Diese SEP Studie belegt, dass Funktionen des Thalamus zur Verarbeitung somatosensorischer Stimuli weit über die Propagation und Filterung primärer, afferenter Signale zu kortikalen Projektionsarealen hinausgehen. Dies wird dadurch deutlich, dass in thalamischen ebenso wie in kortikalen Regionen reizbezogene Aktivierungen auch mehr als 100 ms nach den jeweiligen Primärprozessen nachgewiesen werden konnten. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass somatosensorische Ereignisse seitens des Stimulusrezipienten nicht unbedingt berichtbar sind, auch wenn sie thalamische Aktivierungen auslösen. Diese Aussage kann anhand von SEP-Komponenten getroffen werden, die die thalamische Primärkomponente mindestens 50 ms überdauern. Für spätere thalamische SEP-Anteile gilt, dass sie nur dann identifizierbar waren, wenn der zugrunde liegende Stimulus berichtet werden konnte. Dieser Befund legt nahe, dass thalamische Verarbeitung nach Dekodierung primärer Stimulusmerkmale die Bereitstellung bewusster Reizperzeption unterstützt. Interessanterweise folgt der Übergang von thalamischen Prozessen, die nicht notwendigerweise mit bewusster Reizwahrnehmung einhergehen, zu solchen, die nur in Verbindung mit bewusster Reizwahrnehmung auftreten, somit einer zeitlichen Dynamik, wie sie in früheren Arbeiten für kortikale somatosensorische Reizverarbeitung demonstriert wurde. Diese Parallelität legt nahe, dass die dargestellten Effekte letztendlich als Produkt lang anhaltender und komplexer Interkationen innerhalb thalamo-kortikaler Netzwerke zu verstehen sind. Zukünftige klinische Studien könnten sich einerseits damit befassen, ob die thalamische Hirnstimulation zur Behandlung von Tremorerkrankungen mit Veränderungen subtiler Reizwahrnehmungsleistungen einhergeht, und andererseits, ob einzelne Aspekte der Reizwahrnehmung intrathalamisch kartierbar sind, z. B. um Konzepte der stereotaktischen Behandlung von therapierefraktären Deafferenzierungsschmerzen weiterzuentwickeln.
Somatosensory stimuli elicit complex cortical responses that are discernible as somatosensory evoked potentials (SEPs) in scalp electroencephalographic recordings. Whereas earlier SEP components, occurring up to 100 ms after stimulus delivery, have been labeled ‘preconscious’, later responses have been associated with stimulus awareness. To date, how far these processes are primarily cortical or comprise additional subcortical operations remains open. Therefore, we recorded thalamic and scalp SEPs evoked by perceived as well as unperceived median nerve stimulation in neurosurgical patients with electrodes implanted into the ventral intermediate nucleus of the thalamus for deep brain stimulation. At stimulation intensities below perceptual threshold, only thalamic SEP components appeared consistently during the first 75 ms after stimulus delivery. Stimulation that was perceived by the patients elicited cortical as well as thalamic SEPs that lasted longer than 75 ms. These results indicate that the thalamus remains active after the primary propagation of a sensory signal to the cortex, and suggest that the transition from elementary to higher-order somatosensory processing is based on thalamo-cortical interactions.