Einleitung Eine Schädigung von zerebrozerebellären Bahnen ist am Auftreten von motorischen und kognitiven Funktionsdefiziten bei Überlebenden von Kleinhirntumoren im Kindes- und Jugendalter maßgeblich beteiligt. Wir verwendeten den Atlas der weißen Kleinhirnbahnen und untersuchten die Hypothese, dass voxel-basierte Läsions-Symptom-Kartierung kritische Läsionen von zerebellären Bahnen nachweist. Methodik Wir untersuchten 31 Langzeitüberlebende einer Hirntumorerkrankung mit isolierter zerebellärer Lokalisation (13 pilozytische Astrozytome, 18 Medulloblastome). Die Überlebenden erhielten neben einer Kernspintomographie (MRT) des Schädels eine neurologische Untersuchung zur Beurteilung der Ataxie (ICARS) und der feinmotorischen Funktion der Hand (digitales Grafiktablett) sowie eine kognitive Testung (deutsche Version des WISC-III) und Prüfung von Exekutivfunktionen (Planungsfähigkeit mit Tower of London-Test, Aufmerksamkeitsflexibilität mit Amsterdam Neuropsychological Task Programm (ANT)). Die individuellen konsolidierten Kleinhirnläsionen wurden manuell auf das individuelle MRT des Überlebenden mit dem Programm MRIcroN gezeichnet. Nach Normalisierung in den MNI (Montreal Neurological Institute) Koordinatenraum erfolgte eine voxel-basierte Läsions-Symptom-Kartierung (VLSM) unter Anwendung des Programmes NPM. Ergebnisse Die Überschneidungen der Kleinhirnläsionen bei Überlebenden nach MB Erkrankung umfassten den Vermis, den paravermalen Lobulus IX, den SCP, ICP sowie die tiefen Kleinhirnkerne. Bei Überlebenden nach PA Erkrankung lag die größte Überschneidung der Läsionen etwas mehr kranial und umfasste neben dem Vermis die paravermalen Anteile der Lobuli V und VI, die dorsomedialen Anteile von CRUS I und II sowie die tiefen Kleinhirnkerne. VLSM ergab eine Assoziation von motorischen Funktionsdefiziten mit Läsionen des SCP, der tiefen Kleinhirnkerne (NI, NF, ventromedialer ND) und des inferioren Vermis (VIIIa, VIIIb, IX, X). Die mit VLSM erstellten Läsionskarten zu Defiziten der Intelligenz und Planungsfähigkeit identifizierten die gleichen zerebellären Strukturen und zusätzlich paravermale Regionen von Lobulus VI, Crus I und Teile des oberen Vermis (V, VI). Funktionsdefizite der Exekutivfunktion wurden auf den SCP, den medialen ND und unteren Vermis (VIIIa, VIIIb, IX) projeziert. Insbesondere bei beeinträchtigter Mustererkennung zeigten die mit VLSM erstellten Läsionskarten den Nucleus interpositus (NI) und Nucleus fastigii (NF) neben dem unteren Vermis und kleineren Anteilen des unteren vorderen Kleinhirnlappens (medianer Lobulus IV, V). Defizite der Planungsfähigkeit und Intelligenz waren zusätzlich assoziiert mit Läsionen der paravermalen Areale des hinteren Kleinhirnlappens (Crus I, Crus II). Zusammenfassung Wir identifizierten Läsionen des SCP neben Läsionen der tiefen Kleinhirnkerne als kritische Strukturen für ein persistierendes Defizit motorischer und kognitiver Funktionen bei Überlebenden einer Kleinhirntumorerkrankung im Kindes- und Jugendalter. Weitere Studien mit dem Ziel des Erhalts der motorischen und kognitiven Funktion werden präoperativ Patienten mit erhöhtem Risiko für eine Schädigung dieser kritischen Strukturen identifizieren müssen und somit multimodale Therapiekonzepte individualisieren können.
Cerebrocerebellar diaschisis contributes to cognitive and motor deficits in survivors of pediatric cerebellar brain tumors. We used a cerebellar white matter atlas and hypothesized that lesion symptom mapping may reveal the critical lesions of cerebellar tracts. Methods We examined 31 long-term survivors of pediatric posterior fossa tumors (13 pilocytic astrocytoma, 18 medulloblastoma). Patients underwent cerebral imaging (MRI), examination for ataxia (ICARS), fine motor (digital tablet) and cognitive function (German version of WISC-III), planning abilities (Tower of London (ToL)) and executive function (Amsterdam Neuropsychological Tasks (ANT)). Individual consolidated cerebellar lesions were drawn manually onto patients’ individual MRI using MRIcroN software. After normalization into MNI (Montreal Neurological Institute) space we performed voxel-based lesion symptom mapping using non-parametric mapping (NPM). Results Tumor lesion overlap for MB survivors identified vermis, deep cerebellar nuclei and inferior anterior cerebellar lobe while PA patients’ tumor lesion overlap depicted additionally paravermal areas of lobule V, VI and dorsomedial parts of Crus I and II. Lesion symptom mapping linked deficits of motor function to the superior cerebellar peducle (SCP), deep cerebellar nuclei (NI, NF, ventromedial ND) and the inferior vermis (VIIIa, VIIIb, IX). Statistical maps of deficits of intelligence and planning mapped to the same cerebellar structures and in addition to paravermal region of lobule VI, Crus I, and superior vermis (V, VI). Deficits of executive function mapped to the SCP, medial ND and inferior vermis (VIIIa, VIIIb, IX). Especially, an impaired feature identification task performance mapped to NI, NF, inferior vermis and small parts of inferior anterior cerebellum (median lobule IV, V). Impaired planning and lower IQ-scores were additionally associated with areas in the paravermal posterior cerebellar lobe (Crus I, Crus II). Conclusion We identified lesions to the SCP next to deep cerebellar nuclei as critical for limiting both motor and cognitive function in pediatric cerebellar tumor survivors. Future strategies safeguarding motor and cognitive function will have to identify patients preoperatively at risk for damage to these critical structures and adapt multimodal therapeutic options accordingly.