Das Thema der Diagnostik und der Klassifizierung von idiopathisch inflammatorischen Myopathien wird seit langem diskutiert und weiterentwickelt. Vor allem in den vergangenen beiden Jahrzehnten sind dabei zunehmend neue Klassifizierungsansätze entstanden, welche in unterschiedlichem Maße eine Fokussierung und Wertung der möglichen diagnostischen Mittel vornehmen. So steht dabei das lange etablierte Verfahren der histopathologischen Untersuchung von Muskelbiopsaten, sowie die laborchemische Bestimmung von Myositis-spezifischen Antikörpern im Vordergrund dieser Diskussion. Die Ansätze der Forschungsgemeinschaften nach ENMC und EULAR/ACR sind charakterisierend für die aktuellen Überlegungen im Bereich der Forschung, Diagnostik und Klassifizierung der IIM. Die in dieser Studie thematisierte retrospektive Anwendung der beiden Systeme wurde mit unterschiedlichen Zielen durchgeführt. Zum einen sollten Aussagen zur Anwendung, Praktikabilität sowie zu Vor- und Nachteilen getroffen und zum anderen die Diagnostikverfahren der Muskelbiopsie und Antikörperdiagnostik in Wichtigkeit und Aktualität gegeneinander abgewogen werden. Wir untersuchten in einer retrospektiven Datenanalyse 30 Patient*innen mit dokumentierter Dermatomyositis-Diagnose, auf welche sich die Klassifizierungsansätze anwenden ließen. Die Krankengeschichten wurden hinsichtlich der klinischen Symptomatik sowie der Diagnostikbefunde untersucht und die Untersuchungsergebnisse im Sinne der Klassifizierungssysteme ausgewertet. Ein Fokus lag dabei auf der Muskelbiopsie- sowie der Antikörper-Untersuchung. Der Vergleich der beiden Systeme war hinsichtlich ihrer Übereinstimmung nur teilweise möglich. Hier konnte nur eine „ausreichende“ Übereinstimmung (κ=0,400 / κ=0,324) gezeigt werden. Weiterhin lag ein signifikanter Unterschied zwischen den einzelnen Unterklassen des ENMC in Bezug auf den EULAR/ACR-Score vor (p=0,004). Die Praktikabilität der retrospektiven Anwendung konnte in beiden Fällen als gut, jedoch vorteilhaft im Sinne des EULAR/ACR-Ansatzes, beschrieben werden. Auch der systematische Vergleich der Antikörperdiagnostik gegenüber der Muskelbiopsie wies einen signifikanten Unterschied auf (p=0,021). Im Kreuzvergleich zeigte sich, dass fast bei der Hälfte aller Patient*innen eine Muskelbiopsie durchgeführt wurde, jedoch keine adäquate Antikörperdiagnostik. Andersherum waren es nur 10%. Die Studienergebnisse unterstützen die Aussage, dass der Antikörperdiagnostik aktuell nicht die gleiche Bedeutsamkeit wie der Muskelbiopsie beigemessen wird. Weiterhin lässt sich festhalten, dass sich die beiden Klassifizierungssysteme vielseitig ähneln, jedoch aufgrund eines unterschiedlichen Fokus sowie struktureller Differenzen in den Ergebnissen unterscheiden. Es bedarf daher des weiteren Vergleichs der beiden Systeme in prospektiven Studien. Weiterhin muss die Etablierung der Antikörperbestimmung in der Myositis-Diagnostik abgewartet werden.
The topic of diagnosis and classification of idiopathic inflammatory myopathies has been discussed and developed for a long time. Particularly in the past two decades, new classification approaches have increasingly emerged, which to varying degrees focus on and evaluate the possible diagnostic means. Thus, the long-established procedure of histopathological examination of muscle biopsies, as well as the laboratory determination of myositis-specific antibodies, are at the forefront of this discussion. The approaches of the ENMC and EULAR/ACR research communities are characteristic of current thinking in the area of research, diagnosis, and classification of IIM. The retrospective application of the two systems addressed in this study was conducted with different objectives. On the one hand, statements on the application, practicability, and advantages and disadvantages were to be made, and on the other hand, the diagnostic procedures of muscle biopsy and antibody diagnostics were to be weighed against each other in importance and topicality. In a retrospective data analysis, we examined 30 patients with a documented diagnosis of dermatomyositis to whom the classification approaches could be applied. The medical records were examined with respect to clinical symptoms as well as diagnostic findings, and the examination results were evaluated in terms of the classification systems. One focus was on the muscle biopsy as well as the antibody examination. The comparison of the two systems was only partially possible with regard to their agreement. Here, only a "sufficient" agreement (κ=0.400 / κ=0.324) could be shown. Furthermore, there was a significant difference between the individual subclasses of the ENMC with regard to the EULAR/ACR score (p=0.004). The practicality of retrospective application could be described as good in both cases, but beneficial in terms of the EULAR/ACR approach. Systematic comparison of antibody diagnostics versus muscle biopsy also showed a significant difference (p=0.021). Cross-comparison showed that almost half of all patients had muscle biopsy but not adequate antibody diagnostics. The other way around, only 10% did. The study results support the statement that antibody diagnostics are not currently given the same importance as muscle biopsy. Furthermore, it can be stated that the two classification systems are similar in many ways but differ in results due to a different focus as well as structural differences. Therefore, further comparison of the two systems in prospective studies is needed. Furthermore, the establishment of antibody determination in myositis diagnostics must be awaited.