Einleitung: Die türkeistämmige Bevölkerung bildet den größten Teil (14,4%) der Bevölkerungsgruppe mit Migrationshintergrund in Deutschland. Berlin und Nordrhein-Westfalen gehören zu den Regionen mit der anteilsmäßig größten Gruppe an Türkeistämmigen. Nur wenige Studien haben bisher die Inanspruchnahme im Gesundheitssystem und mögliche Barrieren für Personen mit Migrationshintergrund untersucht. In bundesweiten Gesundheitsstudien sind Türkeistämmige bisher unterrepräsentiert. Die Ziele dieser Arbeit bestanden in der Untersuchung der Inanspruchnahme von präventiven und ambulanten Leistungen, der Zufriedenheit mit der medizinischen Versorgung und möglicher Zugangsbarrieren zum deutschen Gesundheitssystem in der Gruppe türkeistämmiger Erwachsener in Berlin und Essen. Methodik: Im Vorfeld der NAKO Gesundheitsstudie wurde im Jahr 2012 eine Machbarkeitsstudie mit einer Kohorte von knapp 1200 türkeistämmigen Erwachsenen in Berlin und Essen durchgeführt. Ein Teildatensatz der Folgebefragung dieser Kohorte bildete die Grundlage der folgenden Ergebnisse. Die Teilnahme an der Folgebefragung erfolgte mit Hilfe eines Fragebogens. Die Rekrutierung verlief mehrstufig (Anschreiben, Reminder, Telefonkontakte). Die statistische Analyse umfasste neben einem deskriptiven Teil, eine qualitative Analyse, sowie Regressionsanalysen. Ergebnisse: Die Teilnehmenden (n=285, MW: 49,2 Jahre), waren überwiegend weiblich (63,8%) und besaßen zu knapp drei Vierteln eigene Migrationserfahrung. Jeder vierte Teilnehmende hatte mindestens eine Behandlung in der Notaufnahme im letzten Jahr. Die große Mehrheit (89,9%) gab an, einen Hausarzt zu haben, mit dem über die Hälfte berichtete, bevorzugt Deutsch zu sprechen. Die Haus-, Zahn- und Frauenärzte wurden am häufigsten konsultiert. Über die Hälfte zeigten sich mit der gesundheitlichen Versorgung in Deutschland zufrieden. Mit dem Aspekt der sprachlichen Verständigung mit dem Arzt waren die Teilnehmenden am meisten (MW: 1,7), mit der Wartezeit und Terminvergabe am wenigsten (MW:2,8) zufrieden. Über ein Viertel der Teilnehmenden machte die Erfahrung mit Barrieren im Zugang zur gesundheitlichen Versorgung. Die Regressionsanalysen zeigten, dass insbesondere die Variablen Region, im Haushalt gesprochene Sprache und die sozioökonomischen Variablen Einkommensklasse und Bildungsabschluss mit der Inanspruchnahme, Zufriedenheit und dem Auftreten von Barrieren korrelieren. Schlussfolgerung: Zahlen zur Inanspruchnahme und Aussagen zur Zufriedenheit sind größtenteils vergleichbar mit denen der Allgemeinbevölkerung. Die Ergebnisse der Regressionsanalysen lassen eine Benachteiligung der Teilnehmenden mit niedrigem sozioökonomischem Status im Gesundheitssystem vermuten. Dennoch stellt die Studienpopulation eine hochselektive Teilpopulation dar und ist nicht repräsentativ. Für generalisierbare Aussagen sind umfangreichere epidemiologische Studien und die anteilsmäßige Einbindung Türkeistämmiger in bundesweiten Bevölkerungsstudien wünschenswert und notwendig.
Background: People of Turkish descent constitute approximately 14% of Germany’s immigrant communities. Research about the use of medical services by immigrant communities in Germany is rather scarce. In nationwide health surveys, Turkish descents have been underrepresented. This study, hence, aims at examining the use of health services offered by the German health services by Turkish descents in Berlin and Essen, their satisfaction with medical care and the accessibility problems they face. Methods: Prior to the NAKO health study, a feasibility study was undertaken in 2011/2012 with nearly 1,200 adults of Turkish descent in Berlin and Essen. A partial data set of the follow-up questionnaire of this sample in 2018/19 constitutes the basis for the analysis in this study. The administration of the questionnaire is completed by several stages (cover letter, telephone contact, reminder). Statistical analyses included descriptive statistics, a qualitative analysis and a regression analysis. Results: The participants (n=285, mean age: 49,2 years) were predominantly female (63,8%) and around three-quarters experienced migration themselves. Every fourth patient had at least one emergency treatment in the previous year. The large majority (89,9%) reported having visited a general practitioner, while more than half preferred to speak in German with them. General practitioners, dentists and gynaecologists were consulted most frequently. More than half of the participants expressed satisfaction with the health care provision in Germany. While participants were most satisfied with the aspect of doctor-patient communication they were least satisfied with the waiting time in the waiting room and the appointment scheduling. The findings also suggest that at least one-quarter of the participants encountered barriers to health service access. The regression analyses indicated that the region, the language spoken at home and the socioeconomic factors of income and education are associated with the use of health services, satisfaction with health services and experiencing barriers in accessing health services. Conclusion: The empirical results suggest that utilisation of and satisfaction with health services are to a great extent comparable to those of the general population. However, the results suggest that the health care system disadvantages participants of lower socioeconomic status. It should be noted that the study population reflects merely a very specific subpopulation and should not, therefore, be regarded as representative. In order to draw more generalised and accurate conclusions, further epidemiological studies and nationwide surveys with Turkish descent individuals are needed.