Hintergrund: Im zentralen Nervesnsystem (ZNS) des Menschen sind sowohl sensorisch gewonnene, afferente Informationen über die Außenwelt als auch motorische, efferente Programme zur Manipulation der Außenwelt repräsentiert. Die physiologischen Korrelate der Repräsentation des menschlichen Bewegungsrepertoires unterliegen einer räumlichen und zeitlichen Variabilität, die aus einer kontextabhängigen Aktivität der Organe des motorischen Systems des Menschen resultiert. Es ist Gegenstand aktueller Forschung zur motorischen Kontrolle durch das menschliche ZNS, inwieweit der primärmotorische Kortex (M1) bloß eine passive Somatotopie möglicher Bewegungen abbildet oder auch eine aktive Steuerungsfunktion in der Bildung motorischer Programme inne hat. Ich untersuchte mittels navigierter transkranieller Magnetstimulation (nTMS) während einer Reaktionszeitaufgabe die Hypothese, dass im Kontext eines motorischen Befehls, induziert durch Motor Imagery, M1 aktiv an der dynamischen Kodierung motorischer Repräsentationen einfacher Fingerbewegungen beteiligt ist. Die Hauptzielstellung war, in Abhängigkeit von Motor Imagery die integrierte motorische Aktivität, definiert als die Wechselwirkung zwischen der räumlichen und zeitlichen Struktur kortikospinaler Erregbarkeit (CSE) und subliminaler muskulärer Aktivität, zu untersuchen. Als zentralen Steuerungsmechanismus nahm ich Umgebungsinhibition in primärmotorischen kortikalen Netzwerken an.
Methoden: Ich setzte ein visuelles Stimulationsparadigma ein, um durch Motor Imagery induzierte Variabilität in den Erregbarkeitsgipfeln („Hot Spots“) über primärmotorischen Projektionen zu drei definierten Handmuskeln herauszuarbeiten. Mittels einer Mehrebenenanalyse wertete ich wiederholte Stichproben innerhalb von zehn Probanden in Form eines balancierten 4 × 4 × 4-faktoriellen Designs aus. Eine methodische Vorstudie an weiteren zehn Probanden diente zur Etablierung eines validen Kontrollverfahrens für den Einfluss von Vorinnervation als physiologiche Störgröße auf motorisch evozierte Potenziale (MEPs) im Elektromyogramm (EMG).
Ergebnisse: Magnetstimulation über einem fixen Referenzpunkt zeigte eine funktionelle Umstrukturierung der erregten neuronalen Netzwerke in M1 in Abhängigkeit von Motor Imagery innerhalb von 100 ms vor einer motorischen Antwort. Die Interaktion von peripherer EMG-Aktivität und Motor Imagery zeigte eine Modulation der Repräsentationen durch funktionelle Umgebungsinhibition. Während einer motorischen Aufgabe kann Vorinnervation per Partialisierung mittels einer multiplen linearen Regressionsanalyse suffizient kontrolliert werden.
Diskussion: Die vorliegende Arbeit charakterisiert die neurophysiologischen Mechanismen der aktiven Steuerung einfacher Fingerbewegungen durch das Handareal von M1. Grundlage dieser Funktion ist die dynamische Aktivität in umschriebenen kortikospinalen Netzwerken von M1, die im Kontext einer aktuellen Bewegung spezifisch das kortikofugale Ausgangssignal zu den getesteten Kennmuskeln kodiert. Die Auswahl einer motorischen Repräsentation wird von motorischer Umgebungsinhibition begleitet, deren qualitative und quantitative Ausprägung als Maß primärmotorischer Funktion in zukünftigen Studien dienen kann.
Background: Representations of movement in the human motor system are highly dynamic in time and structure. Changes in the physiological correlates of these representations reflect context-dependency of representing neuronal networks. The question to which extent the primary motor cortex (M1) actively engages in these dynamics and how it is embedded in the top-down stream of motor control has remained central to neurosciences in the past and present. In this study with navigated transcranial magnetic stimulation, I tested the main hypothesis that M1 dynamically shapes representations in the primary motor hand area by means of motor surround inhibition.
Methods: To access motor representations, I employed a motor imagery paradigm implemented in a purely instructive simple reaction time task of mentally rehearsing brisk finger flexions at four pre-defined latencies either relative to a visual go cue or a subject’s expected response onset. Navigated transcranial magnetic stimulation guaranteed a controlled experimental intervention over a constant “hot spot” as a highly circumscribed referential target site in the dominant primary motor hand knob. For additional control of physiological variability, I established a valid control method for the correction of pre-innervation possibly confounding motor evoked potentials (MEPs).
Results: I find that imagery of simple finger movements facilitates motor evoked potentials recorded from the corresponding target muscles within a 100 ms time bin prior to a response and independent of the initially mapped somatotopy in the primary motor hand area. Functionally unrelated muscles were inhibited proportionally to subliminal motor output accompanying imagery. During a motor task, confounding of MEPs can be diminished by partitioning pre-innervation using a multilinear regression analysis.
Discussion: This study provides novel insight into mechanisms of context-dependent on-demand modulations of representations of simple finger movements in M1. Engangement of a motor representation is possibly stabilized by motor surround inhibition, which can serve as a measure of primary motor functioning in future studies.