Bei Patienten mit Panikstörung findet man Hinweise auf Störungen der kognitiven Verarbeitung von Reizen. Betroffene weisen eine erhöhte Aufmerksamkeit hinsichtlich eigener körperlicher Veränderungen sowie reduzierte kognitive Ressourcen auf. Diese zeigt sich insbesondere in Form eines Fokus auf primär nicht-angstinduzierende Stimuli in einem stimulusreichen Umfeld, da die Patienten auf vermeintlich angstbezogene Reize fokussieren. Vor diesem Hintergrund existieren gegenwärtig nur wenige Studien, die sich mit der Frage beschäftigten, ob die defizitäre kognitive Verarbeitung bei Patienten mit Panikstörung mit einer reduzierten Mismatch-Negativität (MMN) korreliert. Bei der MMN handelt es sich um eine Komponente der ereigniskorrelierten Potentiale (EKP), die durch Stimulusabweichung bei repetitiver auditorischer Stimulation ausgelöst wird. Studien weisen darauf hin, dass die MMN ein Korrelat von präattentiven Vorgängen ist. Im Rahmen der dieser Dissertation zugrundeliegenden Studie wurden 77 Studienteilnehmer (35 Patienten mit Panikstörung, 42 gesunde Probanden) hinsichtlich der MMN untersucht. Die MMN wurde mit Hilfe eines Odball-Paradigmas untersucht, in dem abweichende Stimuli für Tonhöhe und Tonlänge verwendet wurden. Patienten mit Panikstörung wiesen im Vergleich zu der gesunden Probandengruppe eine reduzierte MMN auf. Die in der Dauer devianten Stimuli unterschieden sich hinsichtlich der Amplitude signifikant zwischen den Gruppen. Darüber hinaus zeigte sich weder ein signifikanter Gruppen-unterschied für die MMN-Latenz noch für die MMN-Frequenz. Die Hypothese, dass bei Patienten mit Panikstörung Defizite der sensorischen Informationsverarbeitung vorliegen, konnte durch die elektrophysiologischen Daten gestützt werden. Die Ergebnisse zeigen, dass Patienten weniger Aufmerksamkeit auf neutrale Umgebungsreize richten, da möglicherweise die Konzentration auf Körpersymptome erhöht ist. Der signifikante Gruppenunterschied in der MMN-Amplitude der Devianzen (Dauer) ist ein Er-klärungsansatz für die Annahme einer verminderten Empfindlichkeit gegenüber nicht angstbe-dingten Reizänderungen bei Patienten mit Panikstörung. Die Ergebnisse sprechen für eine reduzierte Informationsverarbeitung der neutralen Umgebungsreize. Der fehlende Gruppenunterschied für die MMN-Frequenz und die gleichzeitige Schalldauerab-weichung liefern Hinweise darauf, dass die kognitiven Defizite eine komplexe Störung repräsentieren, die mehrere Hirnareale umfasst. Im Gegensatz dazu scheint es bei der Beteiligung bei möglichen Frequenzabweichungen um primär auditorische Netzwerke zu handeln. Auch die Annahme, dass die Verarbeitung von Schalldauerabweichungen stärker beeinflusst wird und diese sensitiver auf Gruppendifferenzen reagieren als Schallfrequenzabweichungen sollte in Betracht gezogen werden. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie deuten auf eine gestörte Signal-Rausch-Diskriminierung bei der Panikstörung hin. Dies ist ein Hinweis darauf, dass Patienten teilweise nicht korrekt zwischen relevanten und irrelevanten Reizen unterscheiden können, was letztendlich die Entstehung und Aufrechterhaltung der Panikstörung begünstigen könnte. Die Ergebnisse zeigen ferner, dass Diskriminationslernen in der Therapie der Panikstörung eine Therapieoption sein könnte.
In panic disorder, there is evidence of disturbances in the cognitive processing of stimuli. Affected persons often show increased attention to their own physical changes combined with reduced cognitive function. This is particularly evident when focusing on primarily non-anxiety-induced stimuli in a stimulusrich environment, as these patients concentrate on supposedly anxiety-related stimuli. There are only a few studies addressing the question of whether the deficit in cognitive processing in patients with panic disorder correlates with reduced mismatch negativity (MMN). Mismatch negativity is a component of event-related potentials (EKP) which are triggered by stimulus deviation during repetitive auditory stimulation. Studies indicate that the MMN correlates to preattentive processes in particular. In the present trial, 77 participants (35 patients with panic disorder, 42 healthy subjects) were examined with regard to the MMN. The MMN was tested using an odball paradigm in which different stimuli were used for pitch and tone length. Patients with panic disorder showed a re-duced MMN compared to the healthy group of subjects. The stimuli deviating in tone length differed significantly in amplitude between the groups. Furthermore, there was no significant difference in MMN latency or MMN frequency between the groups. The view that patients with panic disorder have deficits when processing sensory information could be supported by the electrophysiological data. The results show that patients pay less attention to neutral environmental stimuli, as the concentration on body symptoms may be increased. The significant group difference in the MMN amplitude of the deviants (duration) is an explanatory approach for the assumption of a reduced sensitivity to non-anxiety-related stimulus changes in patients with panic disorder. The results suggest a reduced information processing of neutral stimuli. The missing group difference for MMN frequency and the simultaneous sound duration devia-tion provide evidence that the cognitive deficits are a complex disorder involving several brain areas. In contrast, the involvement in possible frequency deviations appears to be primarily audi-tory networks. Also, the assumption that the processing of sound duration deviations is more strongly influ-enced and that they react more sensitively to group differences than sound frequency deviations should be considered. The present study supports the assumption that patients are unable to distinguish correctly between relevant and irrelevant stimuli. This indicates a disturbed signal-to-noise discrimination, which ultimately supports the development and maintenance of panic disorder as a clinical condition. The results show that learning to discriminate could be a therapeutic option in panic disorder.