Im idiopathischen Parkinson-Syndrom kommt es zum Untergang dopaminerger Neurone der Substantia nigra pars compacta und zu einer Veränderung der neuronalen Modulation der Basalganglien. Dies führt neben den typischen klinischen Symptomen der Verlangsamung der Bewegungsgeschwindigkeit (Akinese), Muskelsteife (Rigor) und Zittern (Tremor) zu vermehrt auftretenden Beta-Oszillationen, die sowohl beim Menschen als auch im 6-OHDA-Modell der Ratte gemessen werden können. Da unklar ist, welche Hirnstruktur für die Initiation und Aufrechterhaltung der pathologischen Netzwerkoszillationen maßgeblich ist, wurde in der vorliegenden Monografie der Frage nachgegangen, ob der Motorkortex als primärer Generator der pathologischen Oszillationen im Basalgangliennetzwerk unter Morbus Parkinson fungieren könnte.
Methodik Es wurden 18 Wistar-Ratten neurochirurgisch mit 6-Hydroxydopamin (6-OHDA) unilateral lädiert. 5 weitere naive Ratten dienten der Kontrolle. An allen 18 operierten Versuchstieren wurde postoperativ ein motorischer Verhaltenstest durchgeführt, um den Grad des unilateralen motorischen Defizits nach der 6-OHDA-Läsion zu ermitteln. Anschließend wurde der Motorkortex in vitro von anderen Hirnstrukturen isoliert, pharmakologisch stimuliert und extrazelluläre Aufnahmen des lokalen Feldpotenzials gemacht. Eine histologische Aufarbeitung wurde beispielhaft an 3 lädierten Tieren durchgeführt, die Datenanalyse erfolgte mittels Fast Fourier Transformation.
Ergebnisse Durch die Co-Applikation des Glutamat-Rezeptor-Agonist Kainat (800 nM) und des muskarinischen Rezeptor-Agonist Carbachol (5 μM) gelang es, in Schicht V des M1 in vitro Oszillationen zu erzeugen. Es zeigte sich eine ähnlich gute Erregbarkeit der naiven als auch der lädierten Hirnschnitte mit einer signifikanten Erhöhung der kontinuierlichen Beta-Oszillationen der 6-OHDA-lädierten Ratten im Vergleich zu naiven Ratten. Dieser Effekt war nicht auf die ipsilaterale Hemisphäre beschränkt und auch kontralateral reproduzierbar. Nach Auswertung des postoperativen Zylinder-Tests zeigte sich, dass das unterschiedliche motorische Defizit der 6-OHDA-lädierten Ratten eine Auswirkung auf die veränderte oszillatorische Aktivität hat. Nur bei Ratten mit mittlerem motorischen Defizit kam es zu einem signifikanten Anstieg der Beta-Oszillationen. Kam es hingegen zu einem stark ausgeprägten motorischen Defizit, war der Effekt erhöhter Beta-Oszillationen geringer und es kam zu signifikant vermehrt auftretenden diskontinuierlichen Oszillationen.
Schlussfolgerung Das Hemiparkinson-Modell der Ratte konnte durch diese Untersuchung erfolgreich als Tiermodell für in vitro-Studien am primärmotorischen Kortex etabliert werden. Es konnten qualifizierte Hypothesen aufgestellt werden, die auf den Motorkortex als autonomen Generator von veränderten Oszillationen, insbesondere einer erhöhten Beta-Oszillation unter einer 6-OHDA-Läsion, hinweisen. Es wurden diskontinuierliche Oszillationen beobachtet, die für eine maladaptive Netzwerkveränderung bei vollständigem motorischen Defizit sprechen.
A feature of Parkinson's disease is the loss of dopaminergic neurons of the substantia nigra pars compacta and an alteration in the neural activity of the basal ganglia. In addition to the typical clinical symptoms akinesia, muscle stiffness (rigidity) and tremor, this leads to increased beta oscillations, which can be measured both in humans and in the 6-OHDA model of the rat. Since it is unclear which brain structure is crucial for the initiation of the pathological network oscillations, the question of whether the motor cortex could function as the primary generator was investigated in the present study.
18 Wistar rats were unilaterally lesioned by neurosurgery with 6-hydroxydopamine. 5 additional rats served as control. A motor behavior test was carried out postoperatively on all 18 operated rats in order to determine the degree of the unilateral motor deficit. The motor cortex was then isolated in vitro from other brain structures and pharmacologically stimulated. Extracellular recordings of the local field potentials were made. A histological examination was performed on 3 lesioned animals. Subsequent data analysis was carried out with Fast Fourier Transformation.
In vitro oscillations in layer V of M1 were generated by co-application of the glutamate receptor agonist Kainate (800 nM) and the muscarinic receptor agonist Carbachol (5 μM). There was a similarly good excitability of the naive and the lesioned brain slices. A significant increase in the continuous beta oscillation of the 6-OHDA lesioned rats was observed. This effect was not limited to the ipsilateral hemisphere and was also contralaterally reproducible. Evaluation of the postoperative cylinder test showed that the different motor deficits of the 6-OHDA-damaged rats had an effect on the oscillatory activity. Only in rats with moderate motor deficit was there a significant increase in beta oscillations. If, on the other hand, there was a pronounced motor deficit, the effect of increased beta oscillations was lower and there was a significant increase in discontinuous oscillations.
This study successfully established the 6-OHDA-model of the rat as an animal model for in vitro studies on the primary motor cortex in Parkinson’s disease. It was possible to set up qualified hypotheses that point to the motor cortex as an autonomous generator of changed oscillations under 6-OHDA lesion, in particular an increased beta oscillation. Discontinuous oscillations were observed together with high motor deficits, which suggest a maladaptive network change.