Einleitung: In dieser Studie wird erforscht, welche die wichtigsten Attribute eines guten Arztes aus der Sicht junger Medizinstudierender sind. Des Weiteren wird untersucht ob diese Attribute über den Zeitraum des Studiums bestehen bleiben und inwieweit es Unterschiede zwischen weiblichen und männlichen Studierenden bezüglich ethischer Einstellungen gibt.
Methodik: Die Befragung fand im 1. vorklinischen Semester (Modellstudiengang) und im 5. klinischen Semester (Regelstudiengang) statt und erfolgte vom Wintersemester 2010/11 bis einschließlich Wintersemester 2011/12. Mithilfe eines offenen Fragebogens wurden die Antworten der Studierenden erfasst. Es bestand aufgrund der Fülle von Informationen die Aufgabe, einzelne Kategorien zu entwickeln, die es erlaubten Antworten mit entsprechender Trennschärfe zu subsummieren und mithilfe eines Codierungssystems zu ordnen. Zusätzliche wurden Angaben zur Person, wie Alter und Geschlecht und angestrebter Facharztwunsch erfragt. Die Datenauswertung erfolgte mittels Chi-Quadrat-Tests und deskriptiv.
Ergebnis: Es wurden 476 Studierende des 1. vorklinischen Semesters (Modellstudiengang) und 173 Studierende des 5. klinischen Semesters (Regelstudiengang) befragt. Die Haupteigenschaften Empathie (21,4% MS vs. 38,2% RS), Humanität (6,5% MS vs. 12,7% RS), fachliche Kompetenz (26,1% MS vs. 37% RS) und Professionalität (11,3% MS vs. 17,3% RS) wurden von fortgeschrittenen Studierenden (RS) statistisch signifikant öfter erwähnt als von Studienanfängern (MS). Der Vergleich zwischen den Geschlechtern ergab, dass weibliche Studierende (statistisch signifikant) häufiger die Eigenschaften Verantwortungsbewusstsein (36,6% weiblich vs. 27,9% männlich), Unvoreingenommenheit (35,8% weiblich vs. 24,9% männlich) und Empathie (28,7% weiblich vs. 20,4% männlich) beschrieben.
Männliche Studierende nannten öfter die Eigenschaften Altruismus (37,3% männlich vs. 31,6% weiblich), Professionalität (14,9% männlich vs. 11,7% weiblich), Humanität (8,5% männlich vs. 7,6% weiblich) und Engagement (7,0% männlich vs. 3,1% weiblich). Es zeigt, dass eine empathische, altruistische, ganzheitliche und kompetente Haltung von Studenten und Studentinnen gleichermaßen als bedeutsam eingeschätzt wird.
Schlussfolgerung: Die Studie ermittelte erstmals an einer deutschen Universität die vergleichende Vorstellung über die ärztliche Haltung von Studierenden zu Beginn und zum Ende ihres Studiums. Die Auseinandersetzung mit dieser Problematik ist für künftige Medizinabsolventen von hoher Bedeutung und heutzutage aufgrund gesellschaftlicher Veränderungen für das Selbstverständnis unserer Profession unabdingbar. Wenn Studierende lernen, die Eigenschaften eines guten Arztes im Rahmen ihres Medizinstudiums auf verschiedenen Lehrebenen festzustellen, erkennen sie, dass das Beherrschen einer angemessenen Haltung ihnen viel Stärke gibt und sie befähigt, erfolgreicher diagnostische und therapeutische Aufgaben zu erfüllen. Die gewonnenen Daten erschließen die Möglichkeit, Maßnahmen zur besseren Lehre von Studienbeginn an zu fördern und Medizinstudierende in die Gestaltung der Ausbildung miteinzubeziehen.
Background: This study sought to determine which traits are viewed as most important in a doctor from the perspective of medical students. Also examined is whether these preferences persist throughout the duration of medical school, and whether differences between the sexes exist in assessment or ranking of these ethical characteristics. Methods: The survey was conducted in the 1st preclinical semester (Model Study Program) and in the 5th clinical semester (Regular Course of study) and took place in winter semester 2010/11, summer semester 2011 and winter semester 2011/12. The data were collected from anonymously completed questionnaires. The questionnaire gathered demographic information about the respondent, to include age, gender and their area of specialisation. Student statements were evaluated in a special system whereby character traits were broken into main categories, and further devided into sub-categories. Further evaluation was done by means of chi-square testing and descriptive analysis. Results: The study envolved 649 participants, 476 of whom were in the 1st preclinical semester (Model Study Program). The remaining 173 students were in the 5th clinical semester (Regular Study Program). Significant differences between the two groups were found: Regular Course respondents placed greater importance on empathy (21,4% in Model Study Program vs. 38,4% in Regular Course of study), humaneness (6,5% in Model Study Program vs. 12,7% in Regular Course of study), expertise (26,1% in Model Study Program vs. 37% in Regular Course of study) and professionalism (11,3% in Model Study Program vs. 17,3% Regular Course of study). Female students placed significantly more value on responsibility (36,6% female vs. 27,9% male), impartiality (35,8% female vs. 24,9% male) and empathy (28,7% female vs. 20,4% male). Male students emphasized altruism (37,3% male vs. 31,6% female), professionalism (14,9% male vs. 11,7% female), humaneness (8,5% male vs. 7,6% female) and commitment (7,0% male vs. 3,1% female). While statistical differences exist, the results also show that empathy, altruism, a holistic approach to medicine, and competence formed core traits that were valued among all participants. Conclusions: The study was the first to analyze comparative data on attitudes among students at the beginning and at the end of their medical studies at a German University. Dealing with this issue is of great importance for future medical graduates and for the self-image of our profession. The data optained opens up the possibility of promoting measures to improve teaching from the beginning of studies and to involve medical students in the design of training.