discharge. In this way, these horses were their own controls. In addition, an additional control group was examined, which was admitted to hospital without any signs of pain. First, different pain scores, a gravity score and a sepsis score were assessed. Afterwards, these scores were compared to each other. It turned out, that gravity of colic or gravity of sepsis did not correlate inevitably with degree of pain. In addition, the study shows that pain scores based on facial expressions had high correlation among themselves. In contrast, these pain scores and pain scores based on behaviour and physiological parameters showed only moderate correlation. In addition, heart rate variability and blood pressure were measured. Mean RR-Interval (MeanRR), standard deviation of NN intervals (SDNN), root mean square of successive RR interval differences (RMSSD), number of adjacent NN intervals that differ from each other by more than 50 ms (NN50), percentage of successive RR intervals that differ by more than 50 ms (pNN50), high-frequency-power (HF-power), low-frequency-Power (LF-power) and lowfrequency/ high-frequency-ratio (LF/HF-ratio) were calculated as parameters of heart rate variability and heartrate was defined by the use of ECG. Systolic arterial bloodpressure (SBD), mean arterial bloodpressure (MBD), diastolic arterial bloodpressure (DBD) and systemic vascular resistance index (SVR-Index) were calculated by blood pressure measurement. In this study, only heartrate, MeanRR and SVR-Index turned out to be useful suitable parameters for recognition of pain by showing significant differences between patients with different degree of pain. Based on the results of this study, it is not possible to make a clear statement regarding the suitability of SBD, MBD, DBD, RMSSD, NN50 and pNN50, because of different results of the evaluation. All the other parameters did not seem to be useful for estimation of pain. Evaluation of the control group, consisting of 12 painless horses send to hospital, showed that stress caused by transport or new surrounding did not change measurement of HRVanalysis or measurement of blood pressure, because there were no significant differences between measurement of day 1 or day 2. There were differences between averages of patients and controls, being significant only for RMSSD and SVR-index. This fact underlines the meaning of RMSSD and SVR for pain evaluation but questions the suitability of all other parameters for this suppose assessed in this study. In part B, the main study, a procedure for automated video data analysis was used to automatically recognize horses in videos and to derive motion parameters in real time. Therefore, 10 horses of different age, sex and breed were examined on the day of admission to hospital, on the following day and on the day of discharge. With this automated video data analysis, the motion intensity was determined by optical flow (OF) and compared to intensity of pain measured by a pain score (EQUUS-FAP). Furthermore, this method allows for the creation of heatmaps which demonstrate the preferred location of the horse in his box. Also, for these heatmaps, correlation with degree of pain was examined. I observed differences of motion intensity between different pain scores on day 1 and 2, although the results were not significant. The higher the degree of pain the higher was the motion intensity. On the day of admission, the pain score was significantly higher than on the day of discharge. On the day of admission and on the following day the results showed correlation between pain score and motion intensity. The higher the pain score, the higher was the motion intensity. In addition, horses being euthanized or treated surgically show higher motion intensity than horses being treated conservatively. The heatmaps showed preferred localization in the back part of the box for all horses at every time of measurement. On the day of admission, patients with high degree of pain where additionally often seen in the middle of the box. The less painful the patients were the more frequently they were seen in different locations in the box. Apparently, with decrease of pain intensity the horses had more interest in their surroundings. If further studies show high correlation between motion intensity or localisation in the box and degree of pain, this would be a very useful tool to detect and estimate pain in horses with acute colic in real time, which is also easy to use for layman and easy and fast to read.