Eine frühe Diagnosestellung bei Bipolaren Störungen ist essenziell für die langfristige Besserung der Symptomatik. Neue Früherkennungsinstrumente berücksichtigen bekannte Risikofaktoren und bewerten das Risiko für die Entwicklung einer Bipolaren Störung, um eine frühere Erkennung und Intervention zu ermöglichen. Bei der manifesten Bipolaren Störung kann bei vielen Betroffenen erhöhte Kreativität nachgewiesen werden. In der vorliegenden Arbeit soll der Zusammenhang zwischen Kreativität und dem Risiko für die Entwicklung einer Bipolaren Störung in einer Risikopopulation untersucht werden. Unter der Prämisse, dass Kreativität bereits im Prodromalstadium der Erkrankung maßgeblich erhöht ist, könnte sie einen wichtigen Beitrag zur Früherkennung leisten. Zusätzlich wurden unterschiedliche Aspekte von Kreativität hinsichtlich der Stärke ihres Zusammenhangs mit dem Bipolar-Risiko untersucht. Die vorliegenden Berechnungen wurden mit Daten aus dem Berliner Standort des BipoLife Verbundprojekts durchgeführt. Ausgewertet wurden Fragebögen von 94 Teilnehmenden zwischen 15 und 35 Jahren, die mindestens einen Risikofaktor für die Entwicklung einer Bipolaren Störung aufwiesen. Die Risikobewertung erfolgte mit den Früherkennungsinstrumenten Bipolar Prodrom Syndrome Scale – Full Prospective (BPSS-FP) und Early Phase Inventory for Bipolar Disorders (EPIbipolar). Kreativität wurde mit dem Creative Achievement Questionnaire (CAQ) erfasst. Die multiple lineare Regressionsanalyse zur Berechnung des Zusammenhangs zwischen Kreativität und dem Risiko für die Entwicklung einer Bipolaren Störung nach BPSS-FP zeigte, dass der Faktor Kreativität nach Berücksichtigung der Kovariaten Alter und aktuelle maniforme Symptomatik noch 33% der Varianz in den BPSS-FP-Werten erklärte (Änderung in R-Quadrat=0,33; p<0,001). In der logistischen Regressionsanalyse erklärte die Kombination aus allen Aspekten von Kreativität und den Kovariaten 57,6% (Nagelkerkes R-Quadrat=0,576; Omnibus-Test p<0,001) der Varianz in der EPIbipolar-Gruppeneinteilung. Einen statistisch signifikanten Anteil an der Gesamtaufklärung der Risikobewertung nach BPSS-FP hatten die Aspekte Tanz (Beta=0,25; p=0,013), bildende Kunst (Beta=0,23; p=0,046), Humor (Beta=0,22; p=0,033), Erfindungen (Beta=0,21; p=0,034) und kulinarische Kunst (Beta=0,20; p=0,038). Bei der Varianzaufklärung der Risikogruppeneinteilung nach EPIbipolar leisteten kulinarische Kunst (Beta=1,23; p=0,018) und Erfindungen (Beta=0,79; p=0,024) einen statistisch signifikanten Beitrag, für Humor (Beta=0,73; p=0,069) zeigte sich ein statistischer Trend. Erhöhte Kreativität ging in der vorliegenden Risikopopulation mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung einer Bipolaren Störung unabhängig vom verwendeten Risikoinstrument einher. Übereinstimmend in beiden Instrumenten war der Zusammenhang zwischen den Aspekten kulinarische Kunst, Erfindungen und Humor und dem Bipolar-Risiko von Bedeutung. In Zukunft könnte erwogen werden, Kreativität in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung unterschiedlicher kreativer Leistungen als zusätzlichen Früherkennungsparameter der Bipolaren Störung zu berücksichtigen. Zur Etablierung von Kreativität als Risikofaktor für die Entwicklung einer Bipolaren Störung erscheint jedoch noch der Vergleich mit einer gesunden Kontrollgruppe nötig.
Early recognition and therapeutic intervention of Bipolar Disorder (BD) are essential for improving patients’ life quality. Recently developed early detection instruments assess the risk of developing a BD by considering and evaluating known risk factors. Risk assessment helps detecting high-risk prodromal individuals and thus enables earlier intervention. Based on the known association between creativity and diagnosed BD, creativity may already be elevated during the early state of BD. It could therefore represent an additional risk factor potentially contributing to early recognition in the future. The following study examines the association between creativity and the risk of developing BD in a risk population. It examines different aspects of creativity and their association with BD risk. Data was used from participants of the BipoLife study who were recruited in Berlin, Germany. Questionnaires of 94 participants, aged 15 to 35 and showing at least one bipolar-specific risk factor, were used for analysis. Risk assessment was carried out with the early detection instruments Bipolar Prodrome Symptom Scale (BPSS-FP) and Early Phase Inventory for Bipolar Disorders (EPIbipolar). Creativity was assessed using the Creative Achievement Questionnaire (CAQ). Multiple linear regression analysis showed that after considering the covariates age and actual manic symptoms (YMRS), the aggregate score considering all aspects of creativity still explained 33% of the variance in the BPSS-FP-results (adjusted Rsquared=0.33; p<0.001). Multinomial logistic regression analysis showed that the combination of all creative aspects and the two covariates explained 57.6% (Nagelkerke’s R-squared=0.576; Omnibus-Test p<0.001) of the variance in the EPIbipolar group distribution. The highest statistically significant contribution to total variance in the risk assessment with BPSS-FP derived from the creative category dancing (Beta=0.25; p=0.013), followed by visual arts (Beta=0.23; p=0.046), humor (Beta=0,22; p=0,033), inventions (Beta=0,21; p=0,034) and culinary arts (Beta=0,20; p=0,038). The highest statistically significant contribution to total variance in the EPIbipolar groups was made by culinary arts (Beta=1.23; p=0.018) and inventions (Beta=0.79; p=0.024), the category humor showed a statistical trend (Beta=0,73; p=0,069). In the present risk population higher creativity was associated with higher BD risk in both risk assessments. The categories culinary arts, inventions and humor were associated with BD risk in both assessments. In the future, creativity, including different aspects of creativity, may therefore be considered as an additional early detection parameter. However, to establish creativity as an additional risk criterion in early BD, comparison with a healthy control group seems necessary.