Einleitung Das Erreichen einer adäquaten Anästhesietiefe ist seit Einführung der Allgemeinanästhesie ein relevanter Aspekt der Narkoseführung. Hierzu etablierte sich zunehmend die elektroencephalographie (EEG)-basierte Einschätzung der Hypnosetiefe ab den 2000er Jahren. Mit der Einführung des Noxious Stimulus Response Index (NSRI) steht erstmals ein Parameter auf Basis eines pharmakokinetisch-pharmakodynamischen Modells zum klinischen Einsatz zur Verfügung. Dabei werden zur Berechnung des NSRI sowohl Hypnotika- wie auch Opioidanalgetikagaben herangezogen. Anhand des NSRI wird im SmartPilot® View System (Fa. Dräger Medical Deutschland GmbH, Lübeck, Deutschland) eine Einschätzung der aktuellen Anästhesietiefe und eine Vorhersage für den Aufwachzeitpunkt getroffen.
Fragestellung Es soll in der vorliegenden Arbeit untersucht werden, ob die Verwendung des SmartPilot®-Systems einen Einfluss auf Anästhestikadosierungen (Propofoldosisraten, endtidale Sevoflurankonzentrationen, Fentanylkumulativdosen), Reduktion der Aufwachzeiten, Verkürzung der Aufwachraumaufenthaltsdauer sowie eine veränderte Inzidenz von Awareness hat. Zudem soll die Vorhersageabweichung zwischen tatsächlichem und durch das SmartPilot® System berechnetem Wiedererlangen des Bewusstseins sowohl im Gruppenvergleich wie auch über das Gesamtkollektiv untersucht werden.
Methoden Nach Zustimmung der Ethikkommission und zentraler Registrierung der Studie wurden 360 Patienten für den Einschluss gescreent. Insgesamt wurden 150 Patienten eingeschlossen, zur finalen Analyse standen 94 Datensätze zur Verfügung. Davon erhielten 44 Patienten (STANDARD) eine Allgemeinanästhesie einschließlich prozessiertem EEG (BIS®) und 50 Patienten (SMART) eine Anästhesie mit zusätzlich den unverblindeten Parametern des SmartPilot® Systems. Hierbei sollte für die Phase der Aufrechterhaltung der Narkose ein Ziel NSRI von 30-50 angestrebt werden. In beiden Gruppen wurden Propofoldosisraten, endtidale Inhalativakonzentrationen und Fentanylapplikationen im SmartPilot® View erfasst. Darüber hinaus wurden Aufwachzeiten, Aufwachraumaufenthaltsdauer, Auftreten von Awareness, sowie Vorhersageabweichung zwischen SmartPilot® View und klinischem Wiedererlangen des Bewusstseins aufgezeichnet.
Ergebnisse Die Gruppen unterschieden sich in ihrer Morphometrie nicht. Die Anwendung des NSRI führte zu einer signifikant niedrigeren Inhalativakonzentration und entsprechend niedrigeren MAC Werten. In der SMART Gruppe zeigten sich signifikant höhere BIS® Werte während der Aufrechterhaltung. Unterschiede betreffend Propofoldosisraten, Fentanylgesamtapplikationsdosen, Aufwachraumaufenthaltsdauer und Vorhersageabweichungen zwischen SmartPilot® View und klinischem Wiedererlangen des Bewusstseins traten nicht auf. Awareness trat bei keinem Patienten auf.
Diskussion Durch den Einsatz des SmartPilot® View Systems kann die eingesetzte Menge an Sevofluran reduziert werden. Inwieweit hieraus ein klinischer Nutzen für die Patienten oder Prozessgeschwindigkeiten im OP entsteht, sollte in einer erneuten klinischen Studie mit stärker standardisiertem Anästhesieregime untersucht werden. Darüber hinaus sollten die erfassten Patientenparameter erweitert werden (z.B. Hinzufügen eines Analgesiemonitors) und auf den Zusatznutzen in Richtung Analgesie des NSRI ausgelegt werden. Für die Verwendung des SmartPilot® View konnte gezeigt werden, dass es möglich ist Anästhesien mit bestimmtem Ziel NSRI zu führen.
Introduction Achieving an adequate depth of anaesthesia is a relevant medical effort. In the 2000s electroencephalography (EEG)-based assessment of depth of hypnosis was established. With the introduction of the Noxious Stimulus Response Index (NSRI), a parameter based on a pharmacokinetic-pharmacodynamic model is available for clinical use the first time. Hypnotic and analgesic drug dosage are used to calculate the NSRI. The SmartPilot® View System uses the NSRI to estimate the current depth of anaesthesia and predict the time of recovery.
Research Questions The aim of this doctoral thesis was to demonstrate to which extent the use of the SmartPilot® system in NSRI-assisted anaesthesia leads to a reduction in recovery room stay, recovery time, propofol dose rates (PDR), endtidal sevoflurane concentrations (ESC) and cumulative intraoperative fentanyl dosage (CFD). The incidence of awareness in both groups should be determined and predictive variance between actual and calculated recovery of consciousness (ROC) should be investigated in group comparison and across the collective.
Methods After approval of ethics committee and central registration 360 patients were screened. In total 150 patients were enrolled, and 94 data sets were available for evaluation. Of these, 44 patients (STANDARD) received standard anaesthesia including EEG (BIS®) and in 50 patients (SMART) additional unblinded SmartPilot® parameters were available. A target NSRI of 30-50 was aimed during maintenance of general anaesthesia. In both groups, PDR, ESC and CFD applications were recorded in the SmartPilot® View. Additionally, wake-up time, prediction deviation between SmartPilot® View and reality and recovery room stay were recorded.
Results The groups did not differ in their morphometry. The application of the NSRI resulted in an application of significantly lower ESC and lower MAC values. In the SMART group, significantly higher BIS® was observed during maintenance. There were no differences in PDR, CFD, recovery room duration, and no deviation between predicted ROC and clinical ROC. Awareness did not occur.
Discussion By using the SmartPilot® View, the ESC can be reduced. However, the potential clinical benefit for patients or operating room processes should be investigated in another clinical study with a more standardised anaesthetic regimen. In addition, the patient parameters recorded must be broadened (e.g. usage of an additional pain assessment) and redesigned for the additional benefit of monitoring of analgesia by NSRI. The use of the SmartPilot® View has shown that it is possible to perform anesthesia with a specific NSRI target.