Hintergrund. Seit Antikörper gegen die NR1-Untereinheit des in der Zellmembran gelegenen N-Methyl-D-Aspartat-Rezeptors (NMDAR) bei Enzephalitispatientinnen identifiziert wurden, folgten zahlreiche weitere Erstbeschreibungen neuronaler Oberflächenantikörper im Zusammenhang mit autoimmunen Enzephalitiden. Außerdem werden maternale neuronale Oberflächenantikörper als Ursache für neuropsychiatrische Entwicklungsstörungen der Nachkommen diskutiert. Um die klinisch-diagnostische Rolle der neuen Oberflächenantikörper zu beurteilen, ist die Kenntnis ihrer Prävalenz in Kontrollgruppen wesentlich. Die Hypothese dieser Arbeit lautet, dass neuronale Oberflächenantikörper bei Müttern von Kindern mit neuropsychiatrischer Entwicklungsstörung (MPE) häufiger als bei Müttern gesunder Kinder (KM) sind. Methoden. Für eine umfassende Darstellung der Literatur wurde die PubMed-Datenbank auf Studien durchsucht, die Kontrollserum oder -liquor auf mindestens einen von 22 zuvor definierten Oberflächenantikörpern testeten. Zwischen 2015 und 2017 wurden 123 Seren von MPE, 110 von KM und 21 Seren kinderloser Frauen (KW) akquiriert. Diese Seren wurden auf neuronale Antikörper mittels Immunhistochemie (IHC) auf Maushirnschnitten sowie mit einem FACS-Assay auf NMDAR/NR1-Antikörper getestet. Für einen Überblick über mögliche Antikörper erfolgten durch ein Routinelabor IHC- und zellbasierte Assays (CBA) auf 17 Oberflächenantikörper und 15 intrazellulär bindende Antikörper. Ergebnisse. Die Literaturrecherche identifizierte zwischen 1974 und 2016 bei Kontrollen 115.005 Antikörpertests für Oberflächenantikörper. Im CBA (81% aller Tests) waren 1,1% der Kontrollpopulationen positiv, im FACS-Assay 2,35% und in anderen Methoden 5,81%. Gesunde hatten mit 0,23% die niedrigste Prävalenz. Limitationen der Literatur sind der Mangel an Studien mit systematischem Einschluss großer Kontrollkohorten sowie an Liquordaten. In der eigenen IHC konnten Antikörper gegen intrazelluläre Antigene, aber nicht gegen Oberflächenantigene gefunden werden. Im kommerziellen CBA waren 0,23% der Oberflächenantikörpertests positiv. Entgegen der Hypothese waren Oberflächenantikörper bei MPE nicht häufiger als bei Kontrollen. Acht der KM und KW hatten Antikörper gegen GlyR (n=7, eine mit zusätzlich NMDAR/NR1-Antikörpern), AQP4 und NMDAR/NR1 (je n=1). Unter den MPE war eine Probe positiv für GABAbR-Antikörper. Der FACS-Assay ergab dagegen signifikant höhere NMDAR/NR1-Antikörpertiter bei MPE (p=0,03). Bei einem Schwellenwert von 2 Standardabweichungen über dem Mittelwert waren 7,5% der MPE und 1,9% der KM Anti-NMDAR/NR1-positiv, ohne Korrelation zu einer psychiatrischen Diagnose des Kindes. Schlussfolgerung. Neuronale Oberflächenantikörper können aufgrund ihrer niedrigen Prävalenz bei Gesunden unter Einbeziehung der Klinik als diagnostisches Mittel geeignet sein. Die Hypothese, Oberflächenantikörper seien häufiger bei MPE als bei KM, kann hier nicht eindeutig belegt werden. Unterschiedliche Ergebnisse im CBA und FACS-Assay weisen auf mögliche technische Schwierigkeiten bei der Testung von Seren Gesunder hin. Weitere belastbare Forschungsdaten erfordern epidemiologische Studien mit Liquorproben, einen systematischen Einschluss Gesunder und MPE, sowie eine Optimierung des FACS-Assays für NMDAR/NR1-Antikörper.
Background. Since the discovery of antibodies against the NR1 subunit of the N-methyl-D aspartate-receptor (NMDAR) on neurons’ cell surfaces in patients with encephalitis, many other novel neuronal cell surface antibodies (NSAbs) have been identified related to autoim mune encephalitis. Further, maternal NSAbs may cause psychiatric disorders in the offspring. The knowledge of NSAbs’ prevalence in control groups is crucial in order to determine the clinical and diagnostic role of these novel antibodies. This dissertation hypothesizes that NSAbs are more frequent in mothers of children with psychiatric disorders (MPE) than in mothers of healthy children (KM). Methods. The PubMed-database was searched systematically for studies that tested con trol serum or cerebrospinal fluid (CSF) for at least one of 22 initially defined NSAbs. From 2015 to 2017, 123 sera from MPE, 110 from KM and 21 sera from women without children (KW) were collected. These sera were tested for NSAbs by immunohistochemistry (IHC) on mouse brain sections and for NMDAR/NR1 antibodies by FACS analysis. Commercial IHC and cell-based assays (CBA) were conducted by a routine laboratory for 17 NSAbs and 15 antibodies against intracellular antigens. Results. Literature research identified 115.005 antibody tests for NSAbs in controls bet ween 1974 and 2016. CBAs (81% of all tests) yielded 1.1% positive results in controls, FACS assays 2.35% and other methods 5.81%. NSAbs were least frequent in healthy controls (HC, 0.23%). However, studies that systematically included large control groups and data on CSF samples were lacking. The own IHC revealed antibodies against intracellular antigens but no NSAbs. 0.23% of all tests for NSAbs in MPE, KM and KW were positive by CBA. Contrary to the hypothesis, NSAbs were less frequent in MPE than in controls. Eight con trol individuals had antibodies against GlyR (n=7), AQP4 and NMDAR/NR1 (n=1 each). One MPE had GABAbR antibodies. However, FACS analysis showed significantly higher NMDAR/NR1 antibody levels in MPE (p=0.03). 7.5% of MPE and 1.9% of KM had NM DAR/NR1 antibodies without correlation to a child’s psychiatric diagnosis. Conclusion. Considering the low prevalence in HC, NSAbs may be a useful diagnostic tool in an appropriate clinical context. The data does not clearly support the original hypo thesis. Different results in CBA and FACS indicate possible technical difficulties in testing serum from HC. Further epidemiological studies with CSF samples, systematic inclusion of HC and MPE as well as optimizing the FACS assay for NMDAR/NR1 antibodies would be necessary.